Tourismus Milliardenmarkt für Touren und Ausflüge: Tui geht neue Wege

Die Branche erhofft sich durch Geschäfte mit Ausflügen wie zu den Gizeh-Pyramiden zusätzliche Einnahmen.
Frankfurt Der wegen der Pandemie angeschlagene Tourismuskonzern Tui hat eine Partnerschaft mit dem Hotelsuche-Portal Trivago geschlossen. Die Kunden von Trivago bekommen dadurch Zugriff auf die Aktivitäten von Tui wie zum Beispiel Touren oder Ausflüge am Urlaubsort.
Die Nachricht klingt wie eine Randnotiz, doch es steckt mehr dahinter: Das Geschäft mit Touren und Aktivitäten ist für die Tourismusbranche die große Hoffnung. Es hat bis zur Krise ein starkes Wachstum verzeichnet und soll – so glauben Experten – nach der Pandemie schnell wieder anziehen.
Frank Schäfer von der Beratungsgesellschaft Accenture erklärt die Bedeutung des Geschäfts folgendermaßen: „Die Menschen wollen ein individuelles Reiseerlebnis. Das, was die Branche allgemein als ‚Destination Services‘ bezeichnet, ist eine Möglichkeit für die Reiseunternehmen, aus einer Pauschalreise eine Art Individualreise zu machen“, sagte er dem Handelsblatt. Dieses Geschäft habe höhere Margen als die anderen Bereiche und werde stark wachsen.
Davon will Tui profitieren und baut deshalb seine Marktpräsenz durch die Partnerschaft mit Trivago aus. Eine ähnliche Kooperation hat die Tochter Tui Musement bereits vor einiger Zeit mit dem Dienstleister Booking.com geschlossen. Hier ist das Geschäft mit Touren und Aktivitäten gebündelt.
David Schelp, der Chef von Tui Musement, möchte, dass sein Unternehmen in der Konsolidierung eine zentrale Rolle spielt. Konsolidierung heiße aber nicht ausschließlich kaufen. „Es geht darum, relevante Erlebnisse auf die Plattform zu bekommen. Das kann über kommerzielle oder strategische Partnerschaften geschehen“, sagte Schelp dem Handelsblatt.
170 Milliarden Euro schwerer Markt mit Touren und Ausflügen
Nach Schelps Angaben ist das Geschäft mit Touren und Aktivitäten bei einem Vorkrisenumsatz von 170 Milliarden Euro der drittgrößte Markt im weltweiten Tourismus – hinter dem mit Flugreisen und dem mit Hotels. Die Wachstumsraten hätten bis zur Krise bei sieben bis acht Prozent pro Jahr gelegen. „Wir erwarten in diesem Jahr wieder Wachstum, 2023 sollten wir im Bereich Musement wieder das Vorkrisenniveau erreicht haben“, sagte Schelp. Musement sei ein wichtiger Wachstumstreiber der Tui Group.
Nach Ansicht von Schäfer von der Beratungsgesellschaft Accenture könnte die Hoffnung von Anbietern wie Tui aufgehen: „Es wird einen deutlichen Trend in Richtung Individualreisen geben“, sagte er. Die Menschen hätten über ein Jahr lang gelernt, mit Abstand zu leben. „Eng an eng am Strand zu liegen, wie es im Pauschaltourismus bisher üblich war, davon werden wir sicherlich weniger sehen.“
Tui-Manager Schelp setzt darauf, dass viele der Tourenanbieter die Nähe zu einem großen Anbieter suchen werden, um die Pandemie und ihre Spätfolgen überstehen zu können: „Der Markt ist stark fragmentiert. Es gibt 350.000 Anbieter. Und Marktexperten erwarten, dass 43 Prozent davon die Krise nicht überleben werden.“ Es seien sehr viele sehr kleine Unternehmen dabei – mit weniger als fünf Mitarbeitern.
Für Tui hat eine starke Präsenz im Geschäft mit den Ausflügen vor Ort mehrere Vorteile. Das Unternehmen bekommt auf diese Weise Zugang zu Kunden, die ihre Reise bisher nicht bei der Gruppe gebucht haben. Auch sind die Unternehmungen vor Ort wichtig für die Treue der Kunden. „Es ist bewiesen, dass diejenigen, die etwas erleben, loyaler sind, also wiederkommen“, sagte Schelp. Doch es gibt einige Hürden.
Der Wettbewerb ist groß
Zum einen sind die meisten solcher Vor-Ort-Angebote noch nicht digital verfügbar. „28 Prozent aller Produkte in diesem Markt stehen ausschließlich offline, sozusagen vor Ort am Ladentisch, zur Verfügung, sie können also heute digital noch nicht gebucht werden“, sagte Schelp. Das ist ein Problem, denn die Aktivitäten spielen eine wachsende Rolle, wenn die Kunden zu Hause eine Reise planen.

Individual- statt Pauschalreisen: Die Pandemie verändert das Verhalten vieler Touristen, glauben Experten.
Deshalb will Tui Musement die Angebote nun sukzessive ins Netz stellen, auch über Plattformen wie Trivago. „Das Angebot wird immer digitaler werden. Die Zahl der Kunden wächst, die sich als Erstes fragen, was sie denn erleben wollen. Danach wird dann das Ziel ausgesucht.“
Zum anderen ist der Wettbewerb groß. Junge Firmen wie Getyourguide, aber auch Riesen wie Google haben das attraktive Geschäft mit den Touren für sich entdeckt. Doch Tui-Manager Schelp sieht den eigenen Reisekonzern in einer guten Position: „Wir sind anders als etwa Getyourguide keine reine Plattform, sondern eine Plattform mit Menschen vor Ort, die sich um die Durchführung der Angebote kümmern.“
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