Kommentar: Saudis haben ihre Macht demonstriert – zu einem hohen Preis
Mit dem Kopf durch die Wand zu wollen kann schmerzhaft werden. Das hat jetzt der ebenso mächtige wie umstrittene saudische Kronprinz Mohammed bin Salman erfahren. Saudi-Arabien hatte mit Russland jüngst einen Ölpreiskrieg entfacht, nachdem eine Einigung des Ölkartells Opec gescheitert war. Entsprechend wurden die ohnehin unter drastischem Nachfragerückgang leidenden Ölmärkte kräftig geflutet. Nun kommt die Rechnung für die Saudis.
Zwar fielen die Geschäftszahlen von Saudi Aramco, dem weltgrößten Ölkonzern und Quasi-Schatulle des Königreichs, im ersten Quartal noch glimpflich aus: Der Gewinnrückgang um ein Viertel auf 16,7 Milliarden Dollar ist gegenüber den westlichen Rivalen, die reihenweise in die roten Zahlen gerutscht sind, noch begrenzt, weil Aramcos Förderkosten die niedrigsten aller börsennotierten Ölkonzerne sind.
Doch das ist nur ein schwacher Trost, denn die heftigen Einbrüche durch Corona sind erst im zweiten Quartal zu erwarten. Im ersten Quartal war zunächst nur die asiatische Nachfrage nach Öl drastisch geschrumpft.
Das wissen auch die Machthaber in Riad. Anfang der Woche wurden drastische Steuererhöhungen und massive Ausgabenkürzungen verkündet, um den rapiden Anstieg des Haushaltsdefizits zu bremsen und zu verhindern, dass die Währungsreserven binnen drei Jahren aufgebraucht sind.
Die Ausgabenkürzungen aber gefährden die Finanzierung des dringend nötigen Umbaus des Landes weg vom Öl und hin zu modernen Technologien, Industrien und Dienstleistungen.
Saudi-Arabien ist systemrelevant für fragile Regionen
Zwar hat Saudi-Arabien im Ölpreiskrieg Russland und die USA zum Einlenken gezwungen, seine Macht als Ölgroßreich demonstriert und Marktanteile erobert. Aber das alles zu einem unverantwortbar hohen Preis. Vor allem für das Land, das in diesem Jahr der G20 vorsitzt, der Gruppe der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer.






Da hätte der Ölstaat mehr Verantwortung für das Gesamte übernehmen müssen, anstatt Marktegoismus auszuleben. Nun könnte man Häme verschütten über Riads ob dieses hohen Preises für diese Politik. Das sollte man aber aus zwei Gründen nicht: Saudi-Arabien ist als größte Volkswirtschaft und Vormacht des sunnitischen Islams extrem wichtig für die Stabilität in einer äußerst fragilen Region, quasi systemrelevant.
Der zweite Grund ist ein wirtschaftlicher, aus dem auch Deutschland kein Interesse an einem Absturz Saudi-Arabiens haben kann. Ein durch vernünftig hohe Ölpreise starkes Saudi-Arabien mit einem ambitionierten Modernisierungskurs ist ein wichtiger Nachfrager nach Technologien, Maschinen und Industrieprodukten.
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