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Morning BriefingChefwechsel statt Fortschritt: Thyssen-Krupp fängt mal wieder neu an

Christian Rickens 25.04.2023 - 06:00 Uhr Artikel anhören
Morning Briefing vom 25.04.2023

Wachwechsel: Neuer Chef bei Thyssen-Krupp

25.04.2023
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Guten Morgen, sehr geehrte Leserinnen und Leser,

was der FC Bayern München derzeit im Fußball ist, das ist Thyssen-Krupp seit jeher in der Industrie: eine ehemals stolze Organisation, die sich mit Personalwechseln, Strategieschwenks und Intrigen selbst lahmlegt.

Der Unterschied: Während die Bayern-Spieler dennoch immer wieder beeindruckende Erfolge erzielen, warten die Thyssen-Krupp-Aktionäre bereits sehr lange auf vergleichbare Leistungen, wie unsere Grafik zeigt.

Seit Oktober 2019 ist Martina Merz Vorstandsvorsitzende von Thyssen-Krupp. Erst im Mai 2022 war ihr Vertrag bis 2028 verlängert worden. Gestern gab der Konzern per Ad-hoc-Mitteilung den Rücktritt der Managerin bekannt. Als Nachfolger zum 1. Juni schlug der Personalausschuss den derzeitigen Interimschef des Autozulieferers Norma Group vor, den Spanier Miguel Ángel López Borrego. Die Aktie von Thyssen-Krupp verlor nach der Nachricht deutlich.

Nach Handelsblatt-Recherchen sind Merz zwei Baustellen zum Verhängnis geworden:

1. Die von ihr verfolgte Strategie „Group of Companies“, bei der die einzelnen Unternehmenssparten separat für sich arbeiten, war aus Sicht vieler Manager im Unternehmen unzureichend.

2. Die geplante Abspaltung der Stahlsparte stößt sowohl bei Arbeitnehmern wie auch bei Teilen des Managements auf erheblichen Widerstand.

Merz' Nachfolger soll die Abspaltung weiter vorantreiben, erfuhr das Handelsblatt aus Kreisen des Aufsichtsrats. Irgendjemand hat Borrego vor dem Wechsel hoffentlich gewarnt: Verglichen mit dem Chefposten bei Thyssen-Krupp gleicht der Trainerjob in München einer Verbeamtung auf Lebenszeit.

Für den Umgang mit Kleinaktionären formulierte einst der Bankier Carl Fürstenberg die Grundhaltung: „Aktionäre sind dumm und frech. Dumm, weil sie Aktien kaufen, und frech, weil sie dann auch noch Dividende haben wollen.“

Vielleicht muss man es als Hommage an den vor 90 Jahren verstorbenen Fürstenberg verstehen, was die Deutsche Bank anlässlich ihrer diesjährigen Hauptversammlung plant: Die Bank will die vorab eingereichten Fragen der Anteilseigner lediglich im Vorfeld und schriftlich beantworten. Auf dem virtuellen Aktionärstreffen am 17. Mai können nur Nachfragen zu gegebenen Antworten und zu aktuellen Entwicklungen gestellt werden.

Vanda Rothacker, Corporate-Governance-Expertin der genossenschaftlichen Fondsgesellschaft Union Investment, kritisiert: „Wir finden es schwach, dass Vorstand und Aufsichtsrat die Fragen der Aktionäre nicht mehr persönlich während der Hauptversammlung beantworten.“

Der Generaldebatte werde damit die Grundlage entzogen – was ja der Sinn der Sache ist, hätte vermutlich der alte Fürstenberg erwidert.

Gegenwind gibt es auch für die Wiederwahl des Vize-Aufsichtsratschefs Norbert Winkeljohann. Aus Sicht einiger Investoren wie Union Investment und Deka nimmt der Ex-Deutschlandchef der Prüfungsgesellschaft PwC zu viele Aufsichtsratsposten wahr. Winkeljohann ist Aufsichtsratschef von Bayer und Vizeaufsichtsratschef der Deutschen Bank. Darüber hinaus sitzt er in den Aufsichtsräten von Georgsmarienhütte Holding, Bohnenkamp AG und Sievert SE, bei Bohnenkamp und Sievert leitet er das Kontrollgremium ebenfalls.

„Wir werden gegen die Wiederwahl von Herrn Winkeljohann stimmen. Die Ämterhäufung ist eklatant“, sagt Union-Expertin Rothacker.

Foto: Reuters

Kleinaktionäre müssen hier nicht gefragt werden: Der hessische Heizungsbauer Viessmann will nach Handelsblatt-Informationen sein Kerngeschäft verkaufen. Das bestätigten zwei Personen aus dem Unternehmensumfeld dem Handelsblatt. Demnach befindet sich das Familienunternehmen in fortgeschrittenen Verhandlungen mit dem Klimaanlagenhersteller Carrier Global aus Florida.

Verkauft werden soll Insidern zufolge der Geschäftsbereich Klimalösungen, zu dem auch die Wärmepumpenproduktion zählt. Er macht 85 Prozent des Viessmann-Umsatzes aus. Die Bewertung liege bei etwa elf Milliarden Euro. Der Verkauf dürfte noch in dieser Woche offiziell verkündet werden.

Dieser Gesandte war offenbar kein geschickter: Die chinesische Regierung hat nach umstrittenen Äußerungen ihres Botschafters in Frankreich klargestellt, dass China die Unabhängigkeit der aus der Sowjetunion hervorgegangenen Staaten anerkennt. Zuvor hatte der chinesische Botschafter in Paris, Lu Shaye, Empörung ausgelöst. In einem TV-Interview hatte er über die Staaten der früheren Sowjetunion wie etwa Litauen, Lettland und Estland gesagt: „Diese ehemaligen UdSSR-Länder haben keinen tatsächlichen Status im internationalen Recht, weil es kein internationales Abkommen gibt, das ihren souveränen Status festschreibt.“

Faktenlage, Völkerrecht und nun auch Peking sagen zum Glück etwas anderes.

Foto: imago images/Hans Lucas

Wegen mangelnder Parteidisziplin hat die Hamburger Grünen-Bürgerschaftsabgeordnete Miriam Block ihre Fraktionsämter verloren. Eine Mehrheit der Grünen-Abgeordneten stimmte am Montagabend nach stundenlangen Beratungen einem entsprechenden Vorschlag von Partei- und Fraktionsvorstand sowie den Grünen-Senatsmitgliedern zu.
Hintergrund war ein Streit um die Einsetzung eines Parlamentarischen Untersuchungsausschusses zu einem NSU-Mord im Jahr 2001. Die Linksfraktion hatte einen entsprechenden Antrag gestellt, dem Block zustimmte, obwohl sich die Grünen mit ihrem Koalitionspartner SPD zuvor auf ein „Nein“ verständigt hatten.

In Artikel 7 der Verfassung der Freien und Hansestadt Hamburg heißt es übrigens: „Die Abgeordneten sind Vertreterinnen und Vertreter des ganzen Volkes. Sie sind nur ihrem Gewissen unterworfen und an Aufträge nicht gebunden.“

Von den Niederungen der Parteiendemokratie in die Weiten des Weltalls: Die in Ottobrunn bei München vom Anlagenbauer IABG gebaute Raumsonde „M1“ soll morgen auf dem Erdtrabanten landen. Bayerische Ingenieurstechnik also auf dem Mond – man würde eigentlich erwarten, dass Ministerpräsident Markus Söder gleich mit in die Rakete kriecht, um sich diese Fotogelegenheit nicht entgehen zu lassen. Doch bislang nimmt Deutschland erstaunlich wenig Notiz von der Mondmission. Was wahrscheinlich daran liegt, dass „M1“ vom privaten japanischen Raumfahrtunternehmen Ispace ins All geschickt wurde – und nicht als Teil von Söders All-Machtfantasie Bavaria One.

Ich wünsche Ihnen einen Tag, an dem Sie nach den Sternen greifen.

Herzliche Grüße

Verwandte Themen Thyssen-Krupp Deutsche Bank Viessmann Aufsichtsräte

Ihr Christian Rickens
Textchef Handelsblatt

PS: Der Tarifstreit im öffentlichen Dienst endete am Samstagabend mit der größten Tariferhöhung seit Jahrzehnten. Uns interessiert Ihre Meinung: Finden Sie, dass die Verhandlungsmacht der Arbeitnehmer in den vergangenen Jahren gestiegen ist? Wie hoch schätzen Sie die Gefahr einer Lohn-Preis-Spirale ein? Schreiben Sie uns Ihre Meinung in fünf Sätzen an forum@handelsblatt.com. Ausgewählte Beiträge veröffentlichen wir mit Namensnennung am Donnerstag gedruckt und online.

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