Corona Sommerurlaub trotz Delta-Variante? Länder-Rufe nach schärferen Einreiseregeln bleiben ungehört
Berlin Auf Reisende kommen vorerst keine schärferen Corona-Regeln bei der Einreise oder Rückkehr nach Deutschland zu. Das ist das Ergebnis von Beratungen von Bund und Ländern vom Montag. Demnach soll die geltende Einreiseverordnung nicht kurzfristig geändert werden. Mehrere Ministerpräsidenten hatten schärfere Bestimmungen gefordert, um eine erneute Verschärfung der Corona-Lage zu verhindern.
Der Bund hatte sich nach dpa-Informationen für konkrete Vorschläge für eine verbesserte Einreiseverordnung offen gezeigt, es gab allerdings keine konkrete Einigung. Nur Mecklenburg-Vorpommern habe einen Vorschlag gemacht, demzufolge ab einer Sieben-Tage-Inzidenz von 50 in einer Region wieder eine fünftägige Mindestquarantäne eingeführt werden – ohne die derzeit mögliche Freitestung am ersten Tag. Diesem Vorschlag soll aber kein anderes Bundesland gefolgt sein.
Im Vorfeld hatte sich Berlins Bürgermeister Michael Müller (SPD) für schärfere Grenzkontrollen ausgesprochen. Auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) forderte klare Regeln. „Es war letztes Jahr schon das Problem, dass dies sehr spät gemacht wurde, als der Urlaub in den meisten Bundesländern vorbei war“, sagte er.
Es gehe dabei nicht darum, neue Testkapazitäten aufzubauen – diese seien anders als vor einem Jahr in ganz Deutschland gut vorhanden. Es müsse aber „fixiert“ werden, wie die vorhandenen Testpflichten auch kontrolliert würden. Zumindest bei Rückreisen müsse das Risiko eingeschleppter Infektionen minimiert werden.
Die Bundesregierung hatte erst am Wochenende Portugal und Russland zu sogenannten Virusvariantengebieten erklärt. Für Einreisende aus Ländern mit dieser Einstufung gilt eine zweiwöchige Quarantänepflicht.
Tui sagt Pauschalreisen nach Portugal ab
Die Entscheidung gilt ab Dienstag und sorgte bereits dafür, dass Touristen in den Ländern vorzeitig ihren Urlaub abbrachen und nach Deutschland zurückreisten. Der Reiseanbieter Tui sagte darüber hinaus alle Pauschalreisen nach Portugal bis Ende Juli ab. Die Gäste könnten kostenlos umbuchen, erklärte Tui Deutschland am Montag.
Der Unions-Vize Thorsten Frei (CDU) verteidigte die Einstufung als Virusvariantengebiet. „Solange nicht sicher geklärt ist, wie Geimpfte auf die Delta-Variante des Coronavirus reagieren, ob sie also zum Beispiel Überträger sind, ohne selbst krank zu werden, müssen wir so gut wie möglich verhindern, dass diese Variante jetzt in Massen in das Bundesgebiet eingeschleppt wird“, sagte er dem Handelsblatt.
Natürlich sei eine Quarantäne für jedermann eine erhebliche Einschränkung. „Wenn sie aber der Weg ist, um uns vor einer vierten Welle zu bewahren, müssen solche Mittel nicht nur eingesetzt, sondern auch bestmöglich durchgesetzt werden.“
Kritik an der Entscheidung kam unter anderem vom Deutschen Reiseverband, der sich für mehr regionale Differenzierung aussprach. „Es wäre wünschenswert, wenn die Verantwortlichen in der Politik zu einer regionaleren Betrachtungsweise übergehen könnten“, teilte der Verband der „Rheinischen Post“ mit. Insbesondere Madeira weise eine sehr niedrige Inzidenz auf. Wichtig seien klare und leicht verständliche Einreiseregeln.
Fehlende EU-Einheitlichkeit
Auch der Städte- und Gemeindebund lehnte strengere Regeln für Reiserückkehrer ab. „Wichtiger als eine Anpassung der Einreiseverordnung ist die Kontrolle der bestehenden Regelungen zur Einreiseanmeldung und Quarantäne“, sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg der Funke-Mediengruppe.
Die Debatte findet sowohl auf europäischer wie deutscher Ebene statt. Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hatten auf dem EU-Gipfel vergangene Woche vergeblich versucht, vor allem die vom Tourismus lebenden südlichen EU-Länder zu einem härteren Vorgehen gegen die Delta-Variante aufzufordern. Portugal etwa hatte keine Einreisebeschränkungen gegenüber Großbritannien. Wegen der fehlenden EU-Einheitlichkeit werden nun aber nationale deutsche Bestimmungen verschärft.
In Deutschland ist die Sieben-Tage-Inzidenz unterdessen weiter rückläufig. Trotz der sich auch hier ausbreitenden Delta-Variante registrierte das Robert Koch-Institut (RKI) einen Wert von 5,6. Der Wert gibt an, in wie vielen Fällen je 100.000 Einwohner in den vergangenen sieben Tagen Menschen positiv auf das Coronavirus getestet wurden. Es wurden 219 neue Positivtests gemeldet. Zuletzt waren mehr als 35 Prozent der Bevölkerung vollständig geimpft, über 53 Prozent haben zumindest eine erste Impfung erhalten.
Mit Agenturmaterial.
Mehr: Angst vor der Delta-Variante: Diese Einreiseregeln gelten weltweit
Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.