Verpackungskünstler Kunstspektakel in Paris: Christo bemächtigt sich des Triumphbogens

Der Arc de Triomphe ist in Stoff gehüllt.
Paris Pünktlich zu den Europäischen Tagen des Denkmals trumpft Paris mit dem letzten europäischen Projekt der Verpackungskünstler Christo und Jeanne-Claude auf: Kunstbegeisterte und Touristen können ab diesem Samstag den oben auf der Anhöhe der Avenue des Champs Élysées thronenden Triumphbogen nach Christos Plänen verpackt bestaunen und fotografieren.
Das politische Symbol französischer Stärke wollten der 2020 verstorbene Christo und seine elf Jahre zuvor verstorbene Frau Jeanne-Claude schon seit 1961 ins Kunst verwandeln. Jetzt ist es so weit: „Der Wind wird die silbrig grauen und blauen Stoffbahnen, die mit roten Kordeln verschnürt werden, aufblasen und das Denkmal in ein belebtes Kunstwerk verwandeln.“ Das sagt Laure Martin, eine der drei Verantwortlichen für die Realisierung des Projekts.
Normalerweise grau in grau, ragt der Triumphbogen sechzehn Tage lang wie ein faszinierend imposantes, blau-weiß-rotes Kunst-Gletschergebirge gen Himmel. Ganz im Sinne des Künstlerpaars verfremdet die Verpackung das Mahnmal und wertet es auf. Die Farben der französischen Flagge unterstreichen die symbolträchtige Bedeutung von Christos Projekt.
Das Pariser Denkmal, von Kaiser Napoléon I. zur Erinnerung an seine Eroberungen 1806 gewünscht, wurde nach dem Ersten Weltkrieg zur bedeutenden historischen Gedenkstätte: das Grab des „Unbekannten Soldaten“ befindet sich unter dem Bogen. Täglich um 18 Uhr 30 wird die „Ewige Flamme“ als Mahnung an die Kriegsgräuel entzündet. Ein Ritual, das auch während der Verpackung beibehalten wird.
An den Staatsfeiertagen bildet der 50 Meter hohe und 45 Meter breite Triumphbogen den Rahmen für die patriotischen Feierlichkeiten. Der Symbolwert des von Christo und Jeanne-Claude während ihrer Pariser Jahre ausgewählten Denkmals ist enorm. Seine Lage, mitten auf der runden Place Charles-de-Gaulle mit zwölf ausgehenden Prunkstraßen, ist optimal.

Christo konnte sein Pariser Werk noch bis ins Detail planen, bevor er am 31. Mai 2020 starb.
Wie immer ist die jahrzehntelange komplizierte Realisierung Teil des Projekts: Erst 2017 erhielt Christo die Erlaubnis zur Verpackung des Triumphbogens. Der Erfolg der Verpackung der Seine-Brücke Pont Neuf 1985 sowie des Berliner Reichstags zehn Jahre später trugen zur persönlichen Unterstützung durch Staatspräsident Emmanuel Macron bei. Die staatliche Verwaltung der Denkmale und Schlösser gab ihren Segen und wurde Teil der Organisation, wie auch Anne Hidalgo, die Bürgermeisterin von Paris.
Christo konnte sein Pariser Werk noch bis ins Detail planen, bevor er am 31. Mai 2020 starb. Er folgte Jeanne-Claude, mit der er auch dieses Projekt als Künstlerduo konzipiert hatte.
Um absolut unabhängig zu sein, wird auch das Pariser Projekt vollkommen eigenständig finanziert. Sein Budget liegt bei 14 Millionen Euro. Gespeist wird es aus zwei Auktionen bei Sotheby’s. Im Februar dieses Jahres konnten bereits 9,2 Millionen Euro erlöst werden. Es folgt eine Onlineversteigerung von 25 Entwürfen und Werken für die Pariser Verhüllung. Sie startet heute und dauert bis 3. Oktober.
In Gedenken an Christo: Triumphbogen in Paris bis zum 3. Oktober verhüllt
Die Durchführung der komplizierten Arbeiten überwachen neben Laure Martin Christos 48-jähriger Neffe Wladimir Yavatcheff, der seit seinem 17. Lebensjahr mit dem Künstlerpaar arbeitete, sowie der Neffe von Jeanne-Claude, Jonathan Henery.
Wie seit der Reichstags-Verhüllung üblich, bestellten sie das recycelbare, nicht entflammbare Polypropylengewebe bei der deutschen Firma Setex-Textil. Die Münsterländer mussten 25.000 Quadratmeter außen silbrig-grauen und innen blauen Stoff genau nach den farblichen und haptischen Vorstellungen Christos herstellen.
Das Lübecker Unternehmen Geo – Die Luftwerker nähte die immensen Stoffbahnen zusammen, während Gleistein Ropes aus Bremen die roten Kordeln produzierte. Die Gebäude und Skulpturen schützenden Metallstrukturen entwarf das Berliner Ingenieurbüro Schlaich Bergermann Partner.
Seit Mitte Juli lassen sich im Livestream die Arbeiten mitverfolgen. Der Platz um den Triumphbogen wird an drei Wochenenden ausschließlich für Fußgänger zugänglich sein. Ohne lästige Autokarawanen lässt sich dann darüber diskutierten, ob Christos symbolbeladenes Projekt Kunst sei – oder nicht. Für uns ist es das.
Mehr: Wie Christo und Jeanne-Claude den Blick auf die Welt veränderten
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