Automesse Autobauer feiern IAA-Mobility als großen Erfolg – Experte sieht dagegen Schwächen

Statt klassischer Autoshow hat sich die Messe zu einer innovativen Mobilitätsmesse gewandelt.
München Automessen haben in den vergangenen Jahren viel von ihrem einstigen Glanz verloren. Die wichtigste Branchenschau, die Internationale Automobilausstellung (IAA), endete vor zwei Jahren sogar in einem Debakel. Damals überschatteten wilde Proteste von Klimaschützern und der Rücktritt des obersten Autolobbyisten, VDA-Präsident Bernhard Mattes, die Veranstaltung. Die Folge: Das Besucherminus lag damals bei fast einem Drittel. Lediglich 562.000 Tickets wurden 2019 verkauft.
Um die Leitmesse der heimischen Schlüsselindustrie zu retten, hat der Verband der Automobilindustrie (VDA) daher ein komplett neues Konzept ersonnen, das eher so etwas wie einem Volksfest der Mobilität gleicht als einer schnöden Messe. Vergangene Woche feierte diese neue IAA Mobility ihre Premiere in München. Die Branche spricht von einem großen Erfolg. Schließlich konnten trotz Corona-Auflagen 400.000 Besucher in die bayerische Landeshauptstadt gelockt werden.
„Wir haben einen mutigen Schritt gemacht und wurden von den Besucherinnen und Besuchern belohnt“, sagte VDA-Präsidentin Hildegard Müller: „400.000 Teilnehmer in nur sechs Tagen sind eine deutliche Abstimmung mit den Füßen.“
Ihr Verband hat die Veranstaltung gemeinsam mit der Messe München ausgetragen. Die Idee dabei war, unterschiedlichste Verkehrsträger zusammenzubringen – vom Pkw über das Fahrrad bis hin zu E-Scootern und dem öffentlichen Personennahverkehr. Zu den 774 Ausstellern zählten folglich auch 75 Fahrradmarken und 78 Start-ups.
Daimler-Chef Källenius: „Klares Signal für den Wandel der Branche“
Darüber hinaus präsentierten Premiumhersteller wie Daimler oder BMW ihre Produkte nicht nur in den Messehallen, sondern auch an einigen der belebtesten Plätze in der Münchener Innenstadt. Die unterschiedlichen Veranstaltungsorte wurden über die sogenannten „Blue Lane“, einer Art Umweltspur, miteinander verbunden. Hier konnten Interessierte auch mehr als 250 Fahrzeuge selbst testen. Dieses Angebot wurde gut angenommen, sagen die Veranstalter.
Es habe eine große Offenheit und Neugier für neue Antriebe gegeben, aber auch für Themen wie Digitalisierung oder autonomes Fahren, erklärte VDA-Präsidentin Müller. „Die Stände waren bis an die Obergrenze gefüllt, die Straßen voll.“ An manchen Orten habe der Zugang wegen Überfüllung sogar limitiert werden müssen.
Auch Daimler-Chef Ola Källenius äußerte sich zufrieden. „Der Ansatz, die Messe in die Stadt hineinzutragen, war absolut richtig“, erklärte der Mercedes-Frontmann. Die IAA in München sei „ein klares Signal für den Wandel der Branche: eine neue Messe mit neuem Konzept in einer neuen Stadt – und endlich auch wieder mit Gästen vor Ort“, so Källenius.
BMW zog ebenfalls ein „positives Fazit“. Man habe viele gute Gespräche geführt. Nur die Autobahnblockaden von Umweltaktivisten und andere „destruktive Aktionen sind schade, aus unserer Sicht wenig sinnstiftend und verzerren das gute Gesamtbild“, betonte der Dax-Konzern. Mancher Skeptiker ist freilich weniger angetan von der neuen IAA gewesen.
„Noch lange nicht grün“
Während in der Innenstadt viele Interessierte zugegen gewesen wären, habe in den Messehalten teils „gespenstische Ruhe“ geherrscht, konstatiert ein hochrangiger Manager. Anstatt die Fahrräder und E-Bikes zusammen mit den Pkw zu präsentieren, habe man die Zweiräder separiert und in die hinteren Messehallen verbannt. Das erhoffte Miteinander der Fortbewegungsmittel glich dadurch eher einem alibihaften Nebeneinander, so der Branchenvertreter.
Auch Ferdinand Dudenhöffer spart nicht mit Kritik. „Ein E-Bike neben ein Auto zu stellen, macht das Auto noch lange nicht grün“, erklärte der Leiter des Center Automotive Research (CAR). Der langjährige Branchenbeobachter fragt sich zudem, wie viele Besucher tatsächlich auf den Messeständen waren. Eine genaue Auflistung dazu hat der VDA bisher nicht veröffentlicht. Die 400.000 genannten Besucher umfassen sowohl all jene Menschen, die ein Ticket für die Messe gekauft hatten, als auch jene, die ohne Ticket bei den Ständen der Aussteller in der Innenstadt zugegen waren.
Große Fahrzeughersteller wie Toyota oder der Opel-Mutterkonzern Stellantis blieben der Veranstaltung zudem gänzlich fern. „Eine weitere Konzept-Schwäche war, dass die Autoindustrie sich als Sprecher für Mobilität darstellen wollte“, meint Dudenhöffer. „Daher sind die großen Protestbilder im Kopf hängen geblieben.“ Der CAR-Direktor empfiehlt dem VDA, das Konzept noch mal gründlich zu überarbeiten. „Ansonsten kann man sich eine IAA-Zukunft nur sehr schwer vorstellen“, schlussfolgert Dudenhöffer.
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