Kommentar: Pressefreiheit: Ende von „Echo Moskau“ entblößt Putin

Wenediktow musste am Dienstagabend das Ende seines Senders bekannt geben.
Aus und vorbei: „Echo Moskau ist vom Sendebetrieb abgeschaltet“, teilte Chefredakteur Alexej Wenediktow am späten Dienstagabend mit. Zusammen mit der wohl bekanntesten Radiostation Russlands hat es auch den Onlinefernsehsender „TV Rain“ getroffen.
Die russische Generalstaatsanwaltschaft hatte beiden Medien die „gezielte und systematische“ Verbreitung „bewusst falscher Angaben über die Handlungen des russischen Militärs im Rahmen der Spezialoperation“ in den ostukrainischen Provinzen Luhansk und Donezk vorgeworfen. Die Generalstaatsanwaltschaft sah in den Publikationen Aufrufe zu extremistischen Handlungen.
Schon aus dem Wortlaut der Begründung geht die Intention hervor: Die beiden Sender hatten den Krieg gegen die Ukraine auch „Krieg“ genannt, während die staatlichen Zensoren auf dem Euphemismus „Spezialoperation“ bestehen.
Selbst als „Echo Moskau“ in einer Art Selbstzensur die Vorschriften der Medienaufsichtsbehörde erfüllte und beanstandete Materialien löschte, gab es kein Zurück. Wer in Russland seine Stimme gegen diesen Krieg erhebt, gilt als Extremist – und muss dementsprechend mit Repressionen rechnen.
Der Fall „Echo Moskau“ ist ein besonderer. Immerhin gibt es den Radiosender bereits seit Anfang der 90er-Jahre, und Chefredakteur Wenediktow gelang es nach der vom Kreml initiierten Übernahme des Senders durch die Gazprom-Media Holding, die Unabhängigkeit der Redaktion weitgehend zu verteidigen.
Während in den vergangenen Jahren Dutzende andere Medien, darunter auch „TV Rain“, zu Auslandsagenten erklärt wurden, schien „Echo Moskau“ gegen diese Angriffe immun.
Putin: Sender vertritt Extrempositionen
Das hatte durchaus System: Der russische Präsident Wladimir Putin führte mit Vorliebe bei jedem sich bietenden Anlass „Echo Moskau“ als Beweis für die Pressefreiheit in Russland an. „Ich finde mit Mühe Länder, in denen ein Medium praktisch aus staatlichen Quellen finanziert wird und eine solch unversöhnliche Position gegenüber der Obrigkeit vertritt wie bei uns“, sagte er erst im Herbst.
„Echo Moskau“ vertrete Extrempositionen und jeder zweite Mitarbeiter habe dort einen ausländischen Pass, so Putin. „Und was passiert? Es funktioniert“, schloss er damals seine Beweisführung.




Doch das ist Geschichte. Mit dem Aus für „Echo Moskau“ lässt sich Putins Fassade nicht mehr aufrechterhalten. Und was dahinter zu sehen ist, ist die blanke Diktatur.
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