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KommentarVerlorene zwei Jahre für Europas Sicherheit

Der Kontinent kann sich auch zwei Jahre nach Russlands Angriff auf die Ukraine nicht selbst verteidigen. Dieses Verschulden der Politik ist aber nicht einmal der größte Skandal.Roman Tyborski 16.02.2024 - 08:47 Uhr
Soldaten der Bundeswehr stehen auf einem Appellplatz. Foto: dpa

Europa ist nicht in der Lage, sich selbstständig gegen eine mögliche russische Aggression zu verteidigen. Dieser Satz ist eigentlich ein Skandal. Denn seit bald zwei Jahren bombardiert und mordet sich Russland durch die Ukraine und sendet permanent Drohungen an europäische Nato-Staaten.

Es sind zwei Jahre, in denen es Europas Politikern und der Rüstungsindustrie nicht gelungen ist, Russland glaubhaft abzuschrecken. Wenn sich am Wochenende wichtige Entscheidungsträger auf der Münchner Sicherheitskonferenz treffen, müssen sie eine Antwort darauf finden, wie sie den Kontinent und die Ukraine gegen die russische Aggression verteidigen wollen.

Wie schlecht es um die Sicherheit Europas bestellt ist, konnte man zuletzt im aktuellen sicherheitspolitischen Jahresbericht des estnischen Auslandsgeheimdienstes lesen. Dort heißt es, dass der Kreml die Nato innerhalb des nächsten Jahrzehnts angreifen könnte.

Weiter schreiben die Esten, dass Russlands Überlegenheit bei der Ausstattung mit Artilleriemunition 2024 wachsen könnte. Es sei denn, westliche Staaten beschleunigten ihre Produktion dieser Waffen.

Genau danach sieht es aber nicht aus. Stattdessen sind die EU und die europäische Rüstungsindustrie an der Artillerie-Initiative „ASAP“ gescheitert. Die sah vor, der Ukraine bis März 2024 eine Million Artilleriegranaten aus europäischer Produktion bereitzustellen. Nur die Hälfte wird es werden. Es ist nur eins von vielen verfehlten Zielen in der Rüstungspolitik.

Wie fragil die Sicherheitslage in Europa ist, ließ sich Anfang der Woche sehr gut beobachten: Ein paar provokante Aussagen eines möglichen US-Präsidentschaftskandidaten zur künftigen Zusammenarbeit in der Nato – und schon sind Europas Verteidigungsminister und Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg in heller Aufregung.

Europa fehlt es an Solidarität mit der Ukraine

Und auf kaum einem Feld lässt sich die Aufregung so gut nachvollziehen wie in der Ukraine. Ja, die Aufrüstung europäischer Armeen steckt immer noch in den Anfängen; ja, auch in den nächsten Jahren werden zahlreiche europäische Nato-Staaten das Ziel, zwei Prozent ihres jeweiligen Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung auszugeben, nicht erreichen. Und ja, noch immer hält Kleinstaaterei Europas Rüstungsindustrie auf.

Der eigentliche Skandal aber ist die fehlende Solidarität innerhalb Europas mit der Ukraine. Und die wird vor dem Hintergrund der politischen Entwicklung in den USA, bisher die größte Unterstützungsmacht der Ukraine, immer eklatanter.

Sicherheit

Was auf der Münchner Sicherheitskonferenz zu erwarten ist

Aktuell verstecken sich die stärksten Länder Europas hinter den schwächsten. Frankreich und Italien stehlen sich aus der Verantwortung. Die bilateralen Hilfen, die Frankreich der Ukraine leistet, belaufen sich gerade einmal auf 0,06 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Italien kommt auf 0,07 Prozent. Deutschland liegt mit 0,5 Prozent im Mittelfeld. Am meisten strecken sich die baltischen, skandinavischen und osteuropäischen Staaten. 

Die Ukraine ist auf die Lieferung von Artilleriegranaten angewiesen. Foto: REUTERS

Und auch wenn Deutschlands Unterstützung für die Ukraine höher ausfällt als die von Frankreich oder Italien: Es hat zu lange gedauert, bis bei Bundeskanzler Olaf Scholz die Erkenntnis gereift ist, dass Deutschland mehr Verantwortung für die Sicherheit Europas übernehmen müsse. Erst jetzt wird in Berlin offener darüber gesprochen, dass man auf die Rüstungsindustrie zugehen müsse, um die Bundeswehr kriegstüchtig zu machen.

Was aber nach wie vor fehlt, ist ein klares Bild für die Zukunft, ein eindeutiges, militärisches Ziel.

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Ein solches Ziel wäre zum Beispiel die Befreiung von ukrainischen Gebieten, die Russland besetzt hat. Europa wäre ohne Weiteres in der Lage, die Ukraine mit den dafür nötigen militärischen Gütern auszustatten. Es müsste nur jemand die Entscheidung treffen, dies auch zu wollen.

Mehr: Die Drohung Trumps offenbart die strategische Verletzbarkeit Europas

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