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Prüfers KolumneEine Frage der Haltung: Wie wir uns zum Homo Homeoffice entwickeln

Früher war der ergonomische Arbeitsplatz im Büro ein Riesending. Heute werden Haltungsschäden zur Privatsache. Werden wir alle zu Quasimodo?Tillmann Prüfer 24.06.2023 - 10:00 Uhr Artikel anhören

Tillmann Prüfer ist Mitglied der Chefredaktion des „Zeit-Magazins“.

Foto: Handelsblatt

Mein ganzes Leben verbringe ich schon damit, mich in bestimmte Positionen zu strecken, damit ich nicht irgendwelche blöden Haltungsschäden bekomme. Mein ganzes Leben ist ein „Bauch rein“, „Schultern zurück“, „Rücken gerade“. Das hat mit schon meine Mutter gesagt. Ansonsten drohe mir im Alter glatt ein Buckel, so wie dem Glöckner von Notre-Dame.

Ich wusste damals gar nichts über den Glöckner von Notre-Dame, aber dass er einigermaßen populär zu sein schien, schien mir doch eher dafür zu sprechen, dass man es auch mit Buckel zu etwas bringen kann. Und im Alter einen Buckel, naja, ist das schlimm? Es wäre doch schlimmer, wenn man in der Jugend einen Buckel hätte.

Ich habe allerdings das Gefühl, all das Schulternzurückziehen hat nichts gebracht, denn meine Haltung ist immer noch mittelmäßig. Ich mache inzwischen Rückengymnastik, Bauchgymnastik und Schulterübungen. Aber so richtig hilft das nicht, vor allem ist es anstrengend.

Wir Bildschirmarbeiter gelten ja ohnehin als eine ziemlich gefährdete Gruppe. Früher war es ein Riesending, im Büro die richtige Haltung zu haben. So ein Bildschirmarbeitsplatz durfte keinen frontalen Lichteinfall haben, die Blickrichtung auf den Computermonitor musst in einem bestimmten Winkel sein und der Rücken ergonomisch unterstützt.

Das allein schon wurde immer unbedeutender, denn alsbald guckte jeder nur noch auf das Smartphone und krümmte dabei den Nacken. Ich hatte schon etliche Warnungen vor dem Smartphone-Nacken gehört.

Im Homeoffice sind Haltungsschäden Privatsache

Dann kamen die Pandemie und das Homeoffice. Seitdem schert sich niemand mehr um irgendwelche ergonomische Bestimmungen, denn niemand ist mehr im Büro. Gearbeitet wird zu Hause, und dort schert sich niemand mehr um Lichteinfall oder einen unterstützten Rücken.

Ich selbst arbeite meist auf meinem Bett kauernd. Wenn der Arbeitnehmer nicht mehr im Büro ist, sind seine Haltungsschäden Privatsache.

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In der „Bild“-Zeitung habe ich nun von einer Studie gelesen, die eine US-Möbelfirma in Auftrag gegeben hat, nämlich wie sich ein Arbeiterinnenleben im Homeoffice auf dem Körper auswirkt. Dafür hat man mit einer Künstlichen Intelligenz einen Avatar programmieren lassen. Eine Frau, die stets auf ihrer Homeoffice-Matratze hockend in ihren Laptop hackt.

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Das Ergebnis: Am Ende des Arbeitslebens leidet sie unter Fettleibigkeit wegen zu wenig Bewegung. Ihre Hände haben wegen der Arbeit an der Tastatur Fehlbildungen. Und natürlich hat der runde Rücken, den sie auf dem Bett machen musste, sich zu einem riesigen Buckel ausgeweitet.

Das ist also der Homo Homeoffice, zu dem wir uns entwickeln werden. Ich werde zum Quasimodo. Der hat ja auch in Notre-Dame gewohnt – das erste Homeoffice der Geschichte.

Mehr: Abkehr vom Homeoffice? SAP appelliert an Mitarbeiter, wieder mehr Präsenz zu zeigen

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