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Arno Antlitz im Interview VW-Finanzchef zum Chipmangel: „Die Sichtbarkeit auf die weitere Entwicklung bleibt eingeschränkt“

Der Autobauer hat ein glänzendes erstes Halbjahr hinter sich, bleibt für den Rest des Jahres aber vorsichtig. VW-Finanzvorstand Antlitz erklärt die Gründe.
29.07.2021 - 18:12 Uhr Kommentieren
Der 51-Jährige leitet seit dem Frühjahr im Volkswagen-Konzernvorstand das Finanzressort. Auf demselben Posten arbeitete er zuvor bei Audi und bei der Kernmarke Volkswagen Pkw. Quelle: Bloomberg
Arno Antlitz

Der 51-Jährige leitet seit dem Frühjahr im Volkswagen-Konzernvorstand das Finanzressort. Auf demselben Posten arbeitete er zuvor bei Audi und bei der Kernmarke Volkswagen Pkw.

(Foto: Bloomberg)

Düsseldorf Wegen des akuten Chipmangels bleibt Volkswagen trotz des glänzenden Halbjahresergebnisses für den Rest des Jahres 2021 vorsichtig. „Die Aussicht auf die weitere Entwicklung des Jahres bleibt wegen der Halbleiter-Situation eingeschränkt“, sagte Finanzvorstand Arno Antlitz im Gespräch mit dem Handelsblatt.

Der VW-Konzern konnte in den ersten sechs Monaten wegen fehlender Halbleiter mehrere 100.000 Fahrzeuge nicht produzieren, hat seinen Ertrag aber trotzdem deutlich gesteigert. Antlitz begründete diese Entwicklung mit einer höheren Nachfrage nach Premiumfahrzeugen. „Außerdem haben wir die knappen Halbleiter auch teilweise nach der Rendite gesteuert“, ergänzte der Vorstand.

Volkswagen werde auch in Zukunft nach diesem neuen Effizienzdenken verfahren. „Wir wollen die Disziplin bei der Marge beibehalten, schließlich haben wir ganz hervorragende Produkte“, so Antlitz weiter.

Zu einem möglichen Börsengang von Porsche äußerte sich Antlitz vorsichtig. Er ließ aber durchblicken, dass ein solcher Schritt im Moment eher unwahrscheinlich ist. „Wir wollen die Transformation aus eigener Kraft finanzieren, dabei spielt Porsche eine wichtige Rolle“, sagt der VW-Finanzvorstand.

Lesen Sie hier das gesamte Interview:

Herr Antlitz, der VW-Konzern hat jetzt eine operative Rendite von 8,8 Prozent erreicht. Für das gesamte Jahr erwarten Sie nur maximal 7,5 Prozent. Sind Sie so vorsichtig wegen des Chipmangels?
Das sind zwei Aspekte. Es gibt eine gewisse Saisonalität in unserem Geschäft: Das dritte Quartal ist typischerweise etwas schwächer wegen der Sommerpause. Es ist aber auch richtig, dass wir durch die Halbleiter-Thematik eine höhere Beeinträchtigung im dritten Quartal erwarten. Trotzdem werden wir versuchen, die ausgefallene Produktion so weit wie möglich aufzuholen. Deshalb haben wir unseren Margenkorridor dann doch um 0,5 auf bis zu 7,5 Prozent angehoben. Die Sichtbarkeit auf die weitere Entwicklung des Jahres bleibt wegen der Halbleiter-Situation eingeschränkt.

Sie konnten wegen des Chipmangels mehrere Hunderttausend Autos nicht bauen. Trotzdem steigt der Gewinn. Wie geht das?
Wir hatten in der Tat ein sehr gutes Ergebnis im ersten Halbjahr. Nicht produzierte Fahrzeuge sind nicht gleichzusetzen mit nicht verkauften Fahrzeugen. Im ersten Halbjahr konnten wir die Auswirkungen mit Verkäufen aus dem Lager reduzieren. Zudem ist uns eine Sache bisher gut gelungen: Wir haben die Margen pro Auto entscheidend verbessert. Zum einen gab es insgesamt eine höhere Nachfrage nach margenstärkeren Fahrzeugen insbesondere im Premiumbereich, und wir haben die knappen Halbleiter teilweise auch nach der Rendite gesteuert. Andererseits haben wir erfolgreich an den Kosten gearbeitet und sehen eine gute Entwicklung bei unserer Financial-Services-Tochter. Das sind entscheidende Faktoren dafür gewesen.

Der Chipmangel hat die Autohersteller zu einem neuen Effizienzdenken gezwungen. Wird das dauerhaft so bleiben?
Ich kann nur für uns im Volkswagen-Konzern sprechen. Wir werden versuchen, dieses höhere Margenniveau zu halten. Das gilt auch dann, wenn sich die Versorgungssituation bei Chips stabilisiert hat und wenn sich auch unsere Läger wieder gefüllt haben. Wir wollen die Disziplin bei der Marge beibehalten, schließlich haben wir ganz hervorragende Produkte.

Führt das zu einer Verschiebung innerhalb des Konzernportfolios: Weg von den Massenmarken wie Skoda und VW und hin zu Porsche und Audi?
Nein, das kann man so nicht sagen. Diese Bewegung hin zu margenstärkeren Autos kann man innerhalb jeder einzelnen Marke sehen, etwa auch bei Volkswagen Pkw. Skoda und die anderen Volumenmarken haben sich ebenfalls gut entwickelt – und damit konnte der Halbleiter-Effekt kompensiert werden. Allerdings sehen wir auch, dass sich der Premiummarkt insgesamt etwas stärker entwickelt.

Kann eine Konsequenz aus der aktuellen Entwicklung sein, dass Sie bei den reinen Absatzzahlen künftig weniger Wachstum anstreben werden?
Wir haben schon vor längerer Zeit gesagt, dass unser Fokus nicht auf der Volumenführerschaft liegt. Unser Fokus ist die Qualität unseres Geschäfts, das heißt Ertrag und natürlich zuallererst zufriedene Kunden. Diesen Weg werden wir konsequent weitergehen.

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Sie bleiben dann in den kommenden Jahren vielleicht bei zehn oder elf Millionen jährlich verkauften Autos stehen und legen nicht mehr zu?
Wir wollen schon mit dem gesamten Markt mitwachsen, das ist klar. Aber wie gesagt, der Fokus liegt dabei auf der Kundenzufriedenheit und der Ertragskraft.

Volkswagen will sich auch zum Mobilitätsanbieter wandeln. Diese neuen Dienste könnten doch auch die klassische Autoproduktion ersetzen?
Mobilitätslösungen sind ein wichtiger Teil unserer neuen Strategie. Sie werden ein entscheidender Bestandteil unseres künftigen Geschäfts sein. Dabei hilft uns auch die geplante Übernahme von Europcar, mit der wir den Aufbau dieses Bereichs deutlich beschleunigen können. Unsere neue Mobilitätsplattform soll natürlich auch positive Ergebnisse erwirtschaften.

Sie sprechen häufig von Kostendisziplin. Wo wollen Sie sparen?
Wir haben die große Transformation hin zur Elektromobilität und Digitalisierung vor Augen, die wir natürlich stemmen müssen. Diesen Wandel wollen wir aus eigener Kraft finanzieren. Dazu gehören auch unsere Kostenprogramme: Die Fixkosten wollen wir bis zum Jahr 2023 um fünf Prozent reduzieren; ebenfalls bis 2023 senken wir die Kosten im Einkauf um sieben Prozent. In diesem Jahr haben wir schon gute Fortschritte erreicht. Wir finanzieren mit diesen Programmen gewissermaßen unsere Zukunft.

Im Einkauf sind Sie bei den Rohstoffkosten erheblichen Preissteigerungen ausgesetzt. Erreichen Sie Ihre Ziele noch?
Es wird immer solche Gegenläufer geben. Mit Hedging und länger laufenden Verträgen wie etwa beim Aluminium kann man die Auswirkungen solcher Preissteigerungen reduzieren. Die hohen Preiserhöhungen beim Stahl und anderen Rohstoffen können wir dennoch nicht vollständig kompensieren. Wir arbeiten mit Effizienzmaßnahmen bestmöglich dagegen, aber vielleicht müssen wir in letzter Konsequenz die Preiserhöhungen auf der Rohstoffseite auch teilweise weitergeben. Oberstes Ziel bleibt jedoch, dass wir diese Gegenläufer intern kompensieren.

Fixkosten-Programme betreffen immer auch das Personal. Wollen Sie zusätzliche Stellen streichen?
Wir sind mitten in der Transformation und haben dafür schon vor geraumer Zeit Personalprogramme beschlossen. Da geht es einerseits um Verschlankung, aber andererseits auch um Beschäftigungsaufbau, gerade in neuen Geschäftsfeldern wie Batterien und Software. Unsere Ziele bei den Fixkosten werden wir mit diesen bekannten Programmen erreichen können. Dabei spielt die Altersteilzeit eine ganz wesentliche Rolle, der Stellenabbau verläuft entlang der demografischen Kurve.

„Keine neuen Programme beim Thema Personal geplant“

Es wird also keine neuen Programme zum Stellenabbau geben?
Aus heutiger Sicht nicht. Die eine oder andere Maßnahme könnte vielleicht zeitlich vorgezogen werden müssen. Aber es sind keine neuen Programme beim Thema Personal geplant.

Sie wollen den Konzernumbau über den aktuellen Cashflow und damit aus dem heutigen Verbrennergeschäft finanzieren. Wird das wirklich reichen, um die nötigen Milliardenbeträge aufbringen zu können?
Wir haben eine wirklich gute Chance. Der von uns bei den Verbrennern eingesetzte MQB-Baukasten ist investiert, verursacht also nur noch geringe Belastungen. Diese Plattform besitzt außerdem eine hohe Flexibilität und sehr viel Produktsubstanz. Darauf entstehen sehr wettbewerbsfähige Autos, die wir gut verkaufen können. Damit lassen sich die erforderlichen Cashflows generieren.

Aber noch einmal gefragt: Werden diese Cashflows wirklich reichen für all die neuen Batteriefabriken und die milliardenschwere Softwareentwicklung?
Unser erstes Halbjahr 2021 unterstreicht doch, dass wir damit gut unterwegs sind. Andererseits ist auch klar, dass wir bei der anstehenden Transformation nicht alles selbst finanzieren wollen. Beispiel Zellproduktion: Wir arbeiten mit Partnern zusammen, was unsere eigenen Investitionen reduziert. Auch Europcar wollen wir nicht allein übernehmen, da sind ebenfalls Partner dabei. Diese Beispiele weisen den Weg in die Zukunft: Wir werden zunehmend mit starken Partnern zusammenarbeiten. Neben dem finanziellen Aspekt spielen dabei aber auch deren Kompetenzen eine wichtige Rolle, die sie in die Projekte einbringen.

Wird es vielleicht auch hin und wieder einen Börsengang geben? Bei Argo AI, Ihrer gemeinsam mit Ford geführten US-Tochter für das autonome Fahren, gibt es entsprechende Überlegungen.
Argo AI und Ford sind auch ein gutes Beispiel dafür, wie man mit Partnern kooperiert und gemeinsam neue Kompetenzen aufbaut.

Immer wieder wird über einen Börsengang von Porsche spekuliert. Das ist dann die Sparbüchse, falls Volkswagen einmal sehr viel Geld brauchen sollte?
Wir wollen die Transformation aus eigener Kraft finanzieren, dabei spielt Porsche eine wichtige Rolle. Das würde ich gern so stehen lassen.

Herr Antlitz, vielen Dank für das Interview.

Mehr: VW kennt keine Krise: Autohersteller schreibt Rekordzahlen und erhöht Renditeziele.

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