Auktionsnachbericht: New Yorker „Old Masters“ – Auktionshäuser vorsichtig optimistisch

New York. Noch einmal demonstrierte eine junge Absolventin des New England Conservatory die Klangschönheit der vom legendären Antonio Stradivari 1714 in Cremona gebauten Geige. Johann Sebastian Bachs Violinsonate No. 3 sollte das Publikum in Sotheby’s riesigem New Yorker Auktionssaal auf die Versteigerung der Joachim-Ma-Stradivari, benannt nach den letzten prominenten Besitzern, einstimmen.
Aber trotz begeisterten Applauses verfehlten die erzielten 11,3 Millionen Dollar brutto den unteren Schätzpreis von zwölf Millionen Dollar netto. Nur ein Bieter, wahrscheinlich der Garantiegeber, hatte sich gemeldet. Damit bleibt der 2011 gesetzte Auktionsrekord von 15,9 Millionen Dollar für eine Stradivari-Geige, die „Lady Blunt“ von 1721, unangetastet. Den setzte der auf Streichinstrumente spezialisierte New Yorker Versteigerer Tarisio.
In der New Yorker „Old Masters“-Woche vom 4. bis 9. Februar wurden auch Antiken, Möbel, Skulpturen, Teppiche, Kunstgewerbe und sogar der eine oder andere Sport-Fanartikel verteilt. Aber sie ist immer noch der wichtigste Termin des Jahres für internationale Händler und Sammler von Gemälden und Zeichnungen Alter Meister in der Stadt.
13 Werke überstiegen die Millionenmarke
Zwar fehlten auch in dieser Runde die Trophäen. Aber Marktführer Sotheby’s und auch Christie’s übertrafen dennoch ihre Ergebnisse des Vorjahrs. Christie’s erzielte mit „Old Masters“ am 5. Februar 24,5 Millionen Dollar, im Januar 2024 waren es nur 13,8 Millionen Dollar gewesen. Sotheby’s Auktion „Master Paintings I“ brachte am folgenden Tag trotz einer mageren Zuschlagsrate von 59,2 Prozent 27,5 Millionen Dollar ein – 6,5 Millionen mehr als vor einem Jahr.
Insgesamt überstiegen in beiden Versteigerungen 13 Lose die Millionenmarke. Sotheby’s setzte acht Rekorde. „Außergewöhnliche Werke mit starker Provenienz entfachten heftige Bieterwettkämpfe für eine breite Palette von Werken“, so Christopher Apostle, Sotheby’s International Head of Old Masters.
Der soeben veröffentlichte „Old Masters Auction Market 2024“-Report der Londoner Firma Arttactic beschreibt vorsichtig optimistisch eine positivere Konsumentenstimmung. Der seit 2022 stetig gefallene Auktionsumsatz im Alte-Meister-Segment verzeichnete vor allem wegen fehlender Topwerke auch im Jahr 2024 nochmals einen Rückgang von 44,1 Prozent.

Leider musste El Grecos um 1600 entstandene dramatische Komposition des gemarterten Heiligen Sebastian, für die Christie’s am 5. Februar sieben bis neun Millionen Dollar erwartet hatte, kurzfristig aufgrund eines Eigentumsstreits zurückgezogen werden. Rumänische Medien berichteten, dass die rumänische Regierung ihren Anspruch vor einem Pariser Gericht einklagen will.
Bedeutende Namen bestätigten bei beiden Häusern ihre Zugkraft: Eine locker angelegte Skizze für das große Altarbild einer „Verkündigung“ von Peter Paul Rubens – heute im Rubenshuis in Antwerpen – wurde bei Sotheby’s zur unteren Taxe bei 4,8 Millionen Dollar brutto weitergereicht. Der europäische Einlieferer hatte sie 2014 in London zu 3,2 Millionen Pfund brutto ersteigert.

Auch ein frühes Werk des nur selten angebotenen berühmten Malers Raffael hatte bei Sotheby’s einen Auftritt. Das 38 auf 15 Zentimeter messende Holztäfelchen mit der Darstellung der Heiligen Maria Magdalena als Büßerin war ursprünglich Teil eines dreiflügeligen Reisealtars. Bereits durch ein unwiderrufliches Gebot abgesichert, animierte das Bildchen im Saal vier Bieter bis zu taxgerechten 3,1 Millionen Dollar, immerhin dritthöchster Auktionspreis für den Künstler.
Von amerikanischen Museen veräußerte Werke lassen sich stets gut absetzen. Über Sotheby’s versteigerte das 1963 von den Wiener Immigranten John und Johanna Bass in Miami Beach gegründete Bass Museum fünf Gemälde. Allein 660.000 Dollar, weit über der Höchstbewertung von 150.000 Dollar, trug die um 1500 entstandene „Mystische Vermählung der Heiligen Katharina von Alexandrien“ aus der Werkstatt Sandro Botticellis zum Ankaufsfonds bei.
Christie’s setzte wiederum auf die Provenienz „Museum of Fine Arts, Boston“. Sieben Gemälde, sämtliche von guter Qualität und manche seit kurz nach 1900 in der Sammlung, bewiesen jedoch einmal mehr, dass sich das niederländische Goldene Zeitalter heute schwieriger verkaufen lässt. Pieter Claesz’ „Prunkstillleben mit Römerglas und Austern“ bezirzte immerhin vier Bieter bis zu 441.000 Dollar brutto. Die obere Erwartung hatte bei nur 250.000 Dollar netto gelegen.

An die Spitze von Christie’s Top Ten setzte sich mit zwei Millionen Dollar, die Taxe hatte bei höchstens 1,5 Millionen Dollar gelegen, Joachim Wtewaels manieristische paradiesische Szene mit dem Sündenfall. Um das seit 1993 in einer Privatsammlung bewahrte Bild stritten sich zwei Bieter.
Weiterhin beliebt, auch bei Sammlern zeitgenössischer Kunst, sind Werke von Lucas Cranach dem Älteren. Sowohl Christie’s als auch Sotheby’s boten je ein Exemplar des häufig von ihm variierten Themas „Hercules und Omphale“ an. Christie’s frühe Variante des Helden in Frauenkleidern von 1532 wurde taxgerecht zu 1,86 Millionen Dollar weitergegeben. Der Einlieferer hatte das Werk 2000 über Bernheimer Fine Old Masters in München erworben.
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