Kommentar: Obama und Merkel haben Putin ungewollt zur Aggression ermutigt


Die beiden Politiker eint nicht nur eine Freundschaft, sondern auch ihr Umgang mit Russland.
Barack Obamas Präsidentschaft ist auf besondere Weise mit Berlin verknüpft – ihr Anfang und ihr Ende. 2008, als Wahlkämpfer, diente die deutsche Hauptstadt Obama als Kulisse für die Inszenierung als globaler Heilsbringer.
2016 führte ihn seine letzte Auslandsreise wieder nach Berlin: Kurz vor der Amtsübergabe an Donald Trump warnte er davor, die Demokratie „für selbstverständlich zu halten“, und übertrug Angela Merkel die Verantwortung, die freie Welt zusammenzuhalten.
Jetzt ist Obama zurück, kurz nach seiner Ankunft traf er Merkel zum Dinner. Obama und Merkel verbindet eine Freundschaft, aber tragischerweise verbinden sie auch schwerwiegende Fehlkalkulationen. Vor allem im Umgang mit Russland. 2012 verspottete Obama seinen republikanischen Rivalen Mitt Romney als kalten Krieger.
„Die 80er-Jahre rufen an und wollen ihre Außenpolitik zurück“, ulkte er. Damals galt das als schlagfertig, doch der Witz ist schlecht gealtert.
Gleiches gilt für Merkels politisches Vermächtnis. Die Kanzlerin würde lange dafür gerühmt, den Kremlherrscher Wladimir Putin zu durchschauen. Doch sie tat nichts, um Europa auf die Wiederkehr des russischen Imperialismus vorzubereiten. In ihrer 16-jährigen Kanzlerschaft verkam die Bundeswehr zur Mangeltruppe.
Merkels Illusion
Auch nach der Annexion der Krim ließ sie sich auf den Nord-Stream-2-Deal ein, mit dem der Kreml die Ukraine schwächen und Europa spalten wollte. Die minimalinvasiven Russlandsanktionen, die Merkel und Obama verhängten, deutete der Kreml als Zeichen westlicher Schwäche.
Bis zum Ende ihrer Kanzlerschaft hing Merkel der Illusion an, dass sich Wirtschaft und Machtpolitik trennen lassen. Die Energiepartnerschaft mit Moskau verteidigte sie selbst dann noch, als die Russen im Herbst 2021 den Gaspreis manipulierten und damit die ökonomischen Vorbereitungen für den Großangriff auf die Ukraine trafen.
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Fehler mag Merkel bis heute nicht einräumen. Auch Obama fällt das schwer. Nach seinem Abschied aus dem Weißen Haus habe Putin sich verändert, sagte Obama im vergangenen Jahr. Das ist richtig, aber es unterschlägt die Rolle, die Europa und die USA unter der Führung von Merkel und Obama bei dieser Transformation spielten.
Weil der Kremlherrscher lange keine Gegenwehr spürte, sah er den Zeitpunkt gekommen, die Machtverhältnisse in Europa neu zu ordnen. Das Ergebnis ist der größte Landkrieg seit 1945. Die Verantwortung für diesen Krieg trägt Putin allein. Aber Obama und Merkel haben ihn – ungewollt – zur Aggression ermutigt. Diese Verantwortung tragen sie, und ihr sollten sie sich stellen.
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