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Finanzpolitik Maßnahmenkatalog für die nächste Regierung: DIHK fordert große Steuerreform für Unternehmen

Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag fürchtet um die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft. DIHK-Präsident Adrian fordert ein Ende der hohen Belastungen für Unternehmen.
13.09.2021 - 13:37 Uhr Kommentieren
Die durchschnittliche Belastung für Unternehmen lag in Deutschland 2020 laut dem Bundeszentralamt für Steuern bei 30 Prozent. Quelle: imago images/Future Image
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Die durchschnittliche Belastung für Unternehmen lag in Deutschland 2020 laut dem Bundeszentralamt für Steuern bei 30 Prozent.

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Berlin Deutschland ist und bleibt Hochsteuerland. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) hält das für einen eklatanten Wettbewerbsnachteil und warnt vor der Abwanderung von Investoren. In einem Maßnahmenkatalog, der dem Handelsblatt vorliegt, schlägt die Dachorganisation der 79 Industrie- und Handelskammern der künftigen Bundesregierung nun einen Plan für eine grundsätzliche Reform vor.

„Unternehmen brauchen attraktivere Rahmenbedingungen, um wieder stärker zu investieren“, sagt DIHK-Präsident Peter Adrian. Die nächste Bundesregierung sollte nach vielen Jahren mit wenig Bewegung bei den Steuern „durch eine kluge Steuerpolitik für eine Aufbruchstimmung sorgen“.

Die durchschnittliche Belastung für Unternehmen lag in Deutschland 2020 laut dem Bundeszentralamt für Steuern bei 30 Prozent. Der EU-Schnitt beträgt knapp 20,7 Prozent. Nur Malta liegt mit 35 Prozent höher als Deutschland. Die USA kommen auf 26 Prozent, das Vereinigte Königreich auf 19 Prozent. An diesen Zahlen müsse sich auch Deutschland orientieren, fordert der DIHK.

Ein Weg dorthin soll neben der Körperschaftsteuer die Gewerbesteuer sein. Zuständig dafür sind die Kommunen, die ihre Hebesätze frei wählen können. Als Bemessungsgrundlage dient der Gewerbeertrag, der grundsätzlich auf dem Gewinn basiert, aber durch Hinzurechnungen oder Kürzungen angepasst wird.

Diese Sonderregelungen hält der DIHK für aus der Zeit gefallen, weil die Belastung stark schwanke und für Bürokratie sorge. Die Gewerbesteuer solle deshalb einer gewinnabhängigen Kommunalsteuer weichen.

Warnung vor Abwanderung von Unternehmen

Außerdem fordern die Interessenvertreter die dauerhafte Möglichkeit zu beschleunigten Abschreibungen von Investitionsgütern, die zur Stimulation der Wirtschaft während der Corona-Pandemie eingeführt worden war und zum Jahresende ausläuft.

Darüber hinaus erwartet der DIHK eine Reaktion auf die anhaltende Niedrigzinsphase. Die steuerlichen Abzinsungssätze von sechs Prozent für Pensionsrückstellungen und 5,5 Prozent für übrige Rückstellungen müssten gesenkt werden.

Zwar hat die amtierende Regierung Veränderungen in der Steuerpolitik angestoßen. Der Einstieg in die steuerliche Forschungsförderung gelang, Unternehmen können frei ihre Rechtsform für die Besteuerung wählen, und am Ende der Legislaturperiode setzte Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) eine globale Mindeststeuer durch. Doch trotz dieses Arbeitsnachweises fällt die Bilanz der Großen Koalition in der Steuerpolitik aus Sicht der Wirtschaft bestenfalls gemischt aus.

Die großen Schwachpunkte im Unternehmensteuerrecht sei die Politik nicht angegangen. Der Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), Michael Hüther, sagt: „Die Politik muss handeln, indem sie Deutschland für Investitionen attraktiver macht. Nach der Bundestagswahl muss die neue Regierung daher dringend auch eine Unternehmensteuerreform angehen.“

„Investitionen sind ein zentraler Baustein für nachhaltiges Wachstum. Viele Unternehmen zögern aber aktuell, in Anlagen und Maschinen zu investieren – und das nicht allein wegen Corona.“ Quelle: dpa
Peter Adrian

„Investitionen sind ein zentraler Baustein für nachhaltiges Wachstum. Viele Unternehmen zögern aber aktuell, in Anlagen und Maschinen zu investieren – und das nicht allein wegen Corona.“

(Foto: dpa)

Und bei den Dingen, die sie angegangen habe, sei sie zu zaghaft gewesen. Das gilt etwa für den Verlustrücktrag, also die steuerliche Verrechnung von aktuellen Verlusten mit Gewinnen aus der Vergangenheit. Die Politik hatte den Verlustrücktrag in der Krise von zwei auf maximal zehn Millionen Euro erhöht.

Im Angesicht der Belastungen durch die Coronakrise reiche das aber nicht aus, heißt es vom DIHK. Er fordert zudem eine Ausweitung des Verlustrücktrags von einem auf wenigstens drei Jahre. Ansonsten würden Betriebe, die durch die Krise nach 2020 auch 2021 Verluste machen würden, von den Entlastungen ausgeschlossen.

„Gerade die Steuer- und Finanzpolitik kann in dieser Situation einen wichtigen Beitrag leisten, die entstandene Investitionsblockade zu lösen“, sagt DIHK-Präsident Adrian. Eine kürzlich veröffentlichte Studie stützt diese These.

Das Ifo-Institut hat die Folgen einer Senkung der Unternehmensteuer von 30 auf 25 Prozent sowie eine Verkürzung des Zeitraums der steuerlichen Abschreibungen für Investitionen von zehn auf vier Jahre betrachtet. Eine Kombination aus beiden Reformen würde zwar kurzfristig das Steueraufkommen um 30 Milliarden Euro verringern.

Die Wirtschaftsleistung und der Konsum privater Haushalte wären aber nach einer Anpassungszeit um rund drei Prozent höher als ohne Reform. Die Beschäftigung würde um 1,4 Prozent und die Löhne würden um etwa vier Prozent steigen.

Ausgleichszahlungen für CO2-Kosten

Besonderen Handlungsbedarf sieht der DIHK bei den Energiepreisen. Die Unternehmensvertreter unterstützen die Bepreisung von CO2-Emissionen. Es sei der richtige Schritt, dass die Bundesregierung ein System für die Sektoren Wärme und Verkehr eingeführt habe.

Doch sie warnen vor den Belastungen für die Unternehmen. „Solange europäisch und international keine vergleichbaren Klimaschutzambitionen verfolgt und umgesetzt werden, bedarf es (…) der Entlastung von energieintensiven und im internationalen Wettbewerb stehenden Unternehmen“, heißt es im Maßnahmenkatalog.

Weiter steigende Strom- und Kraftstoffpreise würden dem Klima nicht helfen, wenn die Emissionen in andere Länder verlagert werden würden: „Zusätzliche Belastungen verschlechtern die Rahmenbedingungen am Standort Deutschland und können zu Produktionseinschränkungen führen.“

Deshalb müssten die deutschen Unternehmen an anderer Stelle entlastet werden. Vehikel als Ausgleich zur CO2-Bepreisung sieht der DIHK in der Umlage nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG-Umlage). Die Bundesregierung hat die Reduzierung der Umlage bereits beschlossen. Doch Experten halten diesen Schritt für nicht ausreichend.

Die Wirtschaftsweise Veronika Grimm kritisiert: „Die EEG-Umlage belastet nicht nur Unternehmen auf der Kostenseite, vor allem ist sie ein Bürokratiemonster.“ Der DIHK regt an, die EEG-Umlage über 2022 hinaus mit Mitteln aus dem Bundeshaushalt weiter zu senken und so rasch wie möglich vollständig darüber zu finanzieren.

DIHK fordert Beschleunigung der Verfahren

Zudem müsse die Stromsteuer schrittweise auf das europäische Mindestmaß gesenkt werden. Laut Statistischem Bundesamt zahlen die Deutschen europaweit die höchsten Strompreise. Die Hälfte des Preises besteht aus Steuern, Abgaben und Umlagen.

„Darüber hinaus haben die Unternehmen insbesondere in puncto Beschleunigung der Verfahren konkrete Erwartungen an die nächste Bundesregierung“, sagt Adrian. Der DIHK fordert daher die Verkürzung von Aufbewahrungsfristen, die Beschleunigung von Betriebsprüfungen, schnellere verbindliche Auskünfte der Finanzverwaltung und insgesamt eine Vereinfachung der Steuererhebung.

Inwieweit die Forderungen Gehör finden, dürfte entscheidend von der Zusammensetzung der neuen Bundesregierung abhängen. Während CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet beim TV-Triell am Sonntag erneut für Steuersenkungen plädierte, widersprachen seine Mitbewerber.

Es sei nicht mehr als ein Gerücht, dass Unternehmer aufgrund der hohen Steuerbelastung das Land verließen, sagte SPD-Kandidat Scholz. Laschet entgegnete, es sei für einen Finanzminister „eine erstaunliche Aussage“, dass es keinen internationalen Steuerwettbewerb gebe.

Mehr: Ifo-Institut: Niedrige Unternehmensteuern bringen Wachstum

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