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KunsthandelViennacontemporary – Kunstmesse mit einmaligem Fokus auf Osteuropa

Die Viennacontemporary bietet nicht das Immergleiche anderer Messen, sondern neben Platzhirschen auch Galerien, die ihren Blick nach Osten richten.Stefan Kobel 27.09.2018 - 16:42 Uhr Artikel anhören

Die raffinierte Arbeit „Untitled“ bietet der Galerist Andrei Jecza aus dem rumänischen Temeswar an.

Foto: Courtesy Galerie Martin Kudlek, Köln

Wien. Auf Pressekonferenzen geht es selten sentimental zu. Anders beim Auftakt der aktuellen „Viennacontemporary“: Nach sieben Jahren gibt die künstlerische Direktorin Christina Steinbrecher-Pfandt ihr Amt auf, um ganz zu ihrer Familie nach San Francisco zu ziehen, wie sie sichtlich bewegt bekanntgab. Der Messe bleibt sie in beratender Funktion erhalten.

Es ist weitgehend ihr Verdienst, dass die einstmals verschnarchte und viel zu große Regionalmesse mit einigen Ostgalerien jetzt als konzentrierte Leistungsschau der österreichischen Kunstszene mit einem international einmaligen Fokus auf Ost- und Südosteuropa ein klares Profil hat. Mit knapp 120 Galerien hat sie sich erfolgreich als Boutique-Messe positioniert.

Standortfaktor Messe

Die neue Leitung, die Ende des Jahres feststehen soll, erwartet gleichwohl eine schwierige Aufgabe. Die privat betriebene Messe wird von der Politik eher stiefmütterlich behandelt. Dabei ist sie als Standortfaktor für die Kunstszene kaum zu unterschätzen. Zusammen mit dem Festival „curated by“, das parallel auswärtige Kuratoren in die Galerien holt, ist die Messe der einzige Anlass im Jahr, zu dem internationale Sammler in größerer Zahl nach Wien kommen.

Im Kunstkalender sind die Herbsttermine dicht gedrängt, die Konkurrenz mit der gleichzeitig stattfindenden „Art Berlin“ ist spürbar. Dass einige Galeristen und Sammler aus Deutschland der Stadt an der Donau den Vorzug geben, liegt vielleicht auch daran, dass hier nicht nur das Immergleiche geboten wird. Das ist andererseits ein Manko. Einige größere internationale Galerien würden der Messe guttun, ist von Teilnehmern zu hören, weil diese wiederum ihre potenteren Kunden mitbrächten.

Dass die „Viennacontemporary“ für sie sehr gut funktioniert, bestätigt Arne Ehmann von der Galerie Thaddaeus Ropac aus Salzburg, Paris und London. „Wir zeigen hier das gleiche Programm wie auf der Art Basel oder Frieze, von Georg Baselitz über Tony Cragg bis Imran Qureshi, nur nicht in der Menge“, erläutert er seine Strategie. „Wir nehmen den Standort durchaus ernst.“

Das zahlt sich aus: „Wir haben schon gut verkauft, ein Gemälde von Daniel Richter nach Südfrankreich, und bei einem weiteren gibt es zum Preis von 275.000 Euro eine Reservierung von einer tschechischen Privatsammlung. Genau diesen östlichen Raum wollen wir erreichen, und das geht nirgendwo so gut wie hier.“

Kunstmessen

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Umgekehrt sind die einheimischen Sammler nicht so mobil. „Die Wiener reisen nicht so viel und freuen sich darüber, wenn man ihnen etwas Neues zeigt“, erklärt Timothy Persons von der Berliner Galerie Taik Persons. Seit zehn Jahren kommt er jetzt her und ist seit vier Jahren im Zulassungsausschuss. Kaum etwas überlässt er dem Zufall, von der Auswahl der Werke bis zur wie zufällig im Kabinett stehen gelassen wirkenden Leiter.

Die Preisspanne seiner zumeist skandinavischen Fotoarbeiten reicht von 2000 bis rund 20.000 Euro. Seine besten Verkäufer seien seine Kunden. Anders als etwa in Berlin, kämen Sammler oft mit Freunden wieder, die dann ebenfalls kauften. Und bis in den mittleren vierstelligen Bereich würde auch kaum über den Preis verhandelt.

Diese Erfahrung hat Andrei Jecza aus Temeswar ebenfalls gemacht. Im Gegensatz zu einigen Kollegen, die im schwachen letzten Jahr kaum verkauft haben, bleibt er der Messe treu, denn er weiß vor allen Dingen um die Bedeutung der Kundenpflege. Es gebe viele Privatsammler, bei denen er als deutschsprachiger Rumäne einen Vorteil habe. Denn internationales Publikum ist immer noch relativ selten anzutreffen.

Davon lässt sich profitieren: Ein britischer Galerist, der seit Jahrzehnten an Topmessen wie Art Basel und Frieze teilnimmt, grast inkognito die Stände der südosteuropäischen Galerien ab, auf der Suche sowohl für seine Galerie als auch für seine Privatsammlung. Denn trotz des Hypes um jüngere Künstler wie Adrian Ghenie, dessen sechsstellige Preise hier kaum auf Nachfrage treffen dürften, sind die Werke historischer Künstler immer noch sagenhaft günstig. Bei Jecza etwa kosten die unikaten Monotypien Roman Cotosmans aus den 60er-Jahren 3000 Euro und großformatige Zeichnungen von 1974 5000 Euro.

Die spezielle Ausrichtung der Wiener war für Martin Kudlek entscheidend für seine Teilnahme. Einerseits wolle er noch eine gute Messe im Herbst machen, sagt er. Andererseits hat er mit Szabolcs Veres einen jungen rumänischen Künstler im Programm, dessen klein- bis mittelformatigen Gemälde in der gerade erfolgreichen Tradition der rumänischen Malerei aus Cluj (Klausenburg) stehen und mit Preisen zwischen 2500 und 5000 Euro erschwinglich sind. Schon in den ersten Stunden der Eröffnung hat er bereits ein Bild vermittelt – an eigens angereiste Sammler aus Köln.

Andere deutsche Kollegen haben andere Motive – und Probleme. Beck & Eggeling aus Düsseldorf nutzen die Messe als Marketingplattform für ihre Wiener Dependance. „Die Gesamtkosten belaufen sich für uns auf ungefähr 65 000 Euro. Mit den Arbeiten von Tamara K. E. können wir das bei Preisen um 10.000 Euro gar nicht reinholen“, erklärt Michael Beck.

Beständigkeit zeigen

Philipp von Rosen aus Köln setzt hier regelmäßig auf Einzelpräsentationen in kleinerem Rahmen, was sich für ihn bewährt hat. Bei 3 000 Euro beginnen bei ihm die Preise für kleine Leinwände von Christof Mascher. Berlin müsse er dieses Jahr auslassen, beides zusammen könne er sich nicht leisten, und in Wien wolle er Beständigkeit zeigen.

Jochen Hempel aus Berlin und Leipzig leistet sich Stände an beiden Orten. „Wir wollten in Wien die Kontinuität wahren und können auf Berlin nicht verzichten.“ Für eine kleinere Galerie ohne großen Apparat stellen solche Terminkollisionen eine Herausforderung dar. Einige Wiener Kollegen haben sich aus diesem Grund für Berlin zusammengetan und bespielen dort einen großen Gemeinschaftsstand. Was die Wiener in Berlin aus der Not geboren haben, gehört in Wien selbst zum Programm: Das jeweilige Gastland präsentiert sich geschlossen in einer kuratierten Schau.

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Diesmal ist es Armenien, bisher noch eher ein weißer Fleck auf der Kunstlandkarte, den neugierige Sammler hier erkunden können. In London oder Basel wird Kunst aus Gründen der Portfolio-Diversifikation im Rahmen einer Anlagestrategie gekauft. In Wien ist Kunst noch Risiko.

 Die Kunstmesse Viennacontemporary läuft noch bis So., 30. September in der Marx Halle Wien, von 12 bis 19 Uhr (Fr, & Sa.) und 12 bis 18 Uhr (So.). Die Tageskarte kostet 15 Euro.

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