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Auktionen bei KornfeldImpulse für einen erschlafften Kunstmarkt

Das Auktionshaus Kornfeld fährt trotz schwieriger Zeiten ein beachtliches Ergebnis ein. Erfolgreich schneiden ein zorniges Selbstporträt von Jawlensky und Altmeister aus der Sammlung des Firmenpatrons Eberhard Kornfeld ab.Christian Herchenröder 19.09.2024 - 07:59 Uhr Artikel anhören
Drei Millionen Schweizer Franken investierte ein norwegischer Käufer in Alexej von Jawlenskys Selbstporträt mit zornigem Blick. Foto: Auktionshaus Kornfeld

Bern. Es war ein Versteigerungsmarathon der besonderen Art. Über tausend Lose wurden in den Herbstauktionen des Berner Traditionshauses Kornfeld ausgeboten. Darunter waren als Zugnummern Kunstwerke aus der Sammlung des im April mit 99 Jahren verstorbenen Firmen-Doyens Eberhard W. Kornfeld, die in drei Sonderkatalogen offeriert wurden.

Die Qualität des Angebots und die starke Präsenz vor allem Schweizer, amerikanischer und deutscher Sammler sorgten für Auftrieb. Bei 70 Millionen Schweizer Franken lag die vorsichtige Gesamtschätzung vor den Auktionen; ohne die Nachverkäufe wurden 115 Millionen Schweizer Franken eingespielt: „In schwieriger Marktlage ein sehr gutes Ergebnis“, wie Auktionator Bernhard Bischoff mit Recht betont.

Ein runder Erfolg wurde die mit einigen Hauptwerken aus US-Privatbesitz angereicherte Altmeister-Auktion der Sammlung Kornfeld. Hier waren die traditionellen Marktsäulen Dürer, Rembrandt und Goya fast lückenlos gefragt. Einem online bietenden deutschen Sammler, der auch drei Rembrandt-Radierungen ersteigerte, wurde zum Hammerpreis (wie alle folgenden Ergebnisse) von 100.000 Schweizer Franken Dürers „Nemesis“ zugeschlagen.

Dürers Meisterstich „Melencolia I“ im Druckzustand IIa fiel für 200.000 Franken an einen amerikanischen Händler, der für sich und im Auftrag von Sammlern tätig ist. Er ersteigerte außerdem Rembrandts Kupferplatte der „Flucht nach Ägypten“ für 150.000 Schweizer Franken (Taxe 40.000) und Rembrandts Hauptwerk „Ecce Homo“ im fünften von acht Druckzuständen für 550.000 Franken.

Das zweite Hauptwerk des Amsterdamer Meisters in dieser Auktion war die Kaltnadel-Radierung „Die drei Kreuze“ in dem vollkommenen Exemplar, das Kornfeld 1998 bei C.G. Boerner erworben hatte. Der Preis lag damals bei 850.000 Dollar, was heute 720.000 Schweizer Franken entspricht. Jetzt fiel der Hammer bei 575.000 Franken zugunsten einer deutschen Privatsammlung.

Das Doppelbildnis Ernst Ludwig Kirchners mit seiner Lebensgefährtin Erna übernimmt für 800.000 Franken eine australische Sammlung. Foto: Auktionshaus Kornfeld

Dieselbe Privatsammlung erwarb aus der Rembrandt-Passage noch den „Hl. Hieronymus bei dem Weidenstumpf“ für 60.000, danach das Nachtstück „Grablegung“ für 130.000 und die laut Katalog „bestechend schön“ erhaltene, auf Japanpapier gedruckte Darstellung des predigenden Jesus für 185.000 Schweizer Franken. Das hohe Qualitätsgefühl dieser im Aufbau befindlichen Sammlung bestätigte sich später bei dem Erwerb einer kubistischen Picasso-Gouache für 500.000 und der Picasso-Aquatinta „La femme au tambourin“ für triumphale 900.000 Schweizer Franken. Dass es neue Sammler dieses Kalibers gibt, ist ein Geschenk für den erschlafften Markt.

Der hochpreisige Absatz der Goya-Zeichnungen und Grafiken war programmiert. Lange nicht hatte es ein solches Konvolut von Probedrucken des populären Spaniers gegeben. Die Erstausgabe der „Desastres de la Guerra“, hier in der Urform in acht Heften vorliegend, ging für 160.000 Franken in eine Schweizer Sammlung, ein anderer Schweizer Käufer ersteigerte für 1,1 Millionen Schweizer Franken (Taxe 800.000) Goyas Pinselzeichnung „Ein Jäger mit Hund“, was mit Beifallklatschen bedacht wurde. Die zweite, galante Pinselzeichnung ging für 480.000 Schweizer Franken unter Taxe an den amerikanischen Auftragskäufer der Dürer- und Rembrandt-Grafik.

Auktionsvorbericht

Kornfeld versucht eine Marktprobe allererster Ordnung

Einen eher traurigen Nachgeschmack hinterließ die Kornfeld-Sammlung von Werken Ernst Ludwig Kirchners. Sie war neben Rembrandt einer der Fixsterne des Auktionators. Man sollte jedoch aus den 19 Losen, die von ausgebotenen 41 Lots zurückgingen, nicht schließen, dass der deutsche Expressionismus insgesamt schwächelt. Es ist vor allem die Grafik, deren Preise seit einem Jahrzehnt nach unten korrigiert wurden.

So konnte es nicht verwundern, dass ein Hauptblatt wie „Frauen am Potsdamer Platz“ bei einem Schätzpreis von 600.000 Schweizer Franken zurückging. Für 360.000 Franken übernahm ein Schweizer Sammler den vom Künstler aquarellierten Holzschnitt „Bohème moderne“ von 1924. Auf 310.000 Schweizer Franken brachte es der „Akt mit schwarzem Hut“, der 1988 bereits 100.000 Franken mehr erlöst hatte.

Zwei mit je 600.000 Schweizer Franken übertaxierte Pastelle Kirchners wurden zurückgereicht. Von den Gemälden erreichte das Selbstbildnis von 1926 durch Gebote eines Sammlers verdiente 1,2 Millionen Schweizer Franken. Das Doppelbildnis Kirchners mit seiner Lebensgefährtin Erna übernimmt für 800.000 Franken eine australische Sammlung, Londoner Handel zum selben Preis das frühe Aktbild „Fränzi mit Freundin“.

Albrecht Dürers Meisterstich „Melencolia I“ im Druckzustand IIa fiel für 200.000 Franken an einen amerikanischen Händler. Foto: Auktionshaus Kornfeld

Von den 50 Werken des Impressionismus und der Klassischen Moderne aus dem Katalog „Meisterwerke der Sammlung Kornfeld“ fanden die fünf Degas-Lose keine Gnade. Die folgende, gleichsam hingehauchte Landschaft von Paul Cézanne wurde für zwei Millionen Schweizer Franken in eine Schweizer Sammlung gegeben. Denselben von einem Händler gebotenen Preis erzielte eine winterliche Vétheuil-Landschaft von Claude Monet.

Brillante 2,3 Millionen Schweizer Franken erlöste Georges Seurats Kreidezeichnung „Dame mit Bouquet“. Sie übernimmt nach Aussage des Auktionators eine „große, im Aufbau befindliche Sammlung in Nahost“, die noch für 1,15 Millionen Franken Paul Klees aquarellierte „Szene aus Kairuan“ und Piet Mondrians Kohlezeichnung „Ocean 4“ erwarb. Sie stieg in zähem Bietgefecht von 750.000 auf 4,2 Millionen Schweizer Franken.

Von einer deutschen Privatsammlung werden alle drei Kollwitz-Zeichnungen dieses Katalogs aufgenommen; als teuerste die furiose, mit Deckweiß gehöhte Pinselzeichnung „Die Freiwilligen“ für sensationelle 750.000 Schweizer Franken. Der höchste Grafikpreis dieser Sektion sind die 1,5 Millionen Franken, die ein norwegischer Sammler für Edvard Munchs ikonische Farblithografie „Madonna- Liebendes Weib“ bot.

In der Schweiz bleiben fünf der sechs ausgebotenen Werke Alberto Giacomettis, zu dem Eberhard W. Kornfeld eine freundschaftliche Beziehung pflegte. Mit 4,8 Millionen Schweizer Franken wurde das Ateliergemälde von 1951 bewertet, mit 4,3 Millionen die neun Jahre später entstandene „Femme assise“. Mit 6,2 Millionen Schweizer Franken erzielte ein Guss der „Stele III“ immer noch einen stolzen Preis, obwohl die Bronze mit 7,5 Millionen deutlich höher geschätzt war.

Zeichnungen von Käthe Kollwitz lassen sich problemlos absetzen

In der Auktion von 125 ausgewählten Werken aus gemischtem Besitz wurden die farbseligen Spätwerke von Chagall wählerisch beboten. Die erwarteten 400.000 Schweizer Franken erzielte die Gouache eines hinaufstrebenden Liebespaars. Das längste Bietgefecht der Auktion galt dem mit Schablone gearbeiteten und wolkig übersprühten Aquarell „Milde Tiefen“ von Wassily Kandinsky, das für 700.000 Franken einem beharrlichen deutschen Museum zugeschlagen wurde.

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Symptomatisch für den Markt ist die Abstinenz bei einigen der frühen Klee-Aquarelle, während das Ölbild „Choral und Landschaft“ von 1921 für 1,55 Millionen Schweizer Franken einen angemessenen Preis erreichte.

Auch in dieser Auktion wurden Kollwitz-Zeichnungen problemlos abgesetzt, während alle drei Lose von Odilon Redon ungewünscht blieben. In eine Schweizer Sammlung gelangt Ferdinand Hodlers Thunersee-Landschaft für 1,85 Millionen Schweizer Franken knapp unter der Schätzung. Drei Millionen Schweizer Franken investierte ein norwegischer Käufer in Alexej von Jawlenskys Selbstporträt mit zornigem Blick. Einer der empfindlichsten Rückgänge der Versteigerung ist ein auf 3,5 Millionen Franken angesetztes Obststilleben von Paul Gauguin.

Mehr: Auktionator Eberhard Kornfeld – Mit Intuition und Weitsicht gesegnet

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