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  4. François Pinault hat sein 200 Millionen Euro teures Privatmuseum in Paris eröffnet

Pinault CollectionMuseumstraum im Herzen von Paris

In der alten Börse von Paris eröffnet der Unternehmer François Pinault ein Museum für zeitgenössische Kunst. Der Großsammler selbst besorgte die Auswahl der Kunstwerke.Olga Grimm-Weissert 20.05.2021 - 14:32 Uhr Artikel anhören

Das neue Domizil der Pinault Collection, die Bourse de commerce, liegt im Herzen von Paris.

Foto: Bourse de Commerce — Pinault Collection

Paris. Der 84-jährige Kunstsammler und Unternehmer im Luxusgüterbereich, François Pinault, erreicht am morgigen Samstag mit der Eröffnung seines Pariser Privatmuseums endlich sein Ziel: In Paris ein Zeichen zu setzen.

Nach drei Jahren Umbau etabliert sich die „Pinault Collection“ im Denkmalgeschützten Rundbau der ehemaligen „Handelsbörse“. Erbauer sind der japanische Stararchitekt Tadao Ando unter anderem mit dem jungen Team NeM / Niney et Marca Architectes. Es verantwortete bereits Pinaults Künstlerresidenz im nordfranzösischen Lens.

Die Kosten für Renovierung und Adaptierung des uralten Glaskuppelbaus belaufen sich auf „das Doppelte des Vorgesehenen“, wie François Pinault beiläufig bemerkt. Mit den Aufträgen an die Designer Ronan und Erwan Bouroullec für das Mobiliar kostete die Realisierung des Pariser Museumstraums die Pinault Collection und die Firma Financière Pinault etwa 200 Millionen Euro.

Dazu kommen ein symbolischer Ankaufsbetrag von 15 Millionen Euro an die Stadt Paris, eine bescheidene Jahresmiete und eine Umsatzbeteiligung der Pariser Stadtverwaltung. Geradezu beglückt hatte Bürgermeisterin Anne Hidalgo 2016 den charismatischen Sammler samt Sohn François-Henri, den Kering-Vorstand, und Enkel François empfangen. Das Familienvermögen wird auf 32 Milliarden Euro geschätzt.

45 Jahre lang kann sich das breite Publikum, dem Gründerwunsch entsprechend, mit der „Kunst unserer Zeit“ konfrontieren. Dann übernimmt die Stadt das Gebäude. Den hellen Kuppelbau überwölben Fresken von 1889, die den weltweiten Handel der Kolonialmacht Frankreich darstellen.

Tadao Andos eingebauter monumentaler, offener Betonzylinder beeindruckt und sorgt doch für Unübersichtlichkeit. Von der Rundwand führen Treppen in zwei Stockwerke und ins Untergeschoss zum Auditorium. Gleich im Eingangsbereich ließ der sonst Minimalismus liebende Sammler ein figuratives großformatiges Gemälde seines Schützlings Martial Raysse installieren.

Im Zentrum des Rundbaus steht eine Nachbildung der manieristischen Skulptur von Giambologna, „Der Raub der Sabinerinnen“.

Foto: Reuters/Sarah Meyssonnier

Beim Betreten der immensen Rotunde stößt man auf Wachsskulpturen von Urs Fischer, die in der Leere des Riesenvolumens genauso verloren scheinen wie die Betrachter. In der Mitte prangt eine Nachbildung der manieristischen Skulptur von Giambologna, „Der Raub der Sabinerinnen“, rundherum Abformungen von Sesseln. Gelassen blickt „Rudi“, die imposante Wachs-Figur des Künstlerfreunds Rudolf Stingel, in die Weite.

Fischer praktizierte das Rezept vergänglicher Wachsskulptur seit zehn Jahren. Die Lebensdauer seiner Kerzen-Objekte entspricht etwa der Laufzeit der jeweiligen Ausstellung. Eine Provokation, die den Großsammler Pinault sichtlich amüsiert, obwohl sie die Einzigartigkeit des Kunstwerks ad absurdum führt.

Pinault ist seit 1998 auch Eigentümer des Auktionshauses Christie’s. Er interpretiert Fischers Methode wohl als ein Zeitzeichen, wie alle Kunstwerke seiner Sammlung.

Der Kunst(markt)beherrscher traf offiziell die Auswahl der gezeigten Werke höchst persönlich. Und gab damit auch die politisch-gesellschaftliche Linie vor, die er unbescheiden als „Manifest“ deklariert. Der Titel seines Einstiegs in die Pariser Museenkonkurrenz lautet lakonisch „Ouverture“. Das bedeutet sowohl Eröffnung, wie Offenheit, wie Einleitung, durchaus im musikalischen Sinn.

Ein eigenes Raumsegment nimmt die Keramikskulpturen von Tarek Atoui auf.

Foto: Reuters/Sarah Meyssonnier

Die ästhetischen Motive dieser „Ouverture“ sind die figurative Malerei, besonders die Porträtmalerei und die Konzeptkunst im weitesten Sinn. Der Herr des Hauses wählte 32 Künstlerinnen und Künstler aus, die er als Zeitzeugen mit seismografischem Gespür für soziale Wandlungsprozesse versteht. Wenn sie systemkritisch, provokant, unbequem oder beim ersten Betrachten unverständlich sind: umso besser!

Die bereits in Pinaults venezianischen Museen gezeigten Maler Rudolf Stingel und Luc Tuymans sind mit Porträts vertreten, andere Blue-Chip-Stars dagegen fehlen.

Den großen Auftritt überlässt Pinault dem 77-jährigen David Hammonds mit 30 Werken. Der schwierige Afroamerikaner schockt mit einem Basketballkorb, um den sich rokokohaft Glaskugeln ranken, gerahmten Plastikdrapierungen und mit einem Video, dessen monotone Tonspur die Sinnlosigkeit und Vergänglichkeit des Lebens aufzeichnet.

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Vanitas- und Totenkopfdarstellungen faszinieren Pinault seit Jahren. Bei seinem Rundgang stößt der Betrachter immer wieder auf Themen, die jüngst besonders schwarze Maler in den USA oder England verhandeln: Rassismus, soziale Ungerechtigkeit, Feminismus. Pinault wehrt den Vorwurf ab, er würde auf der Welle der „Black Lives Matter“-Bewegung gleiten. Aber die entsprechenden Malerinnen und Maler sind prozentual gut vertreten.

Der britische Maler Peter Doig leitet zu den kräftigen Farben der „Black is beautiful“-Maler über. Ein ganzer Saal ist den Werken des deutschen Kunstanarchisten Martin Kippenberger vorbehalten, auf die die „Wichte“ von Thomas Schütte herunterblicken.

Die Installationskünstlerin Tatiana Trouvé fährt mit ihren „Guardians“, acht aus Bronze und Marmor naturgetreu gefertigten Stühlen, zur Hochform auf. In der venezianischen „Punta della Dogana“ ging man achtlos an ihnen vorbei. Jetzt wecken sie dagegen, gekonnt gestellt, Neugierde.

Wie viele Künstler spricht Tatiana Trouvé den Kunstmäzen mit „François“ an, wogegen ihn seine Untergebenen „Monsieur“ nennen. Der Franzose Bertrand Lavier fachsimpelt mit „François“ über Burgunder-Weine und bespielt 24 denkmalgeschützte Holzvitrinen mit Assemblagen aus Alltagsgegenständen, wie einem Teddy oder Teilen eines Peugeots. Humorvoll geht Lavier über die undankbare Platzierung hinweg.

Pinaults Publikationen

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Der drei Kilo schwere Katalog dient als theoretische Basis der „Ouverture“. Hier stellen internationale Kunsthistorikerinnen oder Museumsdirektoren je einen Künstler ausführlich auf französisch und englisch vor. Ein weiterer Katalog dokumentiert Geschichte und Umbau der „Bourse de commerce“.

Pinaults intellektuell anspruchsvolles Team veröffentlicht seit 2006 zweisprachige Kataloge zu weltweit allen Ausstellungen der Sammlung. Dazu kommt die luxuriös illustrierte, zweisprachige Halbjahreszeitschrift „Pinault Collection“. Alle bisher erschienenen 13 Nummern sind, ebenso wie die Sammlung, online abrufbar.

Mehr: Sammlung François Pinault: Im Februar sind Museumsbesuche in Venedig erlaubt

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