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Gastkommentar – Homo oeconomicusFür eine investitionsorientierte Reform der Schuldenbremse

Ohne ein Lösen der Schuldenbremse kann Deutschland Zukunftsaufgaben nicht lösen. Eine Rückbesinnung auf die goldene Regel für staatliche Investitionen würde helfen, meint Achim Truger. 22.01.2021 - 15:15 Uhr Artikel anhören

Achim Truger ist Mitglied des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung und Professor für Staatstätigkeit und Staatsfinanzen an der Universität Duisburg-Essen.

Foto: Universität Duisburg-Essen, Bettina Engel-Albustin

Deutschland wird auch nach der Überwindung der Coronakrise vor großen Herausforderungen stehen. Die sozial-ökologische Transformation muss angegangen werden. Und auch hinsichtlich Digitalisierung, Bildung, im Gesundheitswesen und bei der traditionellen Infrastruktur gibt es massive Handlungs- und Investitionsbedarfe.

Zwar muss nicht alles staatlich finanziert werden. Dennoch wird der öffentliche Ausgabenbedarf sehr groß sein. Der Industrieverband BDI und der Deutsche Gewerkschaftsbund forderten schon 2019 gemeinsam ein Investitionspaket im Umfang von 450 Milliarden Euro für die nächsten zehn Jahre.

Es ist schwer vorstellbar, dass diese zentralen Zukunftsaufgaben ohne Reform der Schuldenbremse bewältigt werden können. Diese wird Bund und Länder in den nächsten Jahren auf Konsolidierungskurs zwingen. Die vorgeschriebene Tilgung der Corona-Schulden verengt die Kreditspielräume zusätzlich. In einem solchen Umfeld werden sich große Investitionssummen kaum mobilisieren lassen.

Daher ist eine Rückbesinnung auf die goldene Regel der öffentlichen Investitionen notwendig. Diese finanzwissenschaftliche Regel fordert die Kreditfinanzierung öffentlicher Nettoinvestitionen, denn diese erhöhen den öffentlichen Kapitalstock und schaffen Produktivität und Wachstum auch für zukünftige Generationen.

Deshalb sollten zukünftige Generationen über den Schuldendienst auch zur Finanzierung herangezogen werden. Andernfalls müssten heutige Generationen über höhere Steuern oder Ausgabenkürzungen die gesamte Finanzierungslast tragen, was mit hoher Wahrscheinlichkeit gerade in Konsolidierungsphasen dazu führt, dass öffentliche Investitionen unter die Räder geraten.

Zweifelsfreie ökonomische Definition des Investitionsbegriffs ist unmöglich

Die auf absehbare Zeit extrem niedrigen Zinsen sprechen zusätzlich für eine Kreditfinanzierung. Im politischen Raum reift die Einsicht: Kürzlich sprach sich eine Mehrheit der Landtagsabgeordneten für eine investitionsorientierte Reform der Schuldenbremse aus.

Hier ist ein pragmatischer Reformvorschlag: Bund und Länder dürfen zusätzlich zur bisherigen Schuldenbremse investive Ausgaben in Höhe von insgesamt zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts auf Kredit finanzieren. Ein strukturelles Defizit in dieser Höhe sollte Tragfähigkeitsprobleme ausschließen.

Da eine zweifelsfreie ökonomische Definition des Investitionsbegriffs unmöglich ist, sollte die Politik im demokratischen Wettbewerb jeweils für einen bestimmten Zeitraum vorab die als investiv zu klassifizierenden Ausgaben nach klaren Kriterien festlegen.

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Je nach politischer Präferenz könnten also etwa auch Investitionen in Bildung und nicht nur in Beton gefördert werden. Und die Länder könnten die Spielräume auch zur Förderung kommunaler Investitionen einsetzen.
Eine solche Reform der Schuldenbremse würde die nötigen Spielräume zur Finanzierung von Zukunftsaufgaben schaffen und könnte gleichzeitig eine Blaupause für eine entsprechende Reform der EU-Fiskalregeln liefern.

Mehr: Deutschland kann aus den Corona-Schulden herauswachsen – muss es aber nicht.

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