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Betriebsratschef Bernd Osterloh wechselt in Traton-Vorstand – Bei VW wird die Macht neu verteilt

Der mächtige Arbeitnehmervertreter Bernd Osterloh galt bisher als Gegengewicht zu Herbert Diess. Der Wechsel zu Traton stärkt nun die Position des Konzernchefs.
23.04.2021 Update: 23.04.2021 - 13:17 Uhr 1 Kommentar
Intern galt der Betriebsratsvorsitzende als heimlicher Co-Chef des Autobauers. Quelle: dpa
Bernd Osterloh (l.) und Herbert Diess

Intern galt der Betriebsratsvorsitzende als heimlicher Co-Chef des Autobauers.

(Foto: dpa)

Frankfurt Mit dem Wechsel von VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh in das Mangement der Lkw-Tochter Traton kommt das Machtgefüge im Volkswagen-Konzern in Bewegung. Am Freitag erklärte der 64-Jährige, dass er seinen Posten im Betriebsrat und im Aufsichtsrat des Autobauers aufgibt und als Personalvorstand zu Traton wechselt.

Der Schritt soll zum 1. Mai erfolgen, teilten Osterloh und die Unternehmen mit. Die zuständigen Gremien hätten bereits zugestimmt. Nachfolgerin an der Betriebsratsspitze und im Aufsichtsrat wird seine Stellvertreterin Daniela Cavallo.

Osterloh hatte die Position 16 Jahre lange inne und baute sich in der Zeit eine starke Machtposition auf. Zwar lehnte er die Betitelung als Co-Chef des Unternehmens stets ab. Zugleich betonte er aber, dass die Vorstände nur für eine bestimmte Zeit verpflichtet würden, er aber dauerhaft bleiben werde. Erst vor wenigen Tagen hatte er Vorstandschef Herbert Diess als „Leiharbeiter“ bezeichnet, da dieser lediglich einen Vertrag für fünf Jahre habe.

Jetzt wird Osterloh selbst Leiharbeiter – und löst damit ein Machtbeben aus. Traditionell hat der Betriebsrat bei Volkswagen eine starke Stellung, Osterloh hatte dabei aber eine Sonderrolle. Mit seiner über die Jahre aufgebauten Vernetzung im Unternehmen wusste er besser als jeder Vorstand, wo es hakt und klemmt. Und er konnte dieses Netzwerk in seinem Sinne einsetzen. So blockierte er etwa Karrieren von unliebsamen Managern.

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Großaktionär Wolfgang Porsche ging dies so weit, dass er die Machtfülle der Gewerkschaft in aller Öffentlichkeit scharf kritisiert. Vorstandschef Diess sah gar ein System, dass den Umbau von VW hintertreibe. Aus seiner Sicht wird vor allem das Stammwerk in Wolfsburg vor nötigen Einsparungen geschützt, wie er im kleinen Kreis beteuert hatte.

Bernd Osterloh an die VW-Belegschaft: „Meine Macht war immer nur geliehen“

In einem Brief an die Belegschaft erklärte Osterloh, dass der Widerstand mit seinem Wechsel nicht enden wird. „Meine Macht war immer unsere Macht. Sie war immer nur geliehen“, schrieb er. Die Macht hänge am Einsatz Hunderter Betriebsräte im Konzern und dem hohen Organisationsgrad. Die meisten VW-Mitarbeiter sind Mitglied der IG Metall.

Mit Osterlohs Nachfolgerin Daniela Cavallo trifft VW-Chef Diess künftig auf eine Betriebsrätin, die nicht minder hart verhandeln wird. Allerdings wird sie ihre Macht in dem von verschiedenen Interessen geprägten Betriebsrat konsolidieren müssen, was einige Zeit brauchen dürfte. Zudem ist sie bislang nicht im Aufsichtsrat des Volkswagen-Konzerns vertreten und damit von wichtigen Informationen abgeschnitten.

Aus Sicht von Experten wird die Position von VW-Chef Diess mit der Personalie gestärkt. Osterlohs Ausscheiden aus dem Betriebsrat und dem Aufsichtsrat dürften viele Beobachter als Sieg von Diess werten, erklärte Analyst Arndt Ellinghorst von Bernstein. Die Machtbalance verbessere sich zugunsten des Managements. Ellinghorst gilt unter Finanzexperten als bester Kenner des VW-Machtgefüges.

Der Konzernchef selbst hielt sich in seiner Erklärung zurück: Osterloh habe maßgeblich zum Wandel zur Elektromobilität beigetragen, sagte Diess. „Er hat das Management konstruktiv hinterfragt und damit immer wieder geholfen, am Unternehmensinteresse orientierte Lösungen zu finden.“

Das ist eine freundliche Umschreibung für die harten Konflikte, die vor einigen Monaten fast zum Rauswurf des VW-Chefs geführt hatten. Ohne Osterloh werde es dem VW-Chef leichter fallen, seine Interessen durchsetzen, sagte ein Manager aus dem Unternehmen.

Die künftige Betriebsratschefin wird ihre Macht in dem von verschiedenen Interessen geprägten Betriebsrat konsolidieren müssen. Quelle: dpa
Daniela Cavallo

Die künftige Betriebsratschefin wird ihre Macht in dem von verschiedenen Interessen geprägten Betriebsrat konsolidieren müssen.

(Foto: dpa)

Leicht fällt Osterloh der Übergang in den Vorstand von Traton nicht. Letztlich hat er sich aber dafür entschieden, die finale Phase seines Arbeitslebens neu zu gestalten. „Ich will noch einmal unternehmerisch gestalten und in den nächsten Jahren ganz konkret mit meiner Arbeit im Vorstand dazu beitragen, dass die Traton SE ihren Weg zu einem Global Champion in der Nutzfahrzeugbranche erfolgreich meistert“, erklärte er am Freitag.

Der Posten bei Traton ist nicht das erste Angebot dieser Art an den Arbeitnehmerfürst: In den vergangenen Jahren waren ihm der Posten als Personalvorstand im Konzern und bei MAN offeriert worden. Damals hatte er abgelehnt, weil er sich der Belegschaft verpflichtet sah. Leicht falle ihm dieser Schritt nicht, sagte er. Bei Cavallo wisse er VW aber in guten Händen.

In den Reihen von Traton stößt die Personalie auf verhaltenes Echo. Betriebsratschef Saki Stimoniaris zollte Osterloh für dessen Leistung zwar Respekt. Hinter den Kulissen sorgt die Personalie aber für Ärger. Denn die Position war im Vorstand erst im Juli ersatzlos gestrichen worden, da Traton sich als reine Holding mit den Töchtern MAN, Scania und Navistar sieht. Für Osterloh wird das Ressort nun kurzfristig wieder geschaffen. Er bekommt einen Vertrag bis 2024, pro Jahr erhält er rund zwei Millionen Euro.

Qualifiziert für die Vorstandsposition bei Traton

Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch dankte Osterloh für seine langjährige Arbeit in dem Kontrollgremium. „Er hat wichtige strategische Schritte zur Weiterentwicklung des Konzerns und bei der Transformation mitgetragen und mit vorangetrieben.“ Osterloh zeichne neben seinen großen Kompetenzen im Personalbereich vor allem unternehmerischer Gestaltungswille und Durchsetzungsstärke aus. Pötsch ist auch Aufsichtsratschef von Traton und gilt einigen im Unternehmen als Dirigent des Wechsels.

Die Familien Porsche und Piëch, die über die Holding Porsche SE die Mehrheit an Volkswagen halten, erklärten, es verstehe sich von selbst, „dass wir als Anteilseigner im Aufsichtsrat von Volkswagen bei bestimmten Themen andere Schwerpunkte setzten als Herr Osterloh als Betriebsratsvorsitzender“.

Der Betriebsratschef von Volkswagen wird Vorstand bei der Lkw-Tochter Traton. Quelle: Reuters
Bernd Osterloh

Der Betriebsratschef von Volkswagen wird Vorstand bei der Lkw-Tochter Traton.

(Foto: Reuters)

Es stehe aber auch außer Frage, dass Osterloh aufgrund seines unternehmerischen Geschicks und seiner hohen fachlichen Kompetenz für die Vorstandsposition bei Traton qualifiziert sei, erklärten die Sprecher der Familien, Wolfgang Porsche und Hans Michel Piëch. „Wir erwarten deshalb von ihm, dass er einen entscheidenden Beitrag bei der laufenden Restrukturierung im Traton-Konzern leisten wird.“

In seinem Brief an die Belegschaft zeigte sich Osterloh zum Abschluss wehmütig. Er verlasse sein Büro im Werk Wolfsburg am Freitag das letzte Mal als Betriebsrat. „Natürlich werde ich einen Kloß im Hals haben.“

Mehr: Bernd Osterloh – Der letzte Vertreter von Volkswagens alter Firmenkultur

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