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DC Open am Wochenende In den Galerien von Düsseldorf und Köln: Orte, wo Gedanken fliegen

Die aufgestaute Sehnsucht nach echter Kunst befriedigt das lange Galerienwochenende in Düsseldorf und Köln. Die „DC Open“ lockt mit vernünftigen Preisen.
02.09.2021 - 14:19 Uhr Kommentieren
Den Kuss zeigt die Galerie Kadel Willborn (Ausschnitt aus einem Hochformat). Quelle: Ivo Faber / Kadel Willborn
Vivan Greven „)( VIII“

Den Kuss zeigt die Galerie Kadel Willborn (Ausschnitt aus einem Hochformat).

(Foto: Ivo Faber / Kadel Willborn)

Düsseldorf Den Kunstmarkt prägen momentan gewaltige Veränderungen. Auf der einen Seite erschließt sich ein technikaffiner Kreis von Marktteilnehmern neue junge Kundinnen und Kunden über das spekulative Geschäft mit Non-Fungible Token. Das ist Blockchain-basierte Kunst, die nur im Netz existiert. Auf der anderen Seite haben Menschen, die bereits als kleinere oder größere Sammler aktiv sind, genug von zu vielen Monaten mit Kunst am Bildschirm.

Im zweiten Coronaherbst ist die Sehnsucht groß, sich selbst in Bezug zu bringen zu echter Kunst im realen Raum. Ersehnt werden auch Gespräche über das, was hinter der Kunst liegt. Kunden möchten wieder ihre Gedanken schweifen lassen beim gepflegten Austausch in der Galerie. Das bestätigen Galeristen, mit denen das Handelsblatt gesprochen hat. Dabei kam auch heraus: In vielen Fällen sind die Kunstwerke gar nicht so unvorstellbar teuer.

Beste Gelegenheit zur Auseinandersetzung mit zeitgenössischer Kunst hat, wer sich an diesem Wochenende zwischen Freitag- und Sonntagabend aufmacht. Über 50 Programmgalerien der „DC Open“ eröffnen gleichzeitig in Köln und Düsseldorf.

Die Malerin Vivian Greven versteht sich als Zeitreisende, die durch das Internet streamt. Unbefangen greift sich die 35-Jährige Venus- und Aphrodite-Skulpturen aus Antike oder Renaissance, um sie scharf angeschnitten in kühle Pastellfarben zu tauchen. In der Ausstellung „Close“ in der Düsseldorfer Galerie Kadel Willborn spielen ihre Bilder mit Nähe und Distanz (bis 9.10.).

Vier Lippen wirken so lange wie abstrakte Malerei, bis sich der Titel „Kuss“ erschließt und zwei erwartungsvoll verschränkte Münder erkennbar werden. „Wie wurden wir, was wir sind?“, fragt die Malerin, die einst bei Thomas Grünfeld und Siegfried Anzinger in Düsseldorf studierte. Ihre Werke über anthropologische Konstanten kosten zwischen 6000 und 30.000 Euro.

Blick in die Ausstellung „Tendernesses“ mit großen figurativen Collagen Quelle: Galerie Gisela Capitain
Isabella Ducrot bei Gisela Capitain

Blick in die Ausstellung „Tendernesses“ mit großen figurativen Collagen

(Foto: Galerie Gisela Capitain)

Nur wenig älter als Greven ist Mahssa Askari, die gleichfalls in Düsseldorf studierte, bei Herbert Brandl. Weniger kontrolliert, eher heftig im Duktus komponiert Askari Bilder der Natur, die auf den ersten Blick ein Paradies darstellen könnten. Doch Farbverschiebungen, wie man sie von Privatfotos aus den 1950er-Jahren kennt, und gebrochene Perspektiven stellen den paradiesischen Zustand wieder infrage.

Ute Parduhn in Düsseldorf-Kaiserswerth zeigt bis 29. Oktober zwölf Leinwandgemälde. Mittelformate der „Can’t Get You Out Of My Mind“ betitelten Schau wechseln für 7400 Euro die Hand.

Zwei Klassiker konfrontiert die Galerie Beck & Eggeling bis 30. Oktober. Unter dem Titel „Farbräume“ treffen der Maler Gotthard Graubner (1930–2013) und der Bildhauer Fausto Melotti (1901–1986) aufeinander. Graubner lässt die Farbe in seinen sich mächtig vor der Wand aufbauenden „Kissenbildern“ und „Farbraumkörpern“ in tausend Nuancen eindringen. Nicht mehr als Bild, sondern als Objekt strahlen sie in den Raum und beschäftigen den Kopf des Betrachters.

Gotthard Graubner ist sehr bekannt. Deshalb liegen seine Großformate bei Preisen von bis zu 750.000 Euro. Einsteiger finden aber auch Werke ab 14.500 Euro.

Wer Melotti nur als Schöpfer filigraner Skulpturen kennt, dürfte sich überrascht in seine Keramik vertiefen. Denn da versteht es der Italiener, Farben intensiv aufscheinen zu lassen. Hier lassen sich Preise zwischen 2400 und 55.000 Euro notieren.

„Für mich ist das Zerschneiden ein künstlerischer Akt der Befreiung“, sagt Georgia Russell. Anstelle eines Bleistifts oder Pinsels benutzt sie ein Skalpell. Bekannt geworden ist die in Frankreich arbeitende Schottin mit Büchern und Notenblättern, die sie in verletzliche Kunstobjekte verwandelte. In den letzten Jahren hat sich Russell Leinwandbildern zugewandt und auch diese zerschnitten und filetiert. Das verblüffende Ergebnis zeigt die Galerie Greve in Köln bis 30. Oktober.

Blick in das Atelier in Méru 2021 Quelle: Georgia Russell; Foto: Nicolas Brasseur; Courtesy Galerie Karsten Greve Köln Paris St. Moritz
Georgia Russell

Blick in das Atelier in Méru 2021

(Foto: Georgia Russell; Foto: Nicolas Brasseur; Courtesy Galerie Karsten Greve Köln Paris St. Moritz)

„Ajouré“ bezeichnet von natürlichem Licht und Luft durchbrochenes Material. So lautet auch der Ausstellungstitel für 40 neuere Arbeiten auf Leinwand und Papier. Ihr Ausgangspunkt sind Naturbeobachtungen. Die Künstlerin zielt darauf, „eine flache Oberfläche zu öffnen, um das Licht hereinzulassen, die Luft hindurchzulassen, sodass sie wie eine Lunge atmet oder sich sogar leicht bewegt“. Durch den radikalen Schnitt bekommt das leuchtende Kolorit ein Eigenleben wie Wasser oder Wind. Zu haben sind die luftigen Kunstwerke für Preise zwischen 20.000 und 80.000 Euro.

Gezieltes Zerstören ist auch bei Christos Venetis Teil des künstlerischen Prozesses. Der 54-jährige Grieche zeichnet Alltägliches präzise wie ein Alter Meister – aber nicht auf Papier, sondern auf Buchdeckel, deren Textblöcke er ruppig herausgelöst hat. Aus dem alten narrativen Inhalt des Buchs entsteht eine neue Geschichte – zu Preisen ab 1400 Euro.

Bis 16. Oktober präsentiert Martin Kudlek Venetis“ Zeichnungen an der Wand und auf Storyboard-Shelves, wo der Besucher sie in die Hand nehmen kann. Das verstärkt bei dem scheinbar nostalgischen Bilderensemble den eindringlichen, wenn nicht subversiven Unterton. Dunkel schattierte Flächenbrände, Gewitterwolken und Regen sind vielleicht auch der Kommentar eines wachen Zeitgenossen zur Lage der Nation(en). Wie fragil unser aller Glück ist, unterstreichen nicht zuletzt die Spuren der Gewalt an den Buchrücken.

Noch radikaler wirkt die Intervention „Superdream“ von Cédric Eisenring. Der Schweizer Konzeptkünstler verwehrt dem Besucher der Kölner Galerie Drei – teilweise – den Zutritt. Ein massiver Zaun trennt bis 30. Oktober den Arbeitsbereich vom Showroom ab. Von dem Ausgegrenzt-Werden geht eine latente Aggression aus. Schwarz-Weiß-Fotos einer dazu passenden Serie werden zu Preisen ab 5000 Euro angeboten.

Frauen sind im Vormarsch

Auch Ragen Moss braucht den Raum. Die Rechtsanwältin und Künstlerin, die in Los Angeles lebt, schafft Skulpturen, die frei im Raum hängen. Das Bestechende an ihnen sind ihre biomorphen Formen, die vielen Schichten und Durchblicke. Gelegentlich soll Moss auch mal einen Gesetzestext einarbeiten.

Die Kölner Galerie Capitain zeigt „Horizon Figures“ ab 16. September und feiert während des DC-Wochenendes die Finissage der Schau „Tendernesses“ von Isabella Ducrot mit großen figurativen Collagen.

Kurzum: Es lassen sich vielfältige Erfahrungen und Entdeckungen machen auf der DC Open. Vor allem, weil Frauen im Vormarsch sind: Nancy Lupo bei Jan Kaps, Jutta Koether bei Buchholz, Sonia Leimer bei Christian Lethert, Carolin Eidner bei Natalja Hug, Hell Gette bei Nagel Draxler und Sabrina Fritsch bei Van Horn. Noch nie wurden so viele Künstlerinnen zur Primetime der Saisoneröffnung präsentiert.

Mehr: Galerien in den USA: Trotz Einbußen in der Coronakrise: Die Nachfrage nach Kunst steigt

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