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Classic WeekBotticellis Jungfrau mit Kind schlägt die Millionen-Banane

Christie’s und Sotheby’s gehen mit einem schwächeren Angebot ins Rennen um die besten Preise. Dennoch erzielen sie ermutigend gute Ergebnisse.Stephanie Dieckvoss 05.12.2024 - 14:31 Uhr Artikel anhören
Um Sandro Botticellis „Jungfrau mit Kind auf dem Thron“ rangen neun Bieter, bis sich die Schätzung auf 9,98 Millionen Pfund vervierfacht hatte. Foto: Sotheby's

New York. Bei beiden Häusern steckte in dieser Saison in den Altmeister-Auktionen auch Kunst mit Humor. Christie’s brachte in der nur 23 Lose umfassenden Versteigerung mit Bildern Alter Meister, in der drei Lose vor der Auktion zurückgezogen wurden, Giambattista Tiepolos Querformat „Schuldiger Punchinello“ zum Aufruf. In dem humoristischen Bild verewigt Tiepolo einen Hauptcharakter der italienischen Commedia dell’arte: Er schämt sich, weil er Gnocchi gestohlen hatte.

Von drei Bietern umworben, verdoppelte das seltene Motiv die untere Schätzung und verkaufte sich für 2,5 Millionen Pfund. Obwohl die Auktion insgesamt nur 14 Millionen Pfund einspielte, zeigt die Verkaufsrate von 87 Prozent aktive Marktbeteiligung.

Teuerstes Los des Abends wurde Anthony van Dycks neu entdecktes doppelseitiges Bild eines Pferdes, auf dessen Rückseite sich eine erst kürzlich entdeckte Landschaftsstudie befindet. Geschätzt auf zwei bis drei Millionen Pfund brachte es 3,4 Millionen Pfund ein.

Im Gegensatz zu Sotheby’s bot Christie’s einige frühe italienische Andachtsbilder auf Goldgrund aus dem 14. Jahrhundert an. Sie verkauften sich gut und zeigen das anhaltende Interesse an diesem Medium. Auf großes Interesse stoßen weiterhin holländische Alte Meister. Pieter Brueghels „Predigt von Johannes dem Täufer“ verdoppelte die untere Schätzung auf 1,6 Millionen Pfund. Der gleiche Käufer ersteigerte ebenfalls Werke von Giovanni Martinelli, Erasmus Quirinus und Peter Paul Rubens.

Die Aktivitäten im Auktionssaal können aber nicht über das niedrige Niveau und die gesunkenen Preise hinwegtäuschen. Einige Einlieferer mussten Verluste hinnehmen. Die „Memento Mori“-Szene von Martinelli hatte den Einlieferer 1996 110.000 Pfund gekostet, was heute – mit historischer Inflation – 216.000 Pfund entspricht. Verkauft wurde das Bild nun für 82.000 Pfund. Eine Landschaft von Jan Siberechts kostete 1998 200.000 Pfund und brachte nun 94.500 Pfund.

Besser erging es dem Einlieferer eines Stilllebens der mittlerweile bekannten Clara Peeters, das dieser erst 2018 für 151.000 Euro bei Stahl in Hamburg gekauft hatte. Nun wechselte es für 655.000 Pfund in neue Hände.

Auktionator Henry Pettifer versteigert Anthony van Dycks „Andalusisches Pferd“ . Foto: Christie's Images Ltd.

Sotheby’s hatte diese Saison das eindeutig bessere Sortiment. Eine elegant gewichtete Auktion mit 26 Losen brachte oberhalb der Erwartungen 24,2 Millionen Pfund ein. Mit dem Ergebnis ist die verantwortliche Elisabeth Lobkowicz mehr als zufrieden, wie sie im Pressegespräch nach der Auktion betonte. Mit 76 Prozent verkaufter Lose lag das Haus zwar unter der Verkaufsrate von Christie’s, aber dafür hatte man höhere Durchschnittspreise.

Das erste Los waren zwei Altarfragmente eines Allgäuer Meisters aus dem 15. Jahrhundert, die statt erwarteter 30.000 bis 50.000 Pfund 102.000 Pfund brachten. Das letzte Los war ebenfalls ein Bild aus dem deutschsprachigen Raum, das humoristische Großformat von Ernst und Gustav Klimt „Hanswurst auf der Stegreifbühne zu Rothenburg“. Gustav Klimt vollendete das Ölbild, gemalt nach einem Deckengemälde mit dem gleichen Motiv im Wiener Burgtheater, für seinen überraschend verstorbenen jüngeren Bruder. Ein Kampf zwischen sechs Bietern, im Saal und an den Telefonen, trieb das Los weit über die Schätzung von 300.000 bis 500.000 auf 2,2 Millionen Pfund.

Höhepunkt des Abends war allerdings der Tumult, der um Botticellis „Jungfrau mit Kind auf dem Thron“, ebenfalls eine Wiederentdeckung und Neuzuschreibung, entstand. Der Auktionator kam bei neun Bietern fast nicht hinterher und einige Spezialisten am Telefon nicht zum Zuge. Am Ende vervierfachte sich auch hier die Schätzung.

Das Bild kam mit 9,96 Millionen Pfund fast an die magische Schallgrenze von zehn Millionen Pfund. Ein beachtliches Ergebnis, das den Co-Chairman Alter Meister, George Gordon, zu einem Scherz ermutigte: „Es ist beruhigend, dass ein Botticelli doch noch mehr bringt als eine Banane.“ Womit er auf den Erfolg der New Yorker Zeitgenossenkollegen anspielt, die Maurizio Cattalans „Comedian“ vor wenigen Wochen für über sechs Millionen Dollar verkauften.

Neben Privatkunden boten laut Auskunft von Gordon auch Institutionen mit. Eine Stiftung aus der „nördlichen Hemisphäre“ ersteigerte erfolgreich drei Bilder: eines von Hendrick van Balen und Jan Brueghel und zwei kleine Rubensstudien. Man mag spekulieren, ob es sich dabei um denselben Bieter handelt, der am Vorabend vier Lose bei Christie’s ersteigerte.

Das Stillleben der mittlerweile bekannten Clara Peeters wechselte es für 655.000 Pfund in neue Hände. Foto: Christie's Images Ltd.

Wie schwach nicht die Nachfrage, sondern das Angebot an guten Objekten ist, zeigte sich in der Tagesauktion, in der Christie’s einen Großteil der Lose ohne Reserve anbot. Dies führte dazu, dass einige Lose unter 1000 Pfund zugeschlagen wurden. Die Zeiten, in denen die beiden Auktionshäuser keine Objekte unter 10.000 Pfund annahmen, sind schon lange vorbei. Aber dass sich der Markt auch auf solch niedrigem Niveau abspielt, ist eine neue Entwicklung.

Im Bereich der antiken Kunst bot Christie’s Objekte aus der Sammlung des Mougins Museums klassischer Kunst an, in der sich 90 Prozent der Lose für insgesamt über zwei Millionen Pfund verkauften. Bei Sotheby’s versteigerten sich ebenfalls solide 71 Prozent der angebotenen Antiken. Eine Marmorstatue der Peplophoros aus dem 2. Jahrhundert verzehnfachte die Schätzung und wurde erst bei einem Preis von 246.000 Pfund zugeschlagen.

Der Appetit auf Altmeister und Antike ist wieder geweckt

Ähnliche Höhepunkte gab es auch im Kunsthandwerk, dem Christie’s diesmal keine eigene Auktion widmete. Obwohl bei Sotheby’s die Verkaufsrate nur um die 65 Prozent lag, gab es gute Ergebnisse: Englische Stühle, Kommoden, und Leuchter aus dem 18. Jahrhundert waren ebenso gefragt wie Silber. Die untere Schätzung vervierfachten vier französische Wandblaker auf 1,9 Millionen Pfund. Vermutlich für Madame de Pompadour in Paris gefertigt, befanden sie sich die letzten 140 Jahre in Yorkshire.

Ein unklares Bild ergibt sich im Bereich der Druckgrafik. Rembrandts bedeutendes Motiv „Christus gekreuzigt zwischen den beiden Dieben: Die drei Kreuze“ blieb bei Sotheby’s in der Abendauktion bei einer Schätzung von 300.000 bis 600.000 Pfund unverkauft. Nun muss man abwarten, wie sich die Sammlerauktion bei Christie’s (nach Redaktionsschluss) mit einer Auswahl von Rembrandt-Grafik aus der Sam Josefowitz Collection entwickelt. Ein anderer Zustand des gleichen Motivs soll dort 800.000 bis eine Million Pfund bringen.

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Insgesamt bietet die Woche mit Alter Kunst ein ermutigendes Ergebnis. Der Appetit auf Altmeister-Bilder und Antike ist wieder geweckt, seltene und ungewöhnliche Objekte sind gefragt. Die konservativen Schätzungen begünstigen die Käufer. Je nach Preisklasse kann man entweder bedeutende Werke oder erschwingliche Schnäppchen an Land ziehen.

Mehr: Die Bieter sind auf Sachwerte fixiert

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