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Autobauer BMW meldet 4,8 Milliarden Euro Gewinn – Experten kritisieren Strategie

Absatz, Umsatz, Ergebnis – der Autobauer liefert Bestwerte ab. Doch Branchenkenner kritisieren zu zaghafte Elektropläne und eine altbackene Absatzmaxime.
03.08.2021 Update: 03.08.2021 - 09:45 Uhr 7 Kommentare
Die Folge des Chipmangels sind Produktionsunterbrechungen. Quelle: dpa
BMW-Werk in Leipzig

Die Folge des Chipmangels sind Produktionsunterbrechungen.

(Foto: dpa)

München Der Autobauer BMW verdient wieder prächtig. Nach einem operativen Verlust von 666 Millionen Euro vor einem Jahr melden die Münchener nun für das zweite Quartal einen Betriebsgewinn von mehr als fünf Milliarden Euro. Unter dem Strich steht ein Plus von 4,8 Milliarden Euro in der Bilanz.

Die Marge in der Pkw-Sparte liegt bei stolzen 16 Prozent. Da BMW mit Motorrädern und Finanzdienstleistungen verhältnismäßig noch mehr Profit erwirtschaften konnte, liegt die operative Rendite des Gesamtkonzerns sogar bei fast 18 Prozent. Der Free Cashflow – im Vorjahr noch deutlich negativ – drehte mit 4,9 Milliarden Euro merklich ins Plus.

Weder die Coronakrise noch der branchenweite Engpass bei Computerchips können die Bayern aktuell bremsen. Der Umsatz im ersten Halbjahr schoss auf 55,4 Milliarden Euro in die Höhe – ein Zuwachs von mehr als 28 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Basis des Erfolgs ist ein neuer Bestwert beim Absatz.

Binnen der ersten sechs Monate wurden allein von der Kernmarke BMW rund 1,18 Millionen Fahrzeuge verkauft. Damit liegen die Münchener sogar knapp vor dem ewigen Rivalen Mercedes-Benz (1,16 Millionen Pkw) und führen das Feld bei den Premiumherstellern an.

„Im ersten Halbjahr hat die hohe Nachfrage der Kunden unsere Geschäftsentwicklung positiv beeinflusst und zu deutlichen Zuwächsen geführt“, sagt BMW-Chef Oliver Zipse. Zugleich stimmt der Manager Mitarbeiter und Anleger auf schwere Monate ein: „Angesichts diverser Risiken wie der Rohstoffpreise und Halbleiterversorgung dürfte das zweite Halbjahr für die BMW Group jedoch volatiler werden.“

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Ohnehin halten Experten die starken Quartalszahlen von BMW nach der Auflösung von Rückstellungen im Zusammenhang mit einem EU-Kartellverfahren für positiv überzeichnet. Arndt Ellinghorst vom Investmenthaus Bernstein sieht die bereinigte Auto-Marge vor Zinsen und Steuern (Ebit) der Münchener lediglich bei 9,8 Prozent – und damit hinter jenen von Mercedes (11,4 Prozent) und Audi (11,3 Prozent).

Branchenkenner kritisieren BMW-Strategie

Während andere Fahrzeughersteller wie Stellantis und Daimler zuletzt ihre Renditeziele auf ein zweistelliges Niveau angehoben haben, hält BMW weiter an seiner Prognose fest. Demnach dürften die Münchener am Jahresende mit ihrer Pkw-Sparte eine operative Marge von bis zu neun Prozent erzielen. Die Zurückhaltung liegt laut Branchenbeobachtern auch an einer falschen Grundmaxime, bei der Mengenwachstum als wichtiger eingestuft wird als der Profit.

So will BMW unbedingt noch vor Ende der Dekade seinen Pkw-Absatz auf drei Millionen Einheiten pro Jahr steigern. Nicht nur Bernstein-Analyst Ellinghorst hält dieses Ziel für „old school“ und nicht mehr zeitgemäß. Auch Ferdinand Dudenhöffer sieht BMW auf einem Irrweg und zweifelt daran, wie nachhaltig die Ergebnisse des Konzerns sind.

Konkret kritisiert der Leiter des Center Automotive Research (CAR), dass BMW etwa beim Vertrieb in einem altbackenen Handelssystem „verhaftet“ sei, während Konkurrenten wie Mercedes, Audi oder Volvo längst auf das sogenannte Agenturmodell setzen. Dabei schließen Kunden die Leasing- oder Kaufverträge nicht mehr mit einzelnen Autohäusern ab, sondern direkt mit den Fahrzeugherstellern. Der Vorteil für die Autobauer: Sie können so einheitliche Preise für ihre Neuwagen festlegen und erhalten einen direkten Zugang zu den Kundendaten.

BMW agiere hier allerdings „wenig innovativ“, konstatiert Dudenhöffer. Er beobachtet vielmehr, dass die Bayern seit Jahren höhere Rabatte gewähren als die Konkurrenz. Tatsächlich wurde im Juli etwa der BMW 3er (Listenpreis: 45.750 Euro) mit einem Nachlass von 16 Prozent über Internetvermittler gehandelt. Zum Vergleich: Das Konkurrenzmodell von Audi in diesem Segment, der A4 zum nahezu identischen Listenpreis, wurde lediglich zwölf Prozent günstiger angeboten.

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Noch deutlicher fällt der Unterschied bei den kompakten SUVs aus. Der BMW X1 wurde zuletzt mit einem Rabatt von 20,1 Prozent angeboten, wohingegen der Nachlass beim Audi Q3 nur 11,5 Prozent betrug. „Wertstabiler und markenprägender Vertrieb scheint bei BMW nicht an oberster Stelle zu stehen, sondern eher das Prinzip ,mehr verkaufen mit höheren Rabatten‘“, sagt Dudenhöffer. „BMW läuft Gefahr, langfristig die Wertstabilität der Marke zu beschädigen und hinter die Konkurrenz im Premiumbereich zurückzufallen.“

Zaghafter Elektrokurs

Aus Sicht von Jürgen Pieper, Analyst beim Bankhaus Metzler, steht BMW zwar aktuell „gut bis sehr gut da“, aber der Konzern sei bei elektrischen Antrieben vom Vorreiter zum Nachzügler geworden. „Volkswagen und Daimler beschleunigen kompromisslos ihren Elektrokurs. Bei BMW hat man dagegen immer das Gefühl, der Konzern steuert nur halbherzig um“, konstatiert Pieper.

BMW sei nicht konsequent genug. „Während andere schon heute ohne Wenn und Aber reine Stromarchitekturen einsetzen, kommt BMW erst in vier Jahren mit einer Elektroplattform, auf der auch dann noch Verbrenner gebaut werden können“, kritisiert Pieper. Die Strategie Power of Choice sei letztlich Ausdruck einer gewissen Entscheidungsschwäche. „Bei BMW scheinen die Verbrenner-Enthusiasten noch immer in der Überzahl zu sein. Irgendwann muss man sich aber bekennen“, findet Pieper.

Mercedes hatte jüngst angekündigt, ab 2025 nur noch reine Elektroarchitekturen zu entwickeln. Die Stuttgarter bereiten sich auf ein Szenario vor, bei dem der Konzern ab 2030 nur noch Stromer verkauft. Schon bis 2025 soll der Anteil von elektrischen Modellen auf 50 Prozent in die Höhe schießen. Ähnlich ambitioniert ist Audi unterwegs. Die Ingolstädter wollen Mitte dieses Jahrzehnts den letzten neuen Verbrenner auf den Markt bringen, außer in China. Bei Modelllaufzeiten von rund sieben Jahren wäre damit das Ende für 2033 vorgezeichnet.

„Unser Eindruck ist: Je vollmundiger derzeit angekündigt wird, desto umfassender ist oftmals das Kleingedruckte. Nicht bei uns“, konstatiert BMW-CEO Zipse. Überall dort, wo die Rahmenbedingungen stimmen wie in Norwegen oder den Niederlanden, setze auch sein Konzern künftig zu hundert Prozent auf rein elektrische Fahrzeuge. In vielen Märkten gebe es aber noch „nicht einmal ansatzweise“ die nötige Ladeinfrastruktur. So werde etwa in einigen US-Bundesstaaten der Verbrenner noch länger gefragt sein.

BMW kalkuliert daher bis 2030 nur mit einem Anteil der Batterieautos am Gesamtabsatz von 50 Prozent. Konzernchef Zipse warnte kürzlich sogar vor einem Schrumpfungskurs bei einem zu frühen Abschied vom Verbrennungsmotor. Wenn ein Hersteller 2030 keinen Diesel oder Benziner mehr im Angebot habe, gehe ihm das halbe Marktvolumen verloren. Im Gegensatz zu Daimler sieht Zipse auch keinen Anlass, nun in die Massenproduktion von Batteriezellen einzusteigen.

„Wir sehen weiterhin nicht die Notwendigkeit auch aufgrund der sehr schnellen technologischen Entwicklung hier, uns zu früh in eine große Investition zu begeben“, sagte Zipse. Es entstehe gerade ein sehr großer Markt mit weltweit über 20 Anbietern. „Das ist weder eine Monopol- noch eine Oligopolsituation.“ BMW arbeite mit vier Herstellern eng zusammen und besitze aufgrund seiner eigenen intensiven Forschung die Fähigkeit, die Inhalte von Zellen präzise zu spezifizieren. Massenhaft selbst produzieren müsse BMW die Kernkomponenten von Batterien aber nicht, so Zipse.

Ein Fehler, glaubt Kapitalmarktexperte Pieper. „Auch BMW muss eine reine Elektroplattform entwickeln und Batteriezellen im größeren Umfang selbst fertigen, sonst spielt man auf Jahre hinaus nur eine Nebenrolle.“ Der Analyst geht davon aus, dass es bei Batteriezellen bald ähnliche Lieferprobleme geben wird wie bei Computerchips. Ohne eigene Kapazitäten drohe BMW in eine gefährliche Abhängigkeit von asiatischen Lieferanten wie CATL zu geraten.

Mehr: Mit diesen zwei Fragen erkennt die BMW-Personalchefin, ob ein Bewerber passt.

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7 Kommentare zu "Autobauer: BMW meldet 4,8 Milliarden Euro Gewinn – Experten kritisieren Strategie"

Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.

  • @Hr. Kamil F.
    Es ist schon richtig, daß die Politik (mit massiven Subventionen) mächtig Druck macht. Aber selbst die EU hat sich die Hintertür offen gelassen, alle 2 Jahre ihre ambitionierten Klima-Ziele überprüfen zu wollen. Ich halte es für möglich, dass wir noch die ein- oder andere technisch/politische Überraschung in diesem Jahrzehnt sehen werden. Das Erfolgsgeheimis ist übrigens (nochmals): Kunden zuhören. Nicht kurzbeiniger Politik hinterherlaufen.

  • @Hr. Peter: Woraus wird denn Ihre Batterie im Hybridfahrzeug hergestellt? Warum fahren Sie mit zwei Antriebssträngen - kutschieren somit einen ungenutzt mit? Und das am besten noch mit einem SUV mit mind. 255er Reifen? (mal ins Blaue geraten)
    Die Lösung mit eigener Stromerzeugung und Nutzung im E-Fahrzeug wünsche ich mir auch. Glaube das sollte der Weg sein in der Zukunft. Mit welchen Speichermöglichkeiten usw. auch immer. Aufgrund der notwendigen Wohnverhältnisse aber wohl nur für einen Bruchteil der Bevölkerung umsetzbar.

    @Hr. Syrbius: nette Ansicht, nur gewinnt nicht der, der sich als Andersdenkender aufstellt, sondern der, der den politisch festgelegten Zielen folgt. Beschlüsse, die seitens der Staaten aufgestellt wurden, werden vorauss. nicht zurückgenommen.
    Wo Sie darin also ein Erfolgsgeheimnis sehen, ist mir schleierhaft.

  • Vielleicht ist die Strategie von BMW doch klüger als die "Mainstream-Elektro-Experten" uns weiß machen wollen. Vielleicht hört BMW den Kunden noch zu, was diese jetzt und in den nächsten Jahren fahren wollen. Anders als VW, die erst den Kunden "Schummel-Diesel" untergejubelt haben und jetzt denselben vorschreiben, dass sie gefälligst nur noch elektrisch zu kaufen hätten.
    Der Slogan: "alles anders als die Anderen" wäre nicht das erste mal in der Geschichte möglicherweise richtiger, als mit der großen Herde anderer Hersteller mitzulaufen, nur weil stramm ideologische Politiker und "gruppen-hysterische" Schüler das so wollen.

  • Die ambitionierte Ankündigung zum raketenhaften Umstieg auf 100% Elektrofahrzeuge innerhalb der nächsten 5 bis 10 Jahre ist in der Tat zu vollmundig und die Wenns und Abers zu zahlreich, da hat Zipse absolut recht.
    Wenn die Politik das Verbot von Verbrennungsmotoren ankündigt ohne aber gleichzeitig eine akzeptable
    Ladeinfrastruktur zu garantieren kann auch das nur als Dampfplauderei bezeichnet werden.
    Und bei der Ladeinfrastruktur haperts an allen Ecken und Enden, umfassende Lösungen sind nicht in Sicht.
    Das Gros der Bevölkerung wird eine deutliche Verschlechterung ihrer individuellen Mobilität nicht akzeptieren
    und dann sind zurecht wieder Wahlen in Gefahr.

  • @Herr Wolfgang Jander
    sehe ich auch so, wobei REINE e-Autos schon allein aufgrund des hohen Rohstoffverbrauchs und des hohen Energiebedarfs bei der Herstellung der Batterien aus meiner Sicht Umweltvernichter sind!
    Selbst fahre ich einen Plug-In-Hybrid, wobei ich eine Photovoltaik Anlage auf dem Dach habe - bei reiner Verbrennerfahrt benötige ich aufgrund der Rekuperation ca. 1 Liter weniger Benzin auf 100km. Insgesamt ist diese Lösung sehr ökologisch, da ich ca. 90% meiner Fahrten rein elektrisch fahre mit recht kleiner Batterie - ca. 70km Reichweite.

  • auf kurze Sicht mag das alles sinnvoll sein, nur beschließen viele Länder allmählich Verbote für Verbrenner. Somit schwinden die Absatzmärkte dahin.

    Deshalb hat das Hinterherlaufen einen Sinn und man sollte sich nicht abhängen lassen. Am Tag X setzt man auf bewährte/ erprobte Technik.

    Auch sehe ich bei der E-Mobilität große Schwächen. Neben der Energieversorgung zum Aufladen, ist es zu still um alternative Speichersysteme.

    Würde mir mehr Nachrichten zum Thema chemische Speicher, Feststoffbatterien usw. wünschen, die im besten Falle unabh. von seltenen Erden bzw. Rohstoffen hergestellt werden können.

  • E-Autos machen nur Sinn, wenn sie mit regenerativem Strom fahren - sagen sogar Greenpeace und die Grünen.
    Davon sind wir aber in Deutschland noch Jahrzehnte entfernt (laut UBA)
    Somit ist die "Paralellstragegie" von BMW keine Entscheidungsschwäche, sondern sinnvoll.
    Jetzt nur auf e-Autos zu setzen, hat nichts mit einer Vision oder innovativ zu tun, sondern ist reiner jetztbezogener Opportunismus, indem man der politischen Strömung und Tesla hinterher läuft.

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