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Prüfers KolumneAlles auf KI? Erst wenn der Boden richtig gesaugt wird

In den USA formiert sich eine technologische Glaubensgemeinschaft, für die es nur konsequent ist, wenn sich die natürliche Intelligenz der künstlichen unterordnet. Nur: Wer repariert dann meinen intelligenten Staubsaugerroboter? Tillmann Prüfer 13.01.2024 - 10:42 Uhr
Tillmann Prüfer ist Mitglied der Chefredaktion des „Zeit-Magazins“. Foto: Handelsblatt

Im Silicon Valley gibt es einen neuen Trend, er heißt „Effective Accelerationism“. Dessen Anhänger sind der Meinung, dass technischer Fortschritt so sehr beschleunigt werden muss, wie es nur geht. Leute, die dem Effective Accelerationism angehören, nennen sich „e/acc“.

Man sagt, e/acc wäre so eine Art spirituelle Bewegung. Vor allem finden e/accs, dass der Künstlichen Intelligenz der Teppich ausgerollt werden sollte. Das unterscheidet die e/accs von den „Effective Altruists“, also den effektiven Altruisten. Die wiederum meinen, dass der technische Fortschritt immer mit seinem Nutzen für die Menschheit abgeglichen werden sollte. Und wenn nötig auch gebremst werden muss.

Die e/acc-Bewegung hat einige wichtige Unterstützer, darunter Garry Tan, Präsident des Start-up-Accelerators Y Combinator, und der milliardenschwere Investor Marc Andreessen, der im Oktober ein sehr langes Manifest über Techno-Optimismus veröffentlichte. Seinem Essay zufolge verabscheut die Bewegung Ideen wie „existenzielles Risiko“ und „Nachhaltigkeit“.

Wie ich beim Nachrichtendienstleister Bloomberg lernen konnte, bezeichnet die Bewegung ihre Kritiker als „decels“, also Entschleuniger, als Leute, die den Fortschritt abbremsen wollen, um angeblich schlimme Entwicklungen zu vermeiden. Wer sich als e/acc bezeichnet, schreibt das stolz in sein Profil bei „X“ und verbringt viel Zeit dort, um sich über die Schwachköpfe aufzuregen, die davor Angst haben, dass die Künstliche Intelligenz die Menschheit ausrotten könnte. Wahrscheinlich haben e/accs dazu auch ausgiebig Zeit, denn bei ihnen macht ja schon der Roboter die meiste Arbeit.

Ich habe da so meine Zweifel. Zum Beispiel habe ich zu Hause einen Saugroboter. Der Saugroboter ist der erste Haushaltshelfer mit ein bisschen Künstlicher Intelligenz, den ich eingestellt habe. Nun hat dieser Roboter zunächst einmal anstandslos Krümel von meinem Boden aufgelesen. Seit einigen Wochen aber macht er gar nichts mehr. Das bedeutet, er fährt nur ein bisschen herum und begibt sich dann wieder in seine Ladestation. Was soll daran intelligent sein?

Ein weiteres Beispiel: Ich arbeite in einem sogenannten Smart Office. Es gibt in jedem Raum Temperaturfühler, die das Gebäude stets auf Idealtemperatur halten sollen. Leider scheint die Idealtemperatur gerade 18 Grad zu sein, weshalb man gut daran tut, im Büro den Mantel anzubehalten. Die Techniker suchen noch verzweifelt nach dem defekten Sensor oder was sonst noch kaputt sein könnte.

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Beide, mein kleiner Saugroboter und das Büro, kommen mit ihrer Künstlichen Intelligenz nicht weit, wenn sie nicht ständig gewartet und repariert werden. Das bedeutet: Wenn die Künstliche Intelligenz erst einmal die Macht übernommen hat, dann wird sie sehr nett zur Menschheit sein müssen, dem technologischen Prekariat. Sonst läuft leider bald nichts mehr.

Bei meinem Roboter streike ich jetzt erst einmal. Und dann werde ich bei ihm Gehalt einfordern.

Mehr: GPT-Store veröffentlicht – das sollten Sie jetzt wissen

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