Schuldenbremse: Warum die Schuldenbremse richtig ist
Sie ist die Projektionsfläche für alles, was in der Republik schiefläuft: die Schuldenbremse. Bricht irgendwo in Deutschland eine Brücke zusammen, war die Schuldenbremse verantwortlich. Kein Wort zu Planungsfehlern, keine Überprüfung, ob erforderliche Mittel bereitstanden.
Regnet es durch ein Schuldach – die Schuldenbremse. Niemand fragt, ob sie überhaupt für die Gemeinden gilt. Reichen die Mittel im Klima- und Transformationsfonds (KTF) für weitere Fördermaßnahmen nicht aus – die Schuldenbremse. Die Höhe der im KTF nicht abgerufenen Mittel lässt niemanden aufhorchen. Blockade von drei Milliarden Euro für die Ukraine – die Schuldenbremse. Dabei bleiben im Haushaltsvollzug, vor allem in einem Jahr mit vorläufiger Haushaltsführung voraussichtlich bis zur Sommerpause, bei einem Haushaltsvolumen von rund 490 Milliarden Euro solche Summen problemlos verfügbar.
Die Schuldenbremse hat die Investitionen von Bund, Ländern und Kommunen nicht beschränkt. Der Rückgang der staatlichen Investitionstätigkeit datiert vor die Einführung der Schuldenbremse. Und er findet auf der kommunalen Ebene statt, während Bund und Länder ihre Investitionen mit dem Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) steigen lassen, ihre Investitionsquote sich mit leichtem Auf und Ab also seitwärts bewegt.
Fälschliche Annahmen über Auswirkungen
Seit dem Jahr 2018 steigen die Investitionen des Gesamtstaats sogar an. Zudem sind die Städte und Gemeinden nicht durch die Schuldenbremse erfasst. Sie können sich weiter in Höhe ihrer Investitionen verschulden, tun dies aber zu wenig, weil ihnen Bund und Länder in lange geübter Praxis immer neue konsumtive und soziale Aufgaben übertragen, die nicht mit einer entsprechenden Finanzierung daherkommen. Ach ja: Ersatzinvestitionen wie die Ausbesserung eines Schuldachs fallen unter staatlichen Konsum und sind statistisch keine Investitionen.
Konjunkturell hat die Schuldenbremse keine Einschränkung bedeutet. Sie atmet mit der Konjunktur aufgrund einer Konjunkturkomponente, die in schlechten Zeiten den Verschuldungsspielraum erhöht und in guten Zeiten senkt. In besonders schweren Krisen wie in der Covid-19-Pandemie erlaubt die Ausnahmeregel der Schuldenbremse höhere Schulden, sofern es sich bei dieser Krise um einen exogenen Schock handelt, eine wirkliche Notlage also, der die Finanzlage des Staates erheblich beeinträchtigt.
Die Problemkinder der Schuldenbremse
Die Schuldenbremse hat dafür gesorgt, dass es seit 2011 zu einer Trendwende in der Entwicklung der Schuldenquote kam. Deutschland schickt sich an, unter den Schwellenwert des europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakts von 60 Prozent zu fallen. Zudem dürfte die Schuldenbremse die Funktion Deutschlands als sicherer Hafen in der Europäischen Währungsunion verstärkt und so zu relativ niedrigen Zinsen beigetragen haben.
Anders gewendet: Die Schuldenbremse hat sich bewährt. Sie hat in der Tat noch größeren Unsinn bei den Subventionsorgien der vergangenen Jahre unterbunden. Und das ist gut so.
An einer Stelle ist der Erfolg der Schuldenbremse nicht gesichert. Sie gilt zwar für die Länder, und auf den ersten Blick scheint sie dort sogar restriktiver: Während der Bund sich in Höhe von 0,35 Prozent des BIP verschulden darf, müssen die Länder eine strukturell schwarze Null realisieren.
Auf den zweiten Blick sieht das aber anders aus. Nicht nur haben die Länder genau wie der Bund die Möglichkeit, mit einer Konjunkturkomponente in schlechten Zeiten mehr Spielraum zu erreichen. Es ist zudem unklar, inwiefern die Schuldenbremse die Sondervermögen der Länder beschränkt. Mit Ausnahme des Sondervermögens Bundeswehr werden die Sondervermögen des Bundes, die seit 2011 geschaffen wurden, hingegen von der Schuldenbremse erfasst.
Nun sind es gerade die Bundesländer, die auf eine Reform der Schuldenbremse drängen. Dabei waren die Länder ein wesentlicher Grund für die Einführung der Schuldenbremse. Einige Länder – vor allem Berlin, Bremen und das Saarland, aber auch andere – drohten in eine Haushaltsnotlage zu geraten. Sie forderten daher wiederholt, dass der Bund und die finanzstärkeren Länder sie aus dieser Situation befreien – ein klassisches Bail-out.
Heute sind es wieder die gleichen strukturschwachen, von Haushaltsnotlagen bedrohten Länder, die eine Lockerung der Schuldenbremse fordern – nur damit sie noch sicherer in diese Notlage geraten und vom Bund, Bayern, Baden-Württemberg und Hessen höhere Transfers verlangen können.
An dieser Stelle muss die Schuldenbremse nun halten – ökonomisch und politisch.