Auf den Kunstmessen von Paris: Zehn Kunstwerke in zwei Stunden verkauft

Im Vordergrund ist die Installation „Portrait of a Lady, white“ von Jakob Lena Knebl zu sehen, präsentiert auf der „Paris + par Art Basel“ im Grand Palais Ephémère.
Paris. Bereits vor Wochen wusste Samia Souma-Hetzler, die Leiterin der Pariser Galerie Max Hetzler, dass die amerikanischen, europäischen und asiatischen Sammler zur neuen Messe „Paris + par Art Basel“ in die Seine- Stadt anreisen würden. Und so kam es auch.
Den großen Ansturm gab es am Mittwoch ab 10 Uhr morgens im Grand Palais Ephémère. Dort füllten die amerikanischen Sammler und Museumskuratoren, die Franzosen, Belgier, viele Deutsche und Spitzensammler aus der Schweiz sowie Asiaten die Halle, die durch ein Zelt vergrößert worden war.
„Wir haben zehn Werke in zwei Stunden verkauft“, berichtet der Pariser Galerist Daniel Templon. Er verkaufte Werke von Jim Dine, Philippe Cognée und Gérard Garouste, dem das Centre Pompidou eine riesige Retrospektive widmet.
Noch zu haben ist das ovale Großformat von Kehinde Wiley für 840.000 Euro. Es stammt aus der zuletzt in Venedig gezeigten Serie der Märtyrer. „Verkauft wurde es nur deshalb nicht, weil es zu groß ist“, witzelte Templon. Bei Capitain Petzel aus Berlin war laut Aussage der Direktorin überraschenderweise „bereits fast alles verkauft. Wir hängen nach einem Tag den Stand um.“
Mehrere Faktoren machen Paris anziehend für die Sammler. Es ist das erste Mal, dass die „Art Basel“ eine Messe für zeitgenössische Kunst in Paris organisiert; und das zur selben Zeit und am selben Ort wie zuvor die Fiac. Außerdem übernimmt Paris+ gleichsam alles von der Fiac. Sogar der Standplan für die größten internationalen Galerien ist derselbe wie bisher.
Für die Reise nach Paris sprechen auch das erstklassige Ausstellungsangebot, Luxushotels, Boutiquen und lukullische Restaurants – das französische Savoir-vivre.

Besucher passieren den Stand der Mariane Ibrahim Gallery.
Die Begeisterung über die Dynamik und Energie, welche die Art-Basel-Käufer nach Paris bringen, teilen alle befragten Galeristen; auch an Ständen, wo noch keine Transaktionen in Millionen-Dollar-Beträgen gemeldet wurden.
Hauser & Wirth kommunizierte Umsätze in Höhe von elf Millionen Dollar, selbstverständlich ohne zu erklären, dass alle großen Galerien ihren Sammlern im Vorfeld gezielt Werke anbieten. Dabei ist, wie man von anderer Seite erfuhr, „oft bereits die Hälfte des Angebots vor Messebeginn verkauft“.
Thaddaeus Ropac verkaufte viel an Europäer. „Aber der Sigmar Polke für 4,7 Millionen Euro geht natürlich in die USA“, fügt der in Salzburg, Paris und London tätige Österreicher hinzu.
Es fehlt das kritische Auge des Galeristen
Gespannt ist man, von welcher Sammlung Ai Weiweis Großformat aus Lego-Elementen, „Sleeping Venus (after Giorgione)“ übernommen wird. Deren Preis wollte die Berliner Galerie Neugerriemschneider lieber nicht mitteilen. Max Hetzler dagegen hat kein Problem damit, die von ihm erwarteten 720.000 Euro für eine über drei Meter hohe Porzellanskulptur des Künstlers bekannt zu geben.
Der gebürtige Chinese Yan Pei-Ming zählte nicht nur zu den Besuchern der Messe. Er ist auch Künstler und zugleich Inhaber der italienischen Galerie Massimo De Carlo, die Mings Porträt des Revolutionärs „Marat“ für 350.000 Euro abgeben konnte.
Die Liste der kommunizierten Verkäufe ist endlos und wäre euphorisierend, müsste man nicht auch konstatieren, wie kommerziell manche Stände ausgerichtet sind. Um einen Querschnitt durch das Galerieprogramm anzubieten, sieht man von jedem Künstler nur ein Werk. Wobei zu oft das kritische Auge des Galeristen fehlt. Bei 156 zugelassenen Galerien, die angeblich aus mehr als 700 Kandidaten ausgewählt wurden, hätte das Auswahlkomitee schlüssigere Konzepte privilegieren können.

Im Vordergrund Werke von Daniel Dewar & Grégory Gicquel, zu finden auf der „Paris + par Art Basel“.
Auf die Kritik reagiert der 41-jährige Messedirektor Clément Delépine, der zuvor die Entdecker-Messe „Paris Internationale“ leitete, mit einer Erklärung: „Wir hatten nur wenige Monate zur Vorbereitung der Messe. Dank unseres Siebenjahresvertrages mit dem Grand Palais werden wir uns zusehends verbessern.“ Die bescheidene Haltung Delépines, der sich als Dienstleister der Aussteller sieht, ist im Gegensatz zum starken Ego seiner Kollegen erfrischend.
Delépine verwies auch auf das von der Pariser Galerie Kamel Mennour ausgerichtete Megaprojekt der in Berlin lebenden Künstlerin Alicja Kwade. Deren bis 24 Tonnen schwere Marmorkugeln sind dekorativ über die ganze Place Vendôme verteilt. An dieser Nobeladresse eröffnete gerade die Berliner Galerie Esther Schipper eine kleine Galerie im zweiten Stock eines Hinterhofs.
Mitreißende Ugo Rondinone-Schau im Petit Palais
Darüber hinaus finanzieren Schipper, ihre Züricher Kollegin Eva Presenhuber und vier andere Galeristen gemeinsam eine beachtliche Einzelschau von Ugo Rondinone im Petit Palais. Den größten Eindruck hinterlassen hier die von der Decke hängenden schwebenden Gestalten im Eingangsbereich des Museums sowie aus Erde und Metall geformte Sitzende, die eine Holzkonstruktion umringen. Darin zeigt eine poetische Videoarbeit Menschen, die um ein Feuer tanzen. Das Werk ist mitreißend und gehört zum Besten, was im Umfeld der Paris Plus passiert.
Die Satellitenmesse „Paris Internationale“ hatte für die VIPs bereits am Dienstag geöffnet. Sie strömten in Massen in das Gebäude nahe der Alten Pariser Oper. Auf vier Stockwerke verteilt stellen dort 60 Galerien aus 26 Ländern ihre aufstrebenden Künstler vor.
Max Mayer aus Düsseldorf etwa präsentiert die abstrakten Gemälde von Flora Klein, die um 14.000 Euro kosten. Deborah Schamoni aus München konnte, über ihren Messeauftritt hinaus, im Tuilerien-Park eine Skulptur von Judith Hopf im Rahmen der Paris Plus platzieren. Denn die Praxis der Fiac, dass auf der Messe nicht zugelassene Galerien den Park des Louvre mitbestücken dürfen, gilt weiterhin.

Insgesamt sind im Park der Tuilerien 20 Skulpturen und eine Riesenleinwand von Romeo Mivekannin aus Benin ausgestellt. Sie bietet die in Schwarzafrika und Paris tätige Galeristin Cécile Fakhoury für 140.000 Euro an.
Insgesamt bietet die Paris Internationale ein bunt gemischtes Angebot, weniger witzig als früher, aber mit starker Beteiligung deutscher Galeristen.
Mehr: „Paris+ par Art Basel“: Das Flair ist weg, die Sammler sind trotzdem da: Das Geschäft auf der neuen Pariser Messe brummt






