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Klimaneutralität Norwegen buhlt um deutsches Kohlendioxid

Die ambitionierten Pläne Norwegens zur Speicherung von CO2 sind für energieintensive Unternehmen aus Deutschland interessant. Die Praxis ist jedoch nicht unumstritten.
16.03.2021 - 17:24 Uhr Kommentieren
Für die Stahl-, sowie die Zement- und Chemieindustrie kann die Speicherung von CO2 eine Chance sein. Quelle: dpa
Stahlindustrie

Für die Stahl-, sowie die Zement- und Chemieindustrie kann die Speicherung von CO2 eine Chance sein.

(Foto: dpa)

Berlin Norwegen treibt die unterirdische Speicherung von Kohlendioxid voran. Daraus ergeben sich Chancen für energieintensive Unternehmen aus Deutschland. „Wir haben den gesamten Prozess abgebildet und nachgewiesen, dass das Verfahren sicher, effizient und beherrschbar ist“, sagte die norwegische Energieministerin Tina Bru dem Handelsblatt.

In Norwegen befasst man sich seit Langem mit der Abscheidung und unterirdischen Speicherung von Kohlendioxid (Carbon Capture and Storage, kurz CCS). „Wir haben 25 Jahre Erfahrung mit der Speicherung von CO2“, sagte Bru. Es sei auf diesem Weg gelungen, die CO2-Emissionen entlang der gesamten Wertschöpfungskette im Öl- und Gasgeschäft massiv zu reduzieren.

Was in den 90er-Jahren in Norwegen im Öl- und Gasgeschäft begonnen hat, soll nun auf eine neue Basis gestellt werden. „Ziel ist es, der energieintensiven Industrie in Europa Speicherkapazitäten in Norwegen anzubieten und ihr damit die Möglichkeit zu eröffnen, ihre CO2-Emissionen zu reduzieren“, sagte Bru.

Das Angebot ist insbesondere für europäische Unternehmen aus der Stahl-, der Zement- und der Chemieindustrie interessant. Sie stehen unter wachsendem Druck, ihre CO2-Emissionen drastisch zu reduzieren, um dem Ziel der Klimaneutralität bis 2050 näherzukommen.

Ein Teil der Lösung besteht darin, massiv in klimaneutrale Technologien zu investieren, die auf dem Einsatz von klimaneutralem Wasserstoff basieren. Unter Fachleuten besteht allerdings kein Zweifel, dass ein Teil der CO2-Emissionen gespeichert werden muss. „CCS wird laut Weltklimarat und Internationaler Energie-Agentur notwendig sein, um die Klimaziele zu möglichst geringen Kosten zu erreichen“, sagte Bru.

Geteilte Meinungen über CCS

In Deutschland ist CCS jedoch umstritten. Umweltschützer warnen, im Falle von Leckagen könne es zu schädlichen Wirkungen auf das Grundwasser und den Boden kommen. Umweltschutzorganisationen in Norwegen sehen CCS dagegen als Teil der Lösung im Kampf gegen den Klimawandel an.

Dass die Abscheidung und unterirdische Speicherung von CO2 funktionieren, wollen die Norweger mit dem Projekt „Longship“, benannt nach Wikingerschiffen, unter Beweis stellen. „Longship wird ab 2024 in Betrieb gehen“, sagte Bru. Zunächst werde dort CO2 des norwegischen Zementunternehmens Norcem und eines Heizkraftwerks des Fortum-Konzerns gespeichert, sagte Bru. Norcem ist eine Tochter des deutschen Zementherstellers Heidelberg Cement. Fortum ist Mehrheitseigner des deutschen Uniper-Konzerns.

Das Projekt soll den Nukleus für eine komplette CCS-Infrastruktur von europaweiter Bedeutung bilden. „Weitere Partner können sich gern beteiligen“, sagte Bru. „Das Interesse an dem Projekt ist groß“, ergänzte sie. Das Unternehmen Northern Lights, das für den Transport- und Speicherteil von Longship verantwortlich ist, habe „eine Reihe von Absichtserklärungen mit interessierten Parteien unterzeichnet“, sagte Bru.

Tina Bru ist norwegische Energieministerin. Quelle: Hans Kristian Thorbjørnsen / Flickr.com
Tina Bru

Tina Bru ist norwegische Energieministerin.

(Foto: Hans Kristian Thorbjørnsen / Flickr.com)

In der Anfangsphase sollen nach den Worten der Ministerin jährlich 800.000 Tonnen CO2 aus den beiden Anlagen abgeschieden und gespeichert werden. Zu Beginn würden die Kosten für Abscheidung, Transport und Speicherung einer Tonne CO2 auf rund 130 Euro geschätzt, sagte sie. „Aber diese Kosten können in den folgenden Jahren deutlich gesenkt werden, wenn sich andere Industriepartner dazu entschließen, Speicherkapazitäten von Northern Lights zu kaufen. Wenn in großem Maßstab gearbeitet wird, sinken die Kosten“, sagte Bru.

Hinter Northern Lights stehen die Unternehmen Equinor, Shell und Total. Northern Lights wird flüssiges CO2 von Abscheidungsanlagen durch Pipelines zu einem Reservoir unter dem Meeresboden pumpen. Der norwegische Staat unterstützt den Aufbau der CCS-Infrastruktur.

Norwegen setzt außerdem darauf, Abnehmer in Europa mit blauem Wasserstoff zu versorgen. Blauer Wasserstoff wird auf Erdgasbasis hergestellt, das dabei frei werdende CO2 wird ebenfalls abgetrennt und unterirdisch gespeichert. Blauer Wasserstoff ist umstritten. Kritiker verweisen darauf, entlang der gesamten Prozesskette werde auch CO2 frei, das nicht gespeichert werde.

Auch blauer Wasserstoff soll eine Rolle spielen

Die Bundesregierung legte den Fokus in ihrer, im Juni vergangenen Jahres vorgestellten Wasserstoffstrategie auf grünen Wasserstoff, der mittels Strom aus erneuerbaren Quellen durch Elektrolyse hergestellt wird und klimaneutral ist.

Nach Überzeugung vieler Fachleute wird allerdings zumindest in einer Übergangsphase auch blauer Wasserstoff in Deutschland eine Rolle spielen, da der Markthochlauf für grünen Wasserstoff noch Jahre dauern wird. Um auf dem Weg zur Klimaneutralität dennoch voran zu kommen, könnte blauer Wasserstoff eingesetzt werden, etwa in Hochöfen oder in der Chemieindustrie.

Darauf setzten auch die Norweger. „Beim Wasserstoff müssen wir uns darauf konzentrieren, wie wir die CO2-Emissionen reduzieren können. Das muss im Mittelpunkt unserer Überlegungen stehen. Blauer und grüner Wasserstoff können dabei eine gleichermaßen wichtige Rolle spielen“, sagte Bru.

Mehr: Aus diesen Ländern könnte Deutschland künftig Wasserstoff beziehen

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