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Bärbel Bas SPD-Gesundheitspolitikerin Bas soll Schäuble als Bundestagspräsidentin beerben

Weil die drei höchsten Staatsämter demnächst alle von SPD-Männern besetzt sein könnten, regte sich Unmut in der Partei. Nun kommt eine Sozialdemokratin zum Zug.
20.10.2021 Update: 20.10.2021 - 12:20 Uhr Kommentieren
Bisher Gesundheitsexpertin – und bald schon Bundestagspräsidentin: Die SPD-Politikerin Bärbel Bas. Quelle: imago images/Reichwein
Bärbel Bas

Bisher Gesundheitsexpertin – und bald schon Bundestagspräsidentin: Die SPD-Politikerin Bärbel Bas.

(Foto: imago images/Reichwein)

Berlin Seit Tagen wurde immer wieder der Name von SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich als möglicher Nachfolger von Wolfgang Schäuble (CDU) im Amt des Bundestagspräsidenten genannt. „Jeden Parlamentarier, auch mich, ehrt es, für das Amt des Bundestagspräsidenten gehandelt zu werden“, erklärte Mützenich dazu kürzlich. Doch nun ist die Entscheidung gefallen: Mützenich wird nicht an die Spitze des Parlaments rücken.

Die SPD will die Gesundheitsexpertin Bärbel Bas als neue Bundestagspräsidentin. Mützenich selbst hat dem geschäftsführenden Fraktionsvorstand einen entsprechenden Vorschlag unterbreitet, der einstimmig unterstützt wurde. Dass die SPD-Fraktion in einer an diesem Mittwochabend anberaumten Sondersitzung der Empfehlung folgen wird, ist nur noch Formsache. Bas wäre nach Annemarie Renger (SPD) und Rita Süssmuth (CDU) die dritte Bundestagspräsidentin.

Dass Mützenich sich selbst aus dem Rennen genommen hat, dürfte wohl dem innerparteilichen Druck geschuldet sein. Zu groß war der Widerstand aus den Reihen der Frauen in der SPD gegen einen nochmaligen männlichen Parlamentspräsidenten.

Es müsse „zwingend“ eine Nachfolgerin für Schäuble geben, hatte die Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen, Maria Noichl, in dieser Woche klargemacht. Im Zukunftsprogramm der SPD werde das Jahrzehnt der Gleichstellung gefordert. „Diese Worte fordern Taten“, so Noichl. „Daher ist die Position der Bundestagspräsidentin auch zwingend mit einer Frau zu besetzen.“ Auch andere einflussreiche Frauen in der SPD hatten sich für eine Bundestagspräsidentin stark gemacht.

Schäuble muss seinen Posten räumen, weil die Union nicht mehr stärkste Fraktion im Bundestag ist. Mützenich hatte zwar mit SPD-Chef Norbert Walter-Borjans einen prominenten Unterstützer auf seiner Seite. Was jedoch viele Sozialdemokratinnen störte: Damit wären mit dem möglichen Kanzler Olaf Scholz und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier die höchsten politischen Posten allesamt von SPD-Männern besetzt.

Die Zeit drängte, da bereits am Dienstag das Bundestagspräsidium neu gewählt werden soll. Für den Schäuble-Posten war auch die frühere Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz (SPD), gehandelt worden, die jetzt Vizepräsidentin im Bundestag werden soll. Gegen sie hatte es intern allerdings auch Widerstände gegeben.

Geschätzte Gesundheitspolitikerin

Mit der Duisburger Bundestagsabgeordneten Bas wird nun eine über Fraktionsgrenzen hinweg geschätzte Fachpolitikerin das zweithöchste Amt im Staat besetzen. Bei der Bundestagswahl errang die 53-Jährige, die dem linken SPD-Flügel zugerechnet wird, ein Direktmandat und zog zum vierten Mal in den Bundestag ein.

Wolfgang Schäuble muss seinen Posten als Bundestagspräsident räumen, weil die Union nicht mehr stärkste Fraktion im Bundestag ist. Quelle: dpa
Bundestag

Wolfgang Schäuble muss seinen Posten als Bundestagspräsident räumen, weil die Union nicht mehr stärkste Fraktion im Bundestag ist.

(Foto: dpa)


Die gelernte Personalmanagerin Bas ist seit 2019 als stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende, zuständig für das Thema Gesundheit. Den Posten übernahm sie von ihrem Vorgänger Karl Lauterbach, der sich auf seine Bewerbung um den SPD-Vorsitz konzentrierte. Lauterbach blieb allerdings auch weiterhin die hörbarste gesundheitspolitische Stimme der SPD – vor allem während der Corona-Pandemie.

Dass Bas nun Bundestagspräsidentin werden soll, überrascht deswegen manche in ihrem Umfeld. Einer breiteren Öffentlichkeit dürfte sie bislang unbekannt gewesen sein, die große Aufmerksamkeit zogen andere in der Fraktion auf sich. Dennoch erarbeitete sie sich hinter den Kulissen viel Respekt.

Sie sei hart in der Sache gewesen, aber auf ihr Wort war Verlass, heißt es aus der Unionsfraktion, mit der sie während der Großen Koalition zuletzt um die kleine Pflegereform stritt. Das Thema nahm sie sich auch für die kommenden vier Jahre vor.

In den Bundestagswahlkampf zog sie unter anderem mit dem Versprechen, sich für gute Arbeitsbedingungen in der Pflege und eine Entlastung der Angehörigen einzusetzen. Die Krankenkassenbetriebswirtin zog 2009 in den Bundestag ein und war zuvor mehrere Jahre stellvertretende Vorstandschefin einer Betriebskrankenkasse.

Die Soziologin Jutta Allmendinger, die gemeinsam mit dem früheren Vorsitzenden des Deutschen Ethikrates, Peter Dabrock, in einem offenen Brief an die Mitglieder der SPD-Bundestagfraktion für die Nominierung einer Frau geworben hatte, lobt die jetzt getroffene Entscheidung. „Chapeau“, schrieb die Präsidentin des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung auf Twitter. Mit Bas bekomme der Bundestag eine „Präsidentin mit Format: Erfahren, innovativ, integrativ“.

Suche nach Schäuble-Nachfolgerin gestaltete sich schwierig

Als künftige Bundestagspräsidentin wird Bas nach dem Bundespräsidenten und noch vor dem Kanzler eins der ranghöchsten Ämter im deutschen Staat bekleiden. Die wichtigste Aufgabe ist die Leitung der Plenarsitzungen. Die Bundestagspräsidentin wird aber auch vor der Herausforderung stehen, ein neues Wahlrecht aufzusetzen, um den Bundestag nicht immer größer werden zu lassen.

SPD will Bärbel Bas als Bundestagspräsidentin

Für die Sozialdemokraten war die Besetzung allerdings schwierig: Unter den erfahrenen Frauen in der Fraktion drängte sich zunächst keine Kandidatin für das prestigeträchtige Amt auf. Zwar hat die SPD-Fraktion mit 42 Prozent eine vergleichsweise hohe Frauenquote – viele von ihnen sind aber noch jung oder gar gerade erst ins Parlament eingezogen.

Eher traute man das Amt Fraktionschef Mützenich zu, der mit seiner besonnenen und vermittelnden Art auch bei den anderen Fraktionen geschätzt wird. Der Kölner hatte vor der Wahl großen Anteil daran, die SPD-Abgeordneten unterschiedlichster Flügel zu einen und hinter dem nicht bei allen beliebten Kanzlerkandidaten Olaf Scholz zu versammeln. Er hätte nur zugreifen müssen beim Amt des Bundestagspräsidenten, hieß es zwischendurch.

Doch offenkundig hatte Mützenichs Umfeld den Gegenwind unterschätzt. Sollte die SPD keine Bundestagspräsidentin stellen, sei die angestrebte zweite Amtszeit von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in Gefahr, hieß es überdies. Dann nämlich hätte man eines der anderen hohen Staatsämter mit einer Frau besetzen müssen - und Scholz nicht zum Kanzler zu machen, fiel aus.


Die Wahl des Bundespräsidenten steht im Februar 2022 an. Eigentlich hat der von der SPD vorgeschlagene und bisher von CDU/CSU wie FDP unterstützte Steinmeier bereits gesagt, dass er noch einmal antreten will. Als weibliche Alternative wurde immer wieder Katrin Göring-Eckardt genannt, Fraktionschefin der Grünen und früher Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) - sie wäre nicht nur die erste Frau, sondern auch die erste Grüne im höchsten Staatsamt.

Aus Sicht des Bremer Politikwissenschaftlers Lothar Probst führt an einer weiteren Amtszeit Steinmeiers kein Weg vorbei. „Er hat seinen Hut früh in den Ring geworfen und damit übrigens ein Zeichen gesetzt, genießt große Popularität und gilt als Brückenbauer, möglicherweise sogar beim Zustandekommen der Ampelkoalition“, sagte Probst dem Handelsblatt. „Insofern glaube ich, dass er gesetzt ist und Grüne und FDP das akzeptieren werden.“

Offen ist indes, ob die Wahl des Bundespräsidenten möglicherweise trotzdem zur Verhandlungsmasse in Koalitionsgesprächen gemacht werden könnte. „Ich glaube nicht, dass das zu einem größeren Konflikt zwischen den Ampelpartnern führen wird“, sagte Probst. Man werde sicherlich darüber reden, aber im Zusammenhang mit dem gesamten Personaltableau. „Grüne und FDP werden mehr darauf beharren, dass sie die Ministerien bekommen, die sie wollen und akzeptieren unter diesen Umständen auch Steinmeier als Bundespräsidenten“, vermutet Probst.

Der Passauer Politikwissenschaftler Heinrich Oberreuter glaubt dagegen nicht, dass die Ampel-Parteien Steinmeiers Amt in die Verhandlungen einbeziehen werden. „Der erstrebte Neuanfang begänne dann mit einer Stillosigkeit, die nicht nur den durchaus akzeptierten Steinmeier, sondern auch das Amt beschädigt“, sagte der dem Handelsblatt. „Politischem Handel eher zugänglich scheint das Amt des Parlamentspräsidenten, schon weil es ganz nahe am politischen Betrieb ist“, fügte Oberreuter hinzu.

Aus seiner Sicht lassen sich „leichter und besser Argumente finden, die etwa für eine Frau oder für die Besetzung durch einen der beiden Koalitionspartner sprechen“. Oberreuter äußerte denn auch die Erwartung, dass Mützenich seine bisherige Position behalte, „zumal die neue SPD-Fraktion durch die Vielzahl von Jusos und Linken mit deutlichen Integrationsproblemen belastet sein wird“.

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