26. Bamberger Kunst- und Antiquitätenwochen Mit langem Atem durch die Pandemie

Dieser 1879 gemalte Kanal in Mechelen führt ganz offenbar nur wenig Wasser, aber genug, um darin zu fischen.
Düsseldorf Gerade erst ist Bamberg, Deutschlands letzte Hochburg für den Antiquitätenhandel, nach dem letzten Lockdown wiedererwacht. Die Pandemie hat den Händlern glücklicherweise nicht das Genick gebrochen. Doch sie ächzen unter ihren Folgen und bangen zum Start der „26. Bamberger Kunst- und Antiquitätenwochen“ um ihr Publikum.
Bis zum 22. August treffen flanierende Kunstfreunde in Bambergs schöner Altstadt täglich – auch sonntags – die teilnehmenden Händlerinnen und Händler an. Auf die alten Kunden, die gewöhnlich vor den Bayreuther Festspielen noch einen Stopp in der auf Hügeln erbauten alten Kaiserstadt einlegen, ist kein Verlass mehr. „Es werden weniger kommen“, rechnet sich Christian Eduard Franke aus.
So ohne Weiteres lässt sich der Handel mit geschichtsträchtigen Kostbarkeiten nicht ins Internet verlagern. Denn das Geschäft lebt von der sinnlichen Begegnung mit den Artefakten, vom Austausch mit und unter Händlern, die ihre Läden in Rufweite voneinander betreiben und die Kunden weiterreichen. Kein Wunder, dass Franke „lange Phasen ohne Umsatz“ beklagt. „Es war schon schwierig.“
Umso hoffnungsvoller stimmen zwei Neueröffnungen. Markus und Claudia Schmidt-Felderhoff melden sich nach vierjähriger Pause in ihrem neu erworbenen, inzwischen restaurierten Geschäftshaus zurück. Und es gibt nun eine Galerie für zeitgenössische Kunst: „AOA;87“. Gegründet hat sie Angela Kohlrusch, die seit fünf Jahren in Bamberg lebt. Erst vor Kurzem schied sie aus dem Kulmbacher Familienunternehmen, der Unternehmensgruppe Wiegel Gebäudetechnik GmbH, aus.
Ihr Debüt gibt Kohlrusch mit psychologisch eindrücklichen Bildnissen der Malerin Cornelia Schleime und der Bildhauerin Margarete Adler zu Preisen zwischen 9800 und 40.000 Euro. Schmidt-Felderhoff knüpfen unterdessen dort an, wo sie 2017 aufgehört hatten.
Damals wie heute stößt Markus Schmidt als Restaurator immer wieder auf interessante historische Einzelstücke. Ein Beispiel liefert die ungewöhnliche Kanalansicht von Mechelen, die Joseph Ignace van Hoey 1879 im altniederländischen Stil auf die Leinwand brachte. Sie ist ein Hingucker und mit 4800 Euro auch preislich interessant.

Zu sehen ist (von li.) eine Elfenbeindose mit Hündchen auf dem Deckel, ein silberner Deckelhumpen aus Sachsen, ein Taschenglobus der auf Globen spezialisierten Newton-Familie und ein Deckelhumpen mit Schlangenhaut-Dekor.
Bis zu 300 Stunden investierte Schmidt in die Restaurierung einer spätgotischen Figur des gekreuzigten Christus. Allein für die plastisch dick gemalten Blutstropfen brauchte er jeweils fast eine Stunde. Um die 19.000 Euro kostet die qualitätvolle Skulptur.
„Der Sommer war einsam. Doch im Großen und Ganzen sind wir gut durch die Coronakrise gekommen“, berichtet Thomas Herzog, der die Geschäfte im Kunsthandel Senger führt. „Ich will nicht jammern.“ Er habe keinen seiner zehn Mitarbeiter in Kurzarbeit schicken müssen. Die Zeit sei gut genutzt worden: mit Recherchieren und Restaurierungen.
Herzog forciert den Mix zwischen Alten Meistern und der zeitgenössischen Kunst. „Sie gibt den alten Skulpturen ein bisschen Leben“, findet der Händler, der vor seinem Einstieg in das auf mittelalterliche Sakralplastik spezialisierte Familienunternehmen Profifußball spielte. In diesem Jahr leistet den geschnitzten Figuren die knallbunte Leinwandmalerei von Marc Taschowsky Gesellschaft. „Die kommen gut an, selbst die großformatigen Bilder mit 2,40 Meter Breite“, gibt sich Herzog überzeugt. Kostenpunkt um 10.000 Euro.

Die um 1500 aus Zirbenholz geschnitzte Marienfigur balanciert den segnenden Jesusknaben hoch vor der Brust. Zugeschrieben wird sie der Werkstatt oder Schülerschaft Hans Klockers.
Auf den zweiten Blick sind bei Senger auch zwei Bilder von Norbert Bisky und die stilleren Landschaften von Eckart Schädrich zu entdecken – im Preisspektrum zwischen 5000 und 40.000 Euro. Im neuen Geschäftshaus gegenüber vom Stammsitz kann auch der kleine Taschenglobus aus dem frühen 19. Jahrhundert begutachtet werden, ein beliebtes Accessoire englischer Gentlemen. Gefertigt wurde das drehbar im Meridianring gelagerte Instrument von dem auf Globen spezialisierten Familienunternehmen Newton & Son. 11.800 Euro soll es kosten.
Natürlich gibt es bei Senger wie immer auch himmlisches Personal und jede Menge Heilige in geschnitzter Form. Doch die findet man auch bei Wenzel ein paar Schritte weiter. Es gibt dort mindestens sieben „Seelentrösterlein“, spärlich bekleidete, speckige, kleine Jesuskinder, die angehenden Nonnen von ihren Familien als Trostspender mitgegeben wurden.
Besondere Erwähnung verdient die liebreizende, aus Zirbenholz geschnitzte Maria mit Kind, die ihren segnenden Jesusknaben hoch vor der Brust balanciert. Das Werk, das Matthias Wenzel auf 168.000 Euro ansetzt, entstand um 1500 in Südtirol wohl in der Werkstatt oder in der Schülerschaft Hans Klockers.
Bei Christian Eduard Franke liegt der Fokus mehr auf den Accessoires, die das Leben schöner machen. Das kann eine feuervergoldete Louis-XV-Kaminuhr sein, oder ein farbenprächtiger venezianischer Salontisch.

Ins Auge fallen die kräftig geschwungenen Beine, die in Klauenfüßen enden, und die geschweifte „Scagliola“-Platte.
Die Uhr zeichnet sich durch die filigranen Blattornamente aus, die sich elegant um das Uhrgehäuse schlingen (38.500 Euro). Beim Tisch fallen die kräftig geschwungenen, mit Blattornamenten und Bandelwerk verzierten Beine zuerst ins Auge. Sie enden in Klauenfüßen. Das ausdrucksstarke Möbelstück besitzt auch eine geschweifte und profilierte „Scagliola“-Platte. Eine aufwendige Gips-Intarsienarbeit, die ihren Preis hat: 67.500 Euro.
Mit den Neuzugängen haben sich insgesamt neun Kunsthandlungen für den gemeinsamen Auftritt auf den Antiquitätenwochen zusammengeschlossen; darunter auch der auf Art-déco-Möbel spezialisierte Burkard Hauptmann. Er kann in diesem Jahr eine vollständige Biedermeier-Apotheke anbieten. Außerdem machen auch wieder die Expertin für dänisches Silber, Julia Heiss, das Antiquariat Lorang und das Kunstauktionshaus Schlosser mit.
Bamberg funktioniert also nach wie vor als Hotspot für das andernorts so gut wie kaum mehr existente deutsche Antiquitätengeschäft. Und das mitten in der Pandemie.
Mehr: 25. Bamberger Kunst- und Antiquitätenwochen: Das Geschäftsmodell schwächelt
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