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Steuerwettbewerb Wie die Schweiz trotz Mindestbesteuerung für Unternehmen attraktiv bleiben will

Die globale Mindestbesteuerung erschwert den Steuerwettbewerb für die Schweiz. Doch schon jetzt zeichnet sich ab, wie Niedrigsteuerkantone Firmen halten wollen.
23.07.2021 - 04:03 Uhr Kommentieren
Die Einführung einer globalen Mindeststeuer erschwert den Steuerwettbewerb für die Schweiz. Die sucht schon wieder nach Schlupflöchern. Quelle: Getty Images; Per-Anders Pettersson
Niedrigsteuer-Kanton Zug

Die Einführung einer globalen Mindeststeuer erschwert den Steuerwettbewerb für die Schweiz. Die sucht schon wieder nach Schlupflöchern.

(Foto: Getty Images; Per-Anders Pettersson)

Zürich Ueli Maurer war nicht nach Applaus zumute: Der für Finanzen zuständige Schweizer Bundesrat verriet kürzlich, die Einigung der G20 auf eine globale Mindestbesteuerung sei für ihn kein Grund zu überschwänglicher Freude gewesen. „Ich habe nicht mitgeklatscht“, sagte der Politiker der rechtskonservativen SVP mit Blick auf seine feiernden Amtskollegen beim Gipfeltreffen der G20 in Venedig. Die Schweiz trägt den historischen Steuerkompromiss mit – zähneknirschend.

Dass die Schweiz anders als etwa Irland oder Estland der Mindestbesteuerung zugestimmt hat, begründet Maurer damit, dass sich der Beschluss ohnehin nicht verhindern lasse. Allerdings steckt das Land sowieso mitten in der Umsetzung einer umfassenden Unternehmensteuerreform.

Erstmals für das Steuerjahr 2020 fällt das Steuerprivileg für sogenannte Statusgesellschaften in der Schweiz weg, das sind Firmenholdings mit einem hohen Anteil an Umsätzen im Ausland. Es sorgte dafür, dass Unternehmen in einzelnen Kantonen, etwa in Zug, deutlich weniger als zehn Prozent Steuern zahlten. Die Schweiz hatte das Privileg 2018 abgeschafft, um nicht auf der Schwarzen Liste der Steueroasen zu landen.

Nun droht vielen Firmen ein deutlicher Anstieg der Steuerlast. Um den Übergang abzufedern, kommen viele Kantone den Unternehmen entgegen. Ihre Methoden sind ein Indiz dafür, wie die Schweiz auch nach der Einführung der Mindestbesteuerung ab 2023 für Firmen attraktiv bleiben will.

So sieht das neue Schweizer Steuergesetz eine sogenannte Patentbox vor: Unternehmen können ihre Patente in eine eigene Struktur einbringen – die Gewinne, die mit diesen Patenten erwirtschaftet werden, können dann zu einem geringeren Satz versteuert werden. Mit dieser Möglichkeit könnten Firmen auch ab 2023 versuchen, die Bemessungsgrundlage für die Steuer und somit die Steuerlast zu senken.

Schweiz profitiert von Ausnahmeregeln

Stefan Wigger, Leiter Recht und Steuern bei der Steuerberatungsgesellschaft Balmer-Etienne in Zürich, erhält bereits heute regelmäßig Anfragen von Unternehmen – auch aus Deutschland. Doch Wigger dämpft die Erwartungen: „Die Hürden sind relativ hoch. Der Eintritt in eine Patentbox kann sehr teuer sein.“

Die Unternehmen müssen detailliert aufschlüsseln, welcher Teil ihres Gewinns aus den einzelnen Patenten stammt. Für ein Biotech-Start-up mit wenigen, neu eingetragenen Patenten mag das noch einfach möglich sein. Für einen Konzern mit einer Vielzahl älterer Patente kann der Aufwand jedoch extrem hoch werden, warnt Steuerexperte Wigger. In der Praxis sei die Diskussion mit vielen Firmen aus dem Ausland, ob sich der Aufwand lohne, relativ schnell vorbei, berichtet er.

Hinzu kommt, dass der Spielraum für Gesellschaften aus dem Ausland, den Gewinn und damit die Steuerlast durch die Patentbox zu senken, nicht unbegrenzt groß ist: Im Schnitt lassen sich Experten zufolge meist höchstens 30 Prozent der Gewinne ermäßigt besteuern. Denn Deutschland und viele andere europäische Länder haben mithilfe sogenannter „Lizenzschranken“ die Möglichkeiten begrenzt, über Lizenz- oder Patenteinnahmen Gewinne in Niedrigsteuerländer zu verschieben.

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Eine alternative Möglichkeit, die Steuerlast zu senken, ist der im Schweizer Steuergesetz vorgesehene Sonderabzug für Forschung und Entwicklung. Allerdings muss das Unternehmen dafür in der Schweiz eine Forschungsabteilung haben. Eine Präsentation der Wirtschaftskammer des Kantons Zug zeigt auf, welche Ausgaben abzugsfähig sind – und welche nicht. Die Durchführung von Experimenten können sich Unternehmen anrechnen lassen – den Betrieb einer Kantine für das Forschungsteam nicht.

Entgegenkommen bei Umweltabgaben

Darüber hinaus diskutiert die Schweizer Politik, den Unternehmen bei anderen Abgaben entgegenzukommen, etwa bei Umweltabgaben. Derzeit arbeitet das eidgenössische Finanzdepartement zusammen mit den Kantonen an einem Reformpaket zur Sicherung des Wirtschaftsstandorts. Es soll Anfang 2022 vorliegen. Der Wirtschaftsverband Economiesuisse fordert: „Sobald die Details des neuen ‚Welt-Steuer-Regimes‘ bekannt sind, muss die Schweizer Politik rasch die notwendigen Weichen dafür stellen.“ Die OECD-Staaten wollen im Herbst die Details des Steuerkompromisses festzurren.

Zwar profitiert die Schweiz davon, dass zwei für das Land wichtige Branchen von der sogenannten Säule eins des Kompromisses ausgenommen sind, welche die Verteilung von Steuern von hochprofitablen Konzernen regelt: die Finanzindustrie und die Rohstoffbranche. Um die Mindestbesteuerung kommen auch die Banken und Rohstoffriesen nicht herum.

Der Finanzen-Bundesrat Maurer sagte daher dem Schweizer Fernsehen kürzlich, er nehme an, dass die Steuerbelastung für viele Firmen steigen werde. Dass sich der SVP-Politiker damit abgefunden hat, setzt ihn nun parteiintern unter Druck. Der Publizist und SVP-Nationalrat Roger Köppel höhnte Medienberichten zufolge: „Wir sollten diesem Finanzminister einen Nobelpreis für mutigen Widerstand verleihen. Wilhelm Tell wäre stolz auf seinen Ueli.“ Schon wird Maurer innerhalb seiner Partei mit der ehemaligen SVP-Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf verglichen, die als Wegbereiterin für die Abschaffung des Bankgeheimnisses gilt.

Mehr: Angst vor der Vermögensteuer: Der neue Run auf Stiftungen in Liechtenstein.

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