US-Wahl: Europa sollte Waffen aus den USA kaufen

Der designierte US-Präsident Donald Trump sagt uns immer wieder, dass er Zölle liebt. Wir sollten ihm glauben. Noch ist unklar, wie seine Regierung sie einsetzen wird und welche Ziele sie damit verfolgt. Zwar gibt ist es eine logische Taktik, bewusst Unsicherheit zu schaffen. Aber es gibt wirtschaftliche Grenzen für diese Strategie.
Letztlich wird eine Regierung, die Drohungen ausspricht, nur in dem Maß erfolgreich sein, wie die Drohungen für die bedrohten Regierungen glaubwürdig sind. Voraussetzung dafür ist, dass Trump sich bereit zeigt, auch gewisse Kosten in Kauf zu nehmen, die mögliche Zölle für die USA mit sich bringen.
Bei China und Mexiko, den beiden wichtigsten bilateralen Zielen des wirtschaftlichen Zorns der nächsten US-Regierung, ist diese Bereitschaft offensichtlich. Da es mit beiden Ländern nicht nur wirtschaftliche, sondern auch andere Streitigkeiten gibt, ist ein konfliktorientierter Ansatz sehr attraktiv.
Trumps Versprechen, die Zölle für alle Volkswirtschaften der Welt zu erhöhen, ist jedoch eher gewagt. Neue Zölle schaden der eigenen Wirtschaft umso mehr, je weniger Ersatz es für die Importe gibt, die man erschwert.
Wenn man das verfügbare Angebot an Importen (durch Anhebung des Preises bei einem bestimmten Einkommensniveau) aus allen Ländern gleichzeitig verringert, verstärkt man per Definition die Folgen für die eigene Wirtschaft. Schließlich gibt es keine billigen Ersatzprodukte vom Mars. Und die Produkte der eigenen Wirtschaft verteuern sich bis zum Zollniveau – wenn sie überhaupt im Inland angeboten werden können. Die Folge sind Inflation, Knappheit oder beides.
Trump wird sehr bald höhere Zölle ankündigen
In der Praxis muss Trump daher früh bei den Zöllen handeln, damit seine Drohungen gegenüber dem Rest der Welt glaubwürdig sind. Sein erster Schritt dürfte darin bestehen, Abgaben auf Waren und Branchen zu erhöhen, für die er bereits in seiner ersten Amtszeit Zölle eingeführt hat. Da weder die Biden-Administration diese Zölle gesenkt noch der Kongress sie rechtlich angefochten hat, gibt es für Trump keinerlei rechtliche oder administrative Hindernisse, sie zu erhöhen.
Er wird wahrscheinlich am ersten Tag ankündigen, dass alle bereits existierenden Zölle auf mindestens zehn, 15 oder 20 Prozent angehoben werden. Das Zuckerbrot wäre seine Bereitschaft, die Zölle für jedes einzelne Land oder sogar für jedes einzelne Unternehmen zu senken. Seine Peitsche wäre die Drohung, Zölle auf weitere Einfuhren zu erheben oder die Zölle weiter zu erhöhen.
Bei den europäischen Diskussionen scheint es bisher vor allem darum zu gehen, ob und wie Vergeltungsmaßnahmen gegen die Zölle ergriffen werden sollen. Zwei der drei wichtigsten EU-Importe aus den USA sind jedoch Energieprodukte: Erdgas und Erdöl. Europäische Vergeltungsmaßnahmen dagegen scheinen zum jetzigen Zeitpunkt aussichtslos.
Die EU hat vier Optionen, um auf neue US-Zölle zu reagieren
Die EU könnte stattdessen Einfuhrzölle auf Dienstleistungen aus den USA erheben, darunter Tourismus, Kulturgüter und Bildung. Das aber wäre bei vielen europäischen Haushalten wahrscheinlich ziemlich unpopulär und würde auch die US-Regierung vermutlich nicht umstimmen: Weder das Hochschulwesen noch Hollywood sind Branchen, die Trump unterstützen möchte.
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Ihm geht es vor allem um die verarbeitende Industrie. Ein besserer Schachzug der EU gegen neue US-Zölle wäre deshalb, US-Hersteller mit dem europäischen CO2-Grenzausgleichsmechanismus (CBAM) zu belegen – auch Lebensmittel und Technologieprodukte.
Eine weitere Option der EU besteht darin, Trump ein Angebot zu machen. Dies hat mehr Aussicht auf kurzfristigen Erfolg, vor allem wenn es mit der Drohung einer Eskalation des CBAM verbunden ist. So könnte die EU sich verpflichten, mehr fossile Brennstoffe aus den USA zu importieren – das würde Trump gefallen.
Ebenso könnte sich die EU zum Kauf von Waffensystemen aus den USA verpflichten. Das hätte den Vorteil, dass ihre Verteidigungskapazitäten schnell steigen würde. Es hätte aber den Nachteil, dass die EU bei der Verteidigung möglicherweise stärker von den USA und ihren Launen abhängig würde.
Europa könnte bei E-Autos von Spannungen zwischen China und den USA profitieren
Die wahrscheinlich wichtigste Forderung der Trump-Administration wird eine stärkere Beteiligung der EU an den gemeinsamen Bemühungen sein, chinesische Exporte auszuschließen und die technologische Entwicklung Chinas zu behindern. Das Thema spaltet Europa.
Die EU nutzt derzeit selbst Zölle auf chinesische E-Autos als Verhandlungsmasse mit Peking. Sie könnte von chinesischen Direktinvestitionen in die europäische E-Auto-Produktion und von Autoexporten nach China profitieren, insbesondere wenn die wirtschaftlichen Spannungen zwischen den USA und China eskalieren.
Erschwerend kommt hinzu, dass sowohl China als auch die USA versuchen werden, bilaterale Abkommen mit einzelnen EU-Mitgliedern zu schließen, während Brüssel den Handel als Mandat der Kommission und nicht der Mitgliedstaaten beibehalten muss. China wird es dabei leichter haben, da es bereits Investitionen in die europäische Industrie tätigt, die auf nationaler Basis ausgehandelt werden können.
Trump wird Abkommen mit Ungarn, der Slowakei und Italien anstreben
Die USA unter Trump werden den EU-Mitgliedern wahrscheinlich keine Investitionen anbieten. Aber sie werden versuchen, einen Weg zu finden, um mit Ungarn, der Slowakei und wahrscheinlich Italien unter ihren derzeitigen Regierungen demonstrativ zusammenzuarbeiten, und hoffen, die EU so zu untergraben.
Die rettende Gnade für Europa ist jedoch die Sparquote. Das bilaterale Handelsdefizit der USA mit Europa wird bestimmt durch die Unterschiede bei den Wachstumsraten, das Verhältnis von Ersparnissen zu Investitionen und dessen Folgen für den Wechselkurs und die Zinsen.
Handelsschikanen und Verhandlungen werden den Dollar letztlich nur nach oben treiben, da Trumps Haushaltspolitik die Ersparnisse nach unten und die Zinsen nach oben treibt. Die USA werden damit wieder ein Wachstumsmotor für Europa sein.
Die Handelskriege werden sich verschärfen, wenn Trumps Handelsdefizite steigen. Der beste Ausweg aus diesem Zyklus wäre, wenn Europa unter der Führung Deutschlands viel mehr in Verteidigung und grüne Infrastruktur investieren würde. Die Entlassung des deutschen Finanzministers Christian Lindner, der auf der Schuldenbremse beharrte, könnte daher womöglich helfen, die transatlantischen Handelsbeziehungen zu verbessern.




Der Autor:
Adam Posen ist Präsident des Peterson Institute for International Economics in Washington, D. C.








