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Kaiser Wilhelm Museum KrefeldIm Schatzhaus der Kunstbewegungen

Aus den Negativschlagzeilen ist das Kunstmuseum Krefeld hinaus. Nach sechs Jahren Runderneuerung lockt eine vielseitige und überraschende Ausstellung in den Palastbau.Susanne Schreiber 14.07.2016 - 17:04 Uhr Artikel anhören

Installationsansicht mit Werken von Kiki Smith, Artgen van Leyden und von Carben-Meister im wieder eröffneten Kaiser Wilhelm Museum, Krefeld. Quelle: 2016 Kiki Smith, Foto: Kunstmuseen Krefeld

Foto: Handelsblatt

Krefeld. Der Neo-Renaissance-Prachtbau verspricht allein schon durch seine aufwendige Architektursprache Großes. Das wieder eröffnete Kaiser Wilhelm Museum in Krefeld löst diese Verheißung locker ein. Nach sechs Jahren Schließzeit sowie Umbau- und Modernisierungskosten (Klima!) von 17,7 Millionen Euro hat die Stadt wieder einen intellektuell pulsierenden Mittelpunkt. Gelungen sind die Neugestaltung des Eingangsbereichs samt dem neuen Treppenaufgang, aber auch die Präsentation der Sammlung.

Sie ist nicht nur ein Schatzhaus für die großen Bewegungen, die von der Düsseldorfer Akademie ausgingen (Becher-Schule) oder vom Rheinland (Beuys). Der in Kürze in den Ruhestand tretenden Direktor Martin Hentschel spielt in der Eröffnungsschau mit dem Titel „Das Abenteuer der Sammlung I“ die Trumpfkarten des Hauses geschickt aus.

Über den Tellerrand hinaus

Denn der Bestand in den Kunstmuseen Krefeld umfasst nicht nur Malerei und Skulptur, Installation und Fotografie des 20. und 21. Jahrhunderts. Keramik, Wandmalerei und mittelalterliche Glaubenszeugnisse zählen auch dazu. Dieser Bestand wird mit kurzen Zitaten ausgesprochen elegant integriert.

Eine spätgotische Anna-Selbdritt-Skulptur aus dem Moselgebiet und eine „Heilige Sippe“ von Derick Baegert treffen auf eine Alu-Skulptur von Kiki Smith, in der sie sich als Künstlerin sieht, der eine Idee und nicht eine Schwangerschaft wie bei Maria, verkündet wird. Moderne Putti-Interpretationen von Anne Chu fliegen durch den „Glaubens“-Raum mit dem Kreuz von Arnulf Rainer.

Gelungene Querverbindungen

Etwas später folgt ein beeindruckender Raum mit den Avantgarden, inszeniert als Dialog von Malerei und Skulptur. Bildern von Dill, Heckel, Campendonk, Nolde und Slevogt steht eine Reihe aufgesockelter Kleinskulpturen gegenüber: Picasso, Rodin, Lehmbruck, Yves Klein, Constant und Berto Lardera. Steht man dann vor Ernst Ludwig Kirchners Gemälde „Heiliger Familie“, gemalt im Pink und Türkis des Spätwerks, blickt der Besucher wieder herüber zu den mittelalterlichen Tafelbildern und Skulpturen.

Gegenüber von Heinrich Nauens expressivem Gemälde „Besuch“, die Damen tragen modebewusst Kimonos, hängt eine Folge japansicher Holzschnitte, die die Vorbilder abgab. Und dort, wo das „Lebensalter“-Fresko von Johan Thorn Prikker wieder freigelegt wurde, reklamieren Kannen und Schalen aus Ton und Silber gleichsam en passant den ästhetischen Anspruch der 1920er-Jahre.

Zu dicht gehängt

Bei der Kunst der Gegenwart gingen dem Direktor und den Kuratoren in einigen Räumen allerdings die Pferde durch. Viel zu dicht gedrängt präsentieren sich etwa die Skulptur der 1980er-Jahre oder die wuchtigen Bilder von Gerhard Richter, Karin Kneffel, Anton Henning und Luc Tuymans. Wenn die Gemälde dann noch so ultrapastos sind wie die von Fabian Marcaccio, dann drängt sich der Verdacht auf, die lange Schließzeit solle mit einem Überangebot kompensiert werden. Das schwächt aber die Kunst.

Beuys‘ Materiallager

Alles in allem ist der Rundgang inspirierend. Die Neupräsentation schließt auch zwei am Ursprungsort belassene Beuys-Kabinette ein. Ihr Zentrum ist die Regal-Installation „Baraque d dull Odde“, die Joseph Beuys einst selbst eingerichtet hatte. Zusammen mit Beuys‘ Wandinstallation „Gundfana des Westens – Dschingis Khans Fahne“ ist Beuys‘ Kosmos aus Filz, Fett und Eisen eine Schenkung von Helga und Walther Lauffs. 

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Geliehene Privatsammlung

Das Sammlerpaar war dem Museum und seinem damaligen Direktor Paul Wember seit 1968 eng verbunden. Die Witwe hatte 2003 mit dem Abzug der Pop Art begonnen und 2007 wegen der fehlenden Klimaanalage die als Leihgabe überlassene Privatsammlung – bis auf die Beuys-Räume- abgezogen. Da der weitsichtige Direktor Wember aber immer parallel für das Museum und die Lauffs-Sammlung gekauft hatte, wurde das Kaiser Wilhelm Museum nach Beendigung der Leihverträge zwar ärmer, aber nicht arm. 370 Arbeiten von 14.000 im Bestand sind jetzt auf 1.800 qm ausgebreitet. Ob das eher ein Konzentrat oder Abenteuer ergibt, wie der Titel suggeriert, das muss jeder Kunstfreud selbst entscheiden.

„Wiedereröffnung Kaiser Wilhelm Museum, Krefeld, Joseph-Beuys-Platz 1. „Das Abenteuer der Sammlung I“, bis Februar 2017, Teil II folgt 2017. Die. bis So. 11 bis 17 Uhr, Mo. geschlossen. Der 560 Seiten starke Katalog im Wienand Verlag kostet im Buchhandel 68 Euro; im Museum 45 Euro. Der Kurzführer ist für 4 Euro zu haben.

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