Leserdebatte: Was bedeutet eine erneute Präsidentschaft von Donald Trump in den USA?

Nachdem Donald Trump zwei Vorwahlen für sich entschieden hat, scheint seine Präsidentschaftskandidatur so gut wie besiegelt. Im November könnte es auf ein erneutes Duell zwischen Amtsinhaber Joe Biden und Trump hinauslaufen.
Wir haben die Handelsblatt-Leserschaft gefragt, ob Trump noch aufzuhalten ist und worauf sich Deutschland und Europa im Falle einer Präsidentschaft einstellen müssten.
Donald Trump könnten nur noch „Gerichte stoppen“, meint ein Leser. Obwohl es zwar „hinlänglich analysiert“ sei, was für ein „Prolet“ Trump ist, werde „sich Europa nach der US-Wahlnacht genauso überrascht die Augen reiben wie vor acht Jahren“, vermutet ein weiterer Leser. Denn: Der ehemalige Präsident und Unternehmer stelle sich „pfiffig“ an, indem er die zahlreichen gegen ihn anhängigen Klagen für eigennützige „Propaganda-Wahlwerbung“ nutze, so ein anderer Leser.
Sollte Trump im November erneut zum Präsidenten gewählt werden, würde er sein Handeln an einem einzigen Ziel orientieren: „America first“ – das prognostizieren gleich mehrere Leser in ihren Zuschriften. Der Fokus der USA läge dann weniger auf internationalen Bündnissen und darauf, „Weltpolizei zu spielen“, wie es ein Leser bezeichnet, als vielmehr auf dem Ausbau der „eigenen globalen Vormachtstellung“ und der Verwirklichung „innerer Interessen“.
Auch würde der Handel mit den USA schwieriger, da Trump alles daransetzen werde, „die eigenen Produkte im Land leichter zu vermarkten“, fügt er hinzu.
Unter Trump würden die USA wohl zum unberechenbaren Partner, „das heißt, für alle ist alles möglich, etwa bei Nato, Ukraine oder Taiwan-Unterstützungsleistungen“, schreibt ein Leser. Für Europa bliebe dann nur eines: sich „seiner Verantwortung um seinen Platz in der Weltgemeinschaft“ klar zu werden, schlussfolgert ein Leser. Die EU müsse nun zusammenrücken und „eigene Stärken“ entwickeln, rät ein anderer Leser.
Für die aktuelle Ausgabe unseres Leserforums haben wir aus den unterschiedlichen Zuschriften eine Auswahl für Sie zusammengestellt.
Das Goldlöckchen aus New York
„Das wird wohl Realität, wenn Gerichte ihn nicht stoppen. Dann muss Europa sich seiner Verantwortung um seinen Platz in der Weltgemeinschaft mal klar werden und selbstbewusst handeln. Es ist ja so bequem, sich hinter Big Brother wegzuducken.
Das Goldlöckchen aus New York wird uns schon sagen, wo es dann langgeht. Wobei seine stundenlangen Redeeskapaden selbst von einer AI nicht analysiert werden können.“
Dirk Büttner
America first
„Die Zeit der europafreundlichen Politik und der Unterstützung der Ukraine durch die USA wird vorbei sein. ‚America first‛ ist dann Trump(f).“
Ina Stahl
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Deutschland sitzt am Katzentisch
„Jedem war klar, dass Herr Trump wieder antreten wird, aber die Politik hat wie immer in Deutschland und Europa die Augen vor der Realität verschlossen.
Nun, die Wahlthemen der USA weichen stark von unseren Problemen hier in Deutschland ab, und hierfür hat Trump ‚einfache‛ Lösungen ins Schaufenster gestellt. Deutschland ist nach dem Zweiten Weltkrieg noch immer nicht erwachsen geworden, sondern steckt immer noch in den Kinderschuhen, vor allem was die Verteidigung betrifft.
Trump wird kommen und uns zeigen, dass wir nur am Katzentisch sitzen. Aber dort fühlen wir uns schon seit fast 80 Jahren wohl.“
Stefan Schmidt
Stärkeres EU-Parlament
„‚Unberechenbarkeit der USA‛ ist der alles entscheidende Faktor unter Trump, egal ob aus faktischen oder Fake-Begründungen heraus – übrigens auch für die US-Amerikaner selbst.
Das heißt, für alle ist alles möglich, etwa bei Nato, Ukraine oder Taiwan-Unterstützungsleistungen – und mit allen denkbaren und undenkbaren Handlungsoptionen. In der Konsequenz sollte das für die gesamte EU bedeuten, Verteidigung, Außenpolitik, Finanzen et cetera zusammenzudenken und nicht in ‚Länder-Silos‛ sitzen zu bleiben.
In der Brüsseler Nato-Zentrale müsste die EU mit einer Stimme sprechen – wie auch in der Außen- und Finanzpolitik. Dazu bedürfte es eines gestärkten EU-Parlaments und einer schwächeren EU-Kommission.“
Michael Langenberger
Europa muss eigene Stärken entwickeln
„Wahrscheinlich wird sich Europa nach der US-Wahlnacht im November genauso überrascht die Augen reiben wie vor acht Jahren. Zwar ist hier hinlänglich analysiert, was für ein unappetitlicher, frauenfeindlicher, rassistischer Prolet Donald Trump ist.
Aber erneut verkennen wir völlig, wie weit das Personalangebot der Demokraten am Gros der amerikanischen Wähler vorbeigeht. Seinerzeit Hillary Clinton, unbeliebt und wahrgenommen als Vertreterin einer abgehobenen Bostoner Elite, jetzt der 81-jährige Joe Biden mit zweifelhafter Fitness und nahezu unsichtbarer ‚junger‛ Vizepräsidentin.
So oder so: Europa tut gut daran – vor allen Dingen handels- und sicherheitspolitisch –, eigene Stärke zu entwickeln.“
Mauritz Faenger-Montag
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Ohne die USA ist die Nato hilflos
„Trump wird weiterhin seine zahlreichen anhängigen Klagen nutzen, um kostenlose TV-Sendezeit für seine Propaganda-Wahlwerbung zu erschleichen. Pfiffig. Der greise Biden hat keine Chance gegen Lügen-Trump. Putin wird nach dem Sieg Trumps einen Griff nach den baltischen Staaten wagen. Ohne die USA ist die Nato hilflos!“
Martin Knepper
Keine Weltpolizei spielen
„So befremdlich es für den einen oder anderen klingen mag, können sich die EU und Deutschland auf weniger Truppeneinsätze einstellen – Trump setzt auf kein Bündnis, sondern nur auf die eigene globale Vormachtstellung. Trump stellt sein Land und dessen innere Interessen in den Fokus und möchte weniger die Weltpolizei spielen.
Das bedeutet allerdings auch, dass der Handel mit den USA schwieriger wird. Trump wird alles daransetzen, die eigenen Produkte im Land leichter zu vermarkten, und wo es geht versuchen, den Import zu erschweren.





Vielleicht gibt er dadurch Deutschland den Impuls, auch mal zuerst nach seinen eigenen Interessen zu schauen und sich nicht für die globalen Probleme verantwortlich zu fühlen. Egal was Trump machen wird, es ist America first, das sollte man nicht vergessen.“
Kristjan Rebrović
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Mehr: Was der richtige Umgang mit der AfD ist, darüber debattierte die Handelsblatt-Leserschaft in der vergangenen Woche.
Erstpublikation: 01.02.2024, 14:11 Uhr.





