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GDV-Bilanz Corona beschleunigt digitalen Wandel der Versicherer

Das Corona-Jahr 2020 brachte den Versicherern ein geringeres Beitragsplus als gewohnt. Dafür baute die rückständige Branche digital so stark um wie nie zuvor.
20.01.2021 - 13:48 Uhr Kommentieren
Der jüngste Digitalisierungsschub stellt die Versicherungsindustrie vor große Herausforderungen. Quelle: dpa
Versicherungskunde am Tablet

Der jüngste Digitalisierungsschub stellt die Versicherungsindustrie vor große Herausforderungen.

(Foto: dpa)

München Die Coronakrise hat die deutschen Versicherer so stark verändert wie kaum ein anderes Jahr in der Vergangenheit. Ein verändertes Kundenverhalten, die flächendeckende Einführung von Homeoffice und besonders der Wandel in der Beratung und der Schadenabwicklung haben in der Branche für einen Digitalisierungsschub gesorgt. „Wir erleben eine völlig veränderte Realität“, sagte Wolfgang Weiler, Präsident des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) am Mittwoch.

Es ist ein Mix aus Nachholbedarf und einem durch die Pandemie stark veränderten Markt, der die Branche zu diesen Schritten zwingt. Lange Jahre galt die Informationstechnologie der Versicherer als rückständig. Eine Vielzahl an Altsystemen existierte teils parallel nebeneinander und verursachte immense Kosten. Diese werden zwar seit Jahren schrittweise abgeschaltet und auf neue Plattformen gesetzt. Die hohen Kosten dafür bremsten jedoch die Ausgaben für tatsächliche Innovationen.

Durch die Coronakrise mussten die Versicherer nun schnell in neue Server, Lizenzen und Endgeräte investieren, um den Geschäftsbetrieb auch im Lockdown aufrechterhalten zu können. Nach IT-Investitionen von 5,5 Milliarden Euro im Jahr 2019 geht Weiler davon aus, dass die Gesamtsumme an Investitionen im abgelaufenen Jahr deutlich gestiegen ist und in den kommenden Jahren noch einmal einen erheblichen Schub erhalten wird.

Zudem hat sich die Einstellung der Branche zu Investitionen in Technologie geändert. Galten die lange Zeit vor allem als hoher Kostenfaktor, so rühmt man sich inzwischen mit einer steigenden IT-Kostenquote, mit der die IT-Ausgaben im Verhältnis zu Bruttobeitragseinnahmen gesetzt werden. Zuletzt lag diese bei 2,52 Prozent, 2017 noch bei 2,17 Prozent.

Der massive Wandel trifft die Branche in einer Phase, in der das Geschäft in Teilen leidet. Gerade die Lebensversicherer spürten den Druck im vergangenen Jahr besonders. Um zwölf Prozent ist das Neugeschäft im Vergleich zu 2019 eingebrochen.

Kunden waren im traditionellen Geschäft zurückhaltend

GDV-Präsident Weiler führt das starke Minus unter anderem auf verschobene Beratungsgespräche in diesem erklärungsintensiven Geschäft zurück. Ein genauer Blick in die Zahlen zeigt jedoch auch, dass die Kunden vor allem beim traditionellen Geschäft, bei dem eine monatliche Zahlung über teils mehrere Jahrzehnte zu leisten ist, zurückhaltend waren.

Dagegen wuchsen bei Verträgen mit Einmalbeiträgen, bei denen Kunden sofort eine große Summe einzahlen, die Beiträge um 0,4 Prozent. Offenbar erachten viele Anleger einen Garantiezins von 0,9 Prozent bei traditionellen Lebensversicherungen angesichts von Null- und Negativzinsen andernorts weiterhin für attraktiv.

In der Sach- und Unfallversicherung kam es zwar zu einem Beitragsplus von 2,1 Prozent, aber auch das bliebt deutlich unter dem Plus von 3,5 Prozent aus dem Vorjahr. Einer der Gründe dafür waren die geringeren Beitragsangebote, die viele Versicherer ihren Kfz-Kunden wegen geringerer Kilometerleistungen gewährt haben.

In der privaten Krankenversicherung stiegen die Beiträge zwar um 3,8 Prozent, das kam jedoch im Wesentlichen durch Mehrleistungen der Kunden im Rahmen der gesetzlichen Pflegereform zustande.

Für die Versicherer, die jahrelang wachsende Beiträge gewöhnt waren, sind das Alarmsignale. Sie müssen ihre Produkte, ihre Kundenansprache, aber auch ihre Schadenabwicklung deutlich verändern. Dabei ist es an vielen Stellen der Kunde, der der Branche die Richtung anzeigt: Gerade in Zeiten der Pandemie nutzten Kunden vermehrt den Zugang über Onlinekanäle und Hotlines.

„Die Vertriebsprozesse haben sich völlig verändert“, sagt Andreas Wimmer, Vorstandschef der Allianz Leben. Gerade in Zeiten von Lockdown, Ausgangsbeschränkungen und Homeoffice hatten viele Kunden ihre Versicherungen und Altersvorsorge überprüft und die Mitarbeiter der Assekuranzen damit beschäftigt.

Demnach ist die Frequenz der Kundenanfragen im Zuge der Pandemie bei einzelnen Versicherern um bis zu 20 Prozent gestiegen. Von rund 32 Millionen aktiven Kundenzugangskanälen online oder via App spricht die Branche mittlerweile, gerade in Corona-Zeiten ist die Tendenz rasch gestiegen.

Hürden auf Kundenkanälen schrecken User ab

Was auf den ersten Blick erfreulich wirkt, hatte für viele Kunden aber auch Tücken. Wer beim Zugang zu einem Kundenkanal auf allzu komplexe Hürden stieß, der wirkte oft abgeschreckt. Das gilt sowohl für die Erstidentifizierung als auch für den laufenden Authentifizierungsprozess anschließend.

Die Versicherer wissen um dieses Problem. Als der Branchenverband GDV gerade wieder seine Mitglieder nach ihren Prioritäten im Bereich Digitalisierung befragte, war das sogenannte Identitätsmanagement deutlich an Bedeutung gestiegen und genießt im Verband inzwischen hohe Priorität.

Neben der Verwaltung der eigenen Policen gewinnt der Onlinekanal der Versicherer aber auch als Informationsquelle vermehrt an Bedeutung. Seit Jahren bereits spricht die Branche vom „hybriden Kunden“, der sich online informiert, dann zum Vertragsabschluss aber zum Berater geht.

Mit Corona ist dieses Modell erstmals spürbar Realität geworden. „Die Vertriebsprozesse haben sich so völlig verändert“, beobachtet Allianz-Leben-Chef Wimmer seit dem vergangenen Jahr. Gerade in den beratungsintensiven Sparten wie Lebens- oder Berufsunfähigkeitsversicherung nutzen Kunden vermehrt die Informationen aus dem Netz, ehe sie sich mit ihren persönlichen Wünschen an einen Berater wenden.

Für die Versicherer bedeuten die technischen Innovationen aus dem Bereich Künstliche Intelligenz, Big Data oder Robotics allerdings auch Selbstschutz. Das gilt besonders bei der Regulierung von Schäden und der damit verbundenen Erstattung von Leistungen.

Speziell in der Sach- und der Krankenversicherung versuchen die Versicherer inzwischen verstärkt mit den Methoden des Machine Learning mögliche Betrüger aufzuspüren. Dabei geht es in der Praxis unter anderem um das Erkennen von gewissen Schemata, beispielsweise um wiederkehrende Textbausteine in Schadenmeldungen oder um manipulierte Autounfälle. „Hier gibt es inzwischen einen sehr hohen Anteil an vollautomatisierten Prozessen“, beobachtet GDV-Präsident Weiler.

Kein Problem haben die Versicherer mit der Forderung der Politik nach Homeoffice. Schon im ersten Lockdown hatten es die meisten Unternehmen innerhalb von zwei bis drei Wochen geschafft, dass rund 90 Prozent ihrer Mitarbeiter von zu Hause arbeiten konnten. Seit dem neuerlichen verschärften Lockdown im Dezember befindet sich die Quote der meisten Unternehmen erneut in diesem Bereich.

Mehr: Weshalb die Versicherer ausgerechnet jetzt nach Zukäufen suchen

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