Gastkommentar: Das Sondervermögen der Bundeswehr hat die Verteidigungsbranche verändert

Der Autor ist CEO der deutschen Werft Thyssen-Krupp Marine Systems (TKMS) sowie Arbeitsdirektor und Vorstand Personal der Thyssen-Krupp AG.
Am 27. Februar 2022 hat Bundeskanzler Olaf Scholz eine Zeitenwende angekündigt und der Bundeswehr ein einmaliges Sondervermögen von 100 Milliarden Euro in Aussicht gestellt. Das hat viele der bisherigen Annahmen und Überzeugungen der deutschen Sicherheits- und Verteidigungspolitik wenn nicht auf den Kopf, so doch infrage gestellt.
Zugleich erfasste eine neue Dynamik die gesamte Verteidigungsbranche, um die neuen Ziele der Bundesregierung, Unterstützung der Ukraine und Verbesserung der Einsatzfähigkeit der Bundeswehr, schnell zu erfüllen. Die Amtsseite richtete über Nacht neue Stäbe und Arbeitseinheiten ein, und zahlreiche Unternehmen überschlugen sich geradezu dabei, ihre Produktions- und Lieferfähigkeit zu demonstrieren.
Diese ungewohnte Geschwindigkeit weist auf den Nachholbedarf hin, den wir in Deutschland haben. Aktuelle Berechnungen des Instituts der deutschen Wirtschaft beziffern die deutsche Friedensdividende auf 394 Milliarden Euro. Diese gigantische Summe hat Deutschland seit der Wiedervereinigung im Vergleich zu den Verteidigungsausgaben der 1980er-Jahre gespart.
Die Dynamik des Aufbruchs scheint nachzulassen
Wichtige Verbündete wie Großbritannien (111 Milliarden Euro Friedensdividende) und Frankreich (25 Milliarden Euro) haben dagegen im gleichen Zeitraum ihre Verteidigungsausgaben weitgehend stabil gehalten und signifikant weniger eingespart. In der Folge ist der Modernisierungsdruck in Deutschland besonders hoch.





