US-Pharmakonzern Umsatzbringer Corona-Impfstoff: Partnerschaft mit Biontech macht Pfizer zum Wachstumschampion

Das Pfizer-Management geht davon aus, dass in diesem Jahr 1,6 Milliarden Impfdosen ausgegeben werden.
Frankfurt Die Partnerschaft mit Biontech und der riesige Erfolg des gemeinsam entwickelten Corona-Impfstoffs Comirnaty machen Pfizer zum neuen Wachstumschampion unter den Big-Pharma-Konzernen. Pfizer meldete für das erste Quartal einen Umsatzanstieg von 45 Prozent auf 14,6 Milliarden Dollar, wovon 3,5 Milliarden Dollar auf den Covid-Impfstoff entfallen. Die Umsätze der restlichen Firmen, die zu den zehn größten der Branche zählen, sind dagegen im Schnitt um weniger als zwei Prozent gestiegen.
Seine Prognose für das Gesamtjahr hat Pfizer um mehr als zehn Milliarden Dollar angehoben, auf nunmehr 70,5 bis 72,5 Milliarden Dollar. Das entspräche einem Umsatzanstieg von ungefähr 70 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Es wäre ein Wachstumsschub, den es so bei keinem großen Pharmakonzern bislang gegeben hat.
Pfizer dürfte damit wieder zum umsatzstärksten Pharmahersteller der Welt aufsteigen, nachdem der Konzern diese Position im vergangenen Jahr – bedingt durch die Abspaltung der Sparte Upjohn (patentfreie Medikamente) – an die Schweizer Novartis abgegeben hatte.
Seine Ertragsprognose für 2021 hat Pfizer angesichts des boomenden Covid-Geschäfts um mehr als ein Zehntel auf 3,55 bis 3,65 Dollar je Aktie angehoben. Das entspräche einem bereinigten Nettogewinn von gut 20 Milliarden Dollar – gegenüber 12,5 Milliarden Dollar im Vorjahr.
Der US-Konzern rechnet damit, dass allein der Corona-Impfstoff einen Jahresumsatz von rund 26 Milliarden Dollar einbringen wird. Die Prognose zu Jahresbeginn war noch von 15 Milliarden Dollar ausgegangen. Comirnaty wird damit zum umsatzstärksten Medikament, das die Pharmabranche je hervorgebracht hat.
Neue Bestellungen treiben Impfstoff-Umsätze nach oben
Grundlage für die erhöhten Umsatzerwartungen sind die weiter steigende Nachfrage nach dem Impfstoff und der Abschluss weiterer Lieferverträge. Zuletzt hatte etwa die EU im Rahmen einer bestehenden Option weitere 100 Millionen Dosen für 2021 fest bestellt.
Darüber hinaus verhandeln Pfizer und Biontech mit der EU über weitere Lieferungen von bis zu 1,8 Milliarden Dosen in den kommenden Jahren. Mit Kanada und Israel wurden nach Angaben Pfizers bereits Vereinbarungen für Lieferungen nach 2021 abgeschlossen. Pfizer-Chef Albert Bourla rechnet damit, „dass die Nachfrage nach dem Covid-19-Impfstoff dauerhaft sein wird wie bei den Grippeimpfstoffen“.
Insgesamt wurden nach Angaben Pfizers inzwischen 1,6 Milliarden Dosen des Vakzins fest geordert. Der Impfstoff, der in klinischen Studien eine Wirksamkeit von mehr als 90 Prozent zeigte, etabliert sich damit als führendes Produkt unter den Covid-Vakzinen – vor dem ebenfalls auf der mRNA-Technologie basierenden Impfstoff der US-Firma Moderna.
Das Verkaufsvolumen könnte sogar noch weiter steigen. Denn die Produktionsplanung sieht die Herstellung von 2,5 Milliarden Dosen für 2021 vor. Im kommenden Jahr wollen die beiden Unternehmen ihre Produktion auf mehr als drei Milliarden Dosen ausbauen. Sie haben zudem inzwischen auch Zulassungsanträge für den Einsatz des Vakzins bei Jugendlichen ab zwölf Jahren gestellt und testen den Impfstoff auch an Kindern.
Der Impfstoff basiert auf der mRNA-Technologie der Mainzer Biontech und wurde von beiden Unternehmen gemeinsam klinisch entwickelt. Die weltweiten Umsätze mit dem Produkt verbucht dabei überwiegend Pfizer, den Rohertrag aus dem Geschäft teilen sich die beiden Partner.
Der wachsende Erfolg des Impfstoffs wird sich daher auch in den Geschäftszahlen von Biontech deutlich niederschlagen. Bisher hat das Mainzer Biotechunternehmen für 2021 einen Umsatz von knapp zehn Milliarden Euro aus dem Covid-Geschäft in Aussicht gestellt. Doch dürfte diese Summe inzwischen ebenfalls gestiegen sein.
Biontech verbucht im Rahmen der Partnerschaft nur die direkten Verkäufe in Deutschland und der Türkei. Darüber hinaus sind in den Erlösen des Unternehmens aber auch die Lieferung von Impfstoff und Vorprodukten an Pfizer sowie die Anteile am gemeinsamen Rohertrag enthalten.
Pfizer ist – nach langer Stagnationsphase – dank des Impfstofferfolgs wieder zu einem herausragenden Akteur unter den Big-Pharma-Konzernen aufgestiegen. Das gilt umso mehr, als sich auch das übrige Arzneimittelgeschäft vergleichsweise solide entwickelt. So wuchs der Umsatz der sonstigen Arzneimittel und Impfstoffe nach Angaben des US-Konzerns im ersten Quartal um acht Prozent.
Biontech-Aktie legte stärker zu als die von Pfizer
Dem US-Konzern hilft dabei, dass er im vergangenen Jahr sein mehr als zehn Milliarden Dollar großes Geschäft mit älteren, patentfreien Produkten abgespalten und mit dem Generikahersteller Mylan zu einem neuen Unternehmen fusioniert hat. Dieses operiert inzwischen unter dem Namen Viatris als völlig eigenständiger Pharmakonzern.
Das Geschäft von Pfizer ist daher wieder wesentlich stärker auf jüngere innovative Produkte mit besseren Wachstumsperspektiven konzentriert, darunter insbesondere eine Reihe von Krebsmedikamenten mit zweistelligem Umsatzwachstum. Auch der Umsatz mit dem Blutverdünner Eliquis legte um 25 Prozent zu.
Selbst im angestammten Geschäft entwickelt sich Pfizer damit besser als die meisten großen Pharmahersteller. Die Konkurrenten Roche, Novartis, Glaxo-Smithkline, Merck & Co. sowie Amgen verbuchten im ersten Quartal rückläufige Erlöse.
Das Comeback von Pfizer spiegelt sich bislang allerdings kaum in der Börsenbewertung wider: Seit Anfang 2020 hat sich die Aktie um gerade einmal 14 Prozent verteuert. Am Dienstag notierte sie bei um die 40 Dollar, woraus sich eine Marktkapitalisierung von etwa 224 Milliarden Dollar ergibt.
Demgegenüber war die an der Nasdaq gelistete Aktie von Biontech zuletzt stark im Aufwind und hat seit Anfang des vergangenen Jahres um mehr als 600 Prozent zugelegt. Der Börsenwert des Mainzer Biotechunternehmens überschritt am Montag erstmals die Marke von 50 Milliarden Dollar (rund 42 Milliarden Euro), gab am Dienstagnachmittag im schwachen Umfeld für Biotech- und Technologiewerte aber wieder um mehr als zwölf Prozent nach.
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