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KriegsverlustGlückliches Ende für eine Rubens-Skizze

Eine Ölstudie des Barockmalers kehrt nach Gotha zurück. Christie’s riet einem klammen US-Museum zum Privatverkauf. Möglich machte die Rückführung die Ernst-von-Siemens-Stiftung.Susanne Schreiber 25.06.2024 - 12:47 Uhr
Die bewegte Skizze vom Sieg des Glaubens über den Unglauben kehrt aus den USA zurück nach Gotha. Foto: Christie's

Düsseldorf. Viel Dramatik steckt in der kleinen Ölskizze von Peter Paul Rubens. In extremer Untersicht bauscht sich das Gewand des „Heiligen Gregor“ theatralisch auf. Der glaubensfeste Kirchenvater stößt eine windige teuflische Figur, den Ketzer, mit dem Bischofsstab rückwärts in den Abgrund.

Dramatisch ist auch die Geschichte des Gemäldes, das 1621 einer Deckenmalerei für die Antwerpener Kirche Carolus Borromeus vorausging. Die Kirche brannte aus, das Feuer zerstörte die Deckenmalerei. Irgendwann gelangte die expressive Studie mit vier weiteren aus Rubens’ Heiligenzyklus in den Besitz der Herzöge von Sachsen-Coburg und Gotha.

Der Zyklus mit den fünf Heiligen in Untersicht wurde in den prachtvollen Räumen der Herzöge in Gotha ausgestellt. In den Wirren des Zweiten Weltkriegs und der deutschen Teilung beschlagnahmte die Rote Armee zwei der fünf Skizzen, die später wieder zurückkamen in die DDR.

1945 ließ die Herzogin mobile Güter, darunter Rubens’ „Heiliger Gregor“, nach Coburg verbringen, um sie – so die Argumentation – vor den Russen zu retten. Daraus wurde verkauft, doch die Kunstwerke gehörten seit der Abfindung von 1926 nicht mehr der herzoglichen Familie. Sie waren vielmehr Eigentum der öffentlichen Zwecken dienenden Herzog von Sachsen-Coburg und Gotha’sche Stiftung für Kunst und Wissenschaft.

Mitte der 1950er-Jahre erwarb die Albright-Knox Art Gallery (heute Buffalo AKG Art Museum) in Buffalo die Skizze gutgläubig in den E. & A. Silberman Galleries in New York. Das belegt ein Etikett neben anderen Provenienznachweisen auf der Rückseite. Der Eiserne Vorhang machte damals weiter gehende Recherchen in ostdeutschen Archiven unmöglich.

Vor vier Jahren wandte sich das Buffalo AKG Art Museum an Christie’s. Es widmete sich inzwischen nur mehr der Moderne und Gegenwartskunst und wollte die herausragende Skizze des Barockmeisters auf dem internationalen Markt veräußern. Dirk Boll, damals Christie’s Präsident für Europa und den Nahen Osten, riet von einem Auktionsverkauf ab. Denn die Friedenstein Stiftung Gotha hatte die Kriegsverluste 2001 in der Verlustdatenbank Lost Art eingestellt. Das vereitelt einen erfolgreichen Auktionsverkauf.

Gotha muss natürlich nicht den Preis zahlen, der im freien Markt hätte ermittelt werden können.
Dirk Boll
Christie’s Verhandlungsführer

Boll vermittelte geduldig zwischen den beiden öffentlichen Institutionen. Die Amerikaner brauchten Geld, die Friedenstein Stiftung Gotha beharrte auf Rückgabe an den rechtmäßigen Eigentümer. Am Ende war ein Ankauf und nicht die bloße Rückgabe im Interesse beider Museen.

„Gotha muss natürlich nicht den Preis zahlen, der im freien Markt hätte ermittelt werden können“, sagt Boll dem Handelsblatt bei einer Vorbesichtigung in Zürich. Den nicht kommunizierten Ankaufspreis übernahm die Ernst von Siemens Kulturstiftung. Sie feiert damit ihre Gründung vor 40 Jahren und reihenweise erfolgreiche Rückkäufe. Für Christie’s sind diese zeitaufwendigen Vermittlungen eine Möglichkeit, dem Geschäftsbetrieb der kommerziellen Auktionen die gute Tat für das Allgemeinwohl zur Seite zu stellen.

Weltberühmt ist das „Gothaer Liebespaar“ (Ausschnitt), das in der prachtvoll restaurierten Kleinstadt viele Touristen anzieht. Foto: Friedenstein Stiftung Gotha

Das Herzogliche Museum in unmittelbarer Nähe von Schloss Friedenstein ist ein punkvolles, bei Touristen beliebtes Haus. Von Kunstfreunden wird es nicht nur wegen der berühmten spätgotischen Tafel mit dem „Gothaer Liebespaar“ und für Conrat Meits Buchsbaumstatuetten von „Adam und Eva“ geschätzt. Es überrascht auch mit einer großen Sammlung von Skulpturen des französischen Bildhauers Jean-Antoine Houdon.

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Das Museum plant, jetzt, wo es drei von fünf Rubens-Skizzen hat, auch die letzten beiden zurückzuführen. Der „Prophet Elias“ war zuletzt in Washington nachweisbar. Klar ist indes der Eigentümer des „Heiligen Augustinus“. Die Tafel ist Teil der Sammlung des Rüstungsindustriellen Emil Bührle, die zuletzt im Kunsthaus Zürich immer wieder in der Diskussion stand.

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Man sei im Gespräch über eine mögliche Leihgabe, teilt die Stiftung mit. Die dramatische Geschichte des Rubens-Zyklus aus der Kirche Carolus Borromeus wird erst dann zu Ende sein, wenn der „Prophet Elias“ wieder in Gotha ist. Die Thüringer sind ihrem ehrgeizigen Ziel ein gutes Stück nähergekommen.

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