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Gastkommentar – Homo oeconomicusWarum unsere Energiepolitik Putin mehr nützt als schadet

Nur wenn die Nachfrage nach Öl und Gas sinkt und das Angebot steigt, gehen Russlands Einnahmen zurück. Das verlangt nach einem Umsteuern, mahnt Daniel Stelter. 10.07.2022 - 15:00 Uhr Artikel anhören

Der Preis für fossile Energieträger ist seit Kriegs-Beginn deutlich gestiegen.

Foto: IMAGO/ITAR-TASS

Im April hat der russische Staat mit Öl- und Gasverkäufen so viel eingenommen, wie in keinem der vergangenen zehn Jahre. Russland profitiert vom Preisanstieg auf dem Markt, obwohl es Öl mit zum Teil enormen Rabatten nach China und Indien liefert. Es ist nicht so einfach, den weltgrößten Energieexporteur zu sanktionieren.

Wer es ernst meint mit dem ökonomischen Krieg, muss den Weltmarktpreis für Öl, Gas, Kohle und Rohstoffe senken. Das geht nur, wenn die Nachfrage reduziert oder das Angebot ausgeweitet wird. Beide Wege beschreiten die Politiker des Westens nicht konsequent.

Steigende Preise zwingen Verbraucher und Unternehmen zu sparen und drücken so die Nachfrage. Mögliche Nebenwirkungen sind eine Rezession und unzufriedene Wähler.

Interveniert die Politik deshalb und verhindert durch Preisdeckel den Preisanstieg oder kompensiert ihn gar durch Steuersenkungen bleibt die Nachfrage hoch – und damit auch der Weltmarktpreis. Der russische Präsident Wladimir Putin profitiert. Alternativ bleiben nur unpopuläre einheimische Energieträger, die nicht auf dem Weltmarkt gehandelt werden, wie Braunkohle oder die Atomenergie inklusive Laufzeitverlängerung für Kernkraftwerke.

Auch das Angebot zu erhöhen ist schwierig. Deutschland hat zwar kein Problem mit Fracking-Gas aus den USA, weigert sich aber, die hiesigen Gasvorräte trotz der mittlerweile deutlich umweltfreundlicheren Verfahren zu heben.

Der Autor: Daniel Stelter ist Gründer des auf Strategie und Makroökonomie spezialisierten Diskussionsforums „beyond the obvious“, Unternehmensberater und Autor. Jeden Sonntag geht auf www.think-bto.com sein Podcast online.

Foto: Robert Recker/ Berlin

Für den Weg in die erneuerbare Zukunft brauchen wir die Fossilen

In anderen Bereichen ist die Lage nicht besser. Wir sagen den Förderunternehmen von Öl und Gas seit Jahren, dass wir aus Klimaschutzgründen so schnell wie möglich nicht mehr bei ihnen einkaufen wollen. Wir verhindern günstige Kredite, weil fossile Energieträger nach ESG-Vorgaben nicht als nachhaltig gelten und so Investoren wegfallen. Wir verklagen die Unternehmen wegen der Klimaschäden, die sie anrichten, und höchste Gerichte erklären sie für schuldig.

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Kein Wunder, dass sich die Investitionen in die Erschließung neuer fossiler Energiequellen seit 2015 mehr als halbiert haben. Und wenn die Gewinne der Energiekonzerne dann aufgrund der Knappheit steigen, fordern wir Übergewinnsteuern.

Getrieben von der Klimaschutzagenda haben wir alles dafür getan, die Kasse Russlands zu füllen. Dabei ist der Weg in die erneuerbare Zukunft weit und auch die Herstellung von Solarzellen und Windkraftanlagen ohne fossile Energien undenkbar.

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Wollen wir das ändern, müssen wir den fossilen Energien das Signal geben, dass wir sie noch reichlich brauchen, sie nicht mit Strafen und Sondersteuern überziehen und aufhören, sie über die Steuerung der Kreditvergabe schlechter zu stellen. Nicht morgen, aber zeitnah würde der Weltmarktpreis sinken und damit auch die Einnahmen Russlands.

Und das Klima? Wir sollten an dem wirkungsvollsten Instrument festhalten, das wir besitzen: einem Preis für CO2, sei es über Emissionszertifikate oder Steuern. Dieser Preis könnte überproportional steigen, je mehr der Weltmarktpreis sinkt.

Mehr: Wie Russland gegen den Niedergang seiner Ölindustrie kämpft

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