Bundestagswahl: Die Vertrauensfrage des Robert Habeck


Bundeskanzler Olaf Scholz hat bei Bundestagspräsidentin Bärbel Bas die Vertrauensfrage gestellt. Am Montag wird der Bundestag darüber abstimmen. In der Geschichte der Bundesrepublik wurde die Vertrauensfrage seit 1949 fünf Mal gestellt. Es ist also ein historischer Tag, an dem zunächst der Bundeskanzler eine rund 25-minütige Erklärung abgibt, bevor die Abgeordneten nach einer Aussprache über den Antrag abstimmen.
Interessant wird sein, wie die Grünen ihre Enthaltung in der Debatte begründen werden. Es gibt sicherlich viele Erklärungen aus der Partei, warum man sich in die Büsche schlägt. Aber am Ende kann Scholz’ verbliebener Koalitionspartner es drehen und wenden, wie er will. Es bleibt die alte politische Weisheit: Enthaltung ist keine Haltung.
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Natürlich ist ein neutraler Status in einem so wichtigen Moment verlockend. Die Grünen können mit ihrer Enthaltung in der Regierung bleiben. Das hat den Vorteil, dass sie die Infrastruktur der Ministerien weiter nutzen können, auch wenn es für die Minister eine Stillhaltephase vor der Wahl gibt.
Und es hat finanzielle Gründe. Würden die Grünen aus der Regierung ausscheiden oder würde Scholz sie entlassen, wäre es vorbei mit der schönen Ministerpension. Immerhin gibt es 5000 Euro im Monat.
Trotzdem müsste der grüne Kanzlerkandidat Robert Habeck seine Bundestagsfraktion auffordern, bei der Vertrauensfrage mit Nein zu stimmen. Das Argument, man könne mit der SPD noch wichtige Projekte umsetzen, glaubt niemand mehr. Seit Montag setzt diese Regierung nichts mehr um, und Grünen-Chefin Franziska Brantner fährt dem Kanzler etwa in der Ukrainepolitik so in die Parade, dass auch dem letzten Grünen klar sein muss: Mit Scholz wird das nichts mehr.
Der grüne Flirt mit Friedrich Merz
In der Praxis gibt es kein Vertrauen mehr zwischen Grünen und SPD. Kanzler Scholz stellt inzwischen sogar das Wärmegesetz infrage, Habecks Lieblingsprojekt. Seine Bauministerin will es „grundlegend reformieren und viel, viel einfacher machen“. Die Retourkutsche ließ nicht lange auf sich warten. Grünen-Chefin Brantner erklärte, mit Friedrich Merz könne man besser an der Seite der Ukraine stehen als mit Olaf Scholz. Das saß.
Kaum ein Tag vergeht dagegen, an dem nicht ein führender Grüner mit Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz flirtet. Zuletzt wollte der Co-Parteivorsitzende Felix Banaszak den wahrscheinlichen Kanzler bereits auf ein Bier in seine Stammkneipe einladen. Mehr Annäherungsversuche gab es selten in der Republik. Zumal Banaszak als Parteilinker gilt.






Das fast tägliche Grünen-Bashing des bayerischen Ministerpräsidenten erträgt die Grünen-Spitze schweigend oder mit Ironie. Markus Söder kann Habecks Rücktritt oder einen Untersuchungsausschuss gegen ihn fordern. Die Grünen leiden, aber sie wehren sich nicht. Habeck tut das als Wahlkampf ab, aber es ist bitterer Ernst und jeder merkt es. Doch der Ökopartei scheint alles lieber, als nach drei Jahren in der Regierung wieder die harten Oppositionsbänke zu drücken.
Natürlich befinden sich die Grünen in einer taktisch schwierigen Lage und müssen den für sie besten Weg ausloten. Aber wenn sie ehrlich zu den Bürgerinnen und Bürgern wären, müssten sie am Montag Scholz das Vertrauen entziehen. Sonst wird es eine Vertrauensfrage für Robert Habeck.





