Übernahme Thomson-Reuters-Sparte Blackstone wettet auf Geschäft mit Finanzmarktdaten

Der US-Finanzinvestor kauft die Mehrheit an der umsatzstärksten Sparte des Nachrichten- und Datenanbieters.
New York/London/Toronto Der US-Investor Blackstone steigt in großem Stil in das Geschäft mit Informationen und Daten für die weltweiten Finanzmärkte ein und übernimmt die Mehrheit an der umsatzstärksten Sparte von Thomson Reuters. Wie die beiden Unternehmen am Dienstagabend mitteilten, kauft Blackstone 55 Prozent von Financial & Risk (F&R) des kanadischen Informationskonzerns. Der Deal bewertet das Geschäft mit 20 Milliarden Dollar - die höchste Wette, die Blackstone seit der Finanzkrise eingeht. „Das ist eine wegweisende Transaktion für Blackstone und unsere Partner“, sagte Joe Baratta, Chef des globalen Beteiligungsgeschäfts. Die Nachrichtenagentur Reuters bleibt bei Thomson Reuters und liefert weiter Nachrichten an das künftige Gemeinschaftsunternehmen. Dafür erhält die Agentur 30 Jahre lang mindestens 325 Millionen Dollar jährlich - insgesamt fast zehn Milliarden Dollar.
Blackstone setzt mit dem Kauf auf eine Erholung des Marktes für Finanzmarktdaten, der seit der Finanzkrise bröckelt. Thomson Reuters kämpft wie seine Rivalen Bloomberg und Dow Jones mit dem Sparkurs vieler Banken, den Hauptkunden von F&R. Die Sparte hat deshalb in den vergangenen Jahren die Zahl seiner Produkte und Arbeitsplätze verringert, zuletzt aber wieder Wachstum verzeichnet. Als einer der weltgrößten Finanzinvestoren hat Blackstone enge Geschäftsbeziehungen zu den Kreditinstituten. Das werde F&R helfen, mit dem Umbruch in der Branche zurechtzukommen, sagte Thomson-Reuters-Chef Jim Smith. „Der Deal stärkt F&R und sollte das Wachstum beschleunigen.“ Die Transaktion soll im zweiten Halbjahr 2018 abgeschlossen werden. Neben Blackstone wollen auch der kanadische Pensionsfonds CPP und der Fonds GIC aus Singapur investieren. Details zur Höhe deren Engagements wurden nicht genannt.
Für Thomson Reuters ist der Verkauf der größte Umbruch seit dem Jahr 2008. Damals hatte der kanadische Datenanbieter Thomson den britischen Konkurrenten Reuters für 8,7 Milliarden Pfund übernommen. Das waren zum damaligen Umrechnungskurs 17 Milliarden Dollar. Genau diesen Betrag erhält Thomson Reuters nun für die Mehrheit an der Finanzmarktsparte. Blackstone zahlt davon jedoch nur drei Milliarden Dollar, 14 Milliarden muss die Sparte selbst über neu aufgenommene Schulden finanzieren - das ist auch für einen Finanzinvestor ein überdurchschnittlicher Anteil. Thomson Reuters bleibt mit 45 Prozent an dem Geschäft beteiligt, das 2016 mit 6,1 Milliarden Dollar mehr als die Hälfte der gesamten Konzernumsätze erzielte.
Das Schicksal der Nachrichtenagentur war der Knackpunkt der Verhandlungen, die im Sommer vergangenen Jahres begannen, wie zwei mit den Gesprächen vertraute Personen sagten. Ein Thema war die Unabhängigkeit der traditionsreichen Agentur, die 1851 vom Aachener Unternehmer Paul Julius Reuter gegründet wurde. Seit dem Börsengang in den 1980er Jahren wird diese von den Treuhändern der Thomson Reuters Founders Share Company überwacht. „Reuters News behält die komplette redaktionelle Freiheit“, betonte Smith. „Es war noch nie so wichtig, Nachrichten zu liefern, denen man vertrauen kann, und das wird Reuters weiter tun, mit Genauigkeit und Integrität.“ Reuters News ist mit einem Umsatz von zuletzt 304 Millionen Dollar das mit Abstand kleinste der insgesamt vier Geschäftsfelder von Thomson Reuters. Die Zahlungen der Finanzmarktsparte kommen künftig dazu. Insgesamt lägen die Einnahmen etwas über der Kostenbasis, sagte Thomson Reuters-Finanzchef Stephane Bello.
Die Sparten für juristische Informationen (Legal, Jahresumsatz 3,4 Milliarden Dollar) sowie für Angebote zu Steuern und Rechnungswesen (Tax & Accounting, 1,5 Milliarden Dollar) verbleiben ebenfalls bei Thomson. Haupteigner von Thomson Reuters ist die kanadische Familie Thomson, die gut 63 Prozent der Anteile hält. Haupteigner von Thomson Reuters ist die kanadische Familie Thomson, die gut 63 Prozent der Anteile hält. Die Aktien werden an den Börsen von New York und Toronto gehandelt.
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