Kunstmesse: Amerikanische Galerien wandern ab nach Paris
London. Zum 22. Mal eröffnet die „Frieze Art Fair“ am Mittwoch in London als Messe für zeitgenössische Kunst. Einige Jahre jünger ist die „Frieze Masters“, die Parallelmesse für Kunst und Objekte vor 2000. Lange Jahre waren beide Messen Publikumslieblinge und der Anker der „Frieze Week“. In ihr wechselten sich Museumseröffnungen, Kunstauktionen, Pop-ups und Partys ohne Zeit für eine Verschnaufpause ab. Nicht so in diesem Jahr.
Die Messe und ihr Standort haben viele Probleme. Das größte ist die Konkurrenz: die neue Messe „Art Basel Paris“. Im Vergleich zum Vorjahr kehren fast ein Viertel der Aussteller, 38 von 168 Galerien, nicht zur Frieze London zurück. Fünfzehn von ihnen nehmen allerdings stattdessen an der Art Basel in Paris Teil. Es gibt viele Galerien, die traditionell an beiden Standorten im Messeherbst ausstellen, aber vermehrt bevorzugen sie Paris.
Unter den Verlusten finden sich bedeutende amerikanische Galerien wie Matthew Marks, Tanya Bonakdar, Casey Kaplan und auch David Kordansky. Marks und Bonakdar waren seit der ersten Frieze in London dabei. Aber auch die Londoner Galerie Pilar Corrias setzt alle ihre Karten auf Paris, ähnlich wie der Italiener Massimo de Carlo.
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Auch Eigen + Art aus Berlin und Leipzig kehren London den Rücken. Ein herber Verlust für die Messe. Sie kann die Lücken zwar mit neuen Galerien füllen, aber darunter befinden sich vor allem junge und kleine Galerien, wenn man von Kasmin und Mariane Ibrahim aus den USA absieht.
Schon seit einiger Zeit mehren sich schlechte Nachrichten vom Londoner Kunstmarkt: Christie’s sagte die Abendauktion für zeitgenössische Kunst ab, die Marlborough Gallery schloss nach 80 Jahren ihre Türen. Jüngere Galerien folgen, darunter drei, die auch bei Frieze fehlen, wie Simon Lee, Vitrine und Addis Fine Art. Auf der Art Business Konferenz vor wenigen Wochen wurde zum ersten Mal laut über die Langzeitfolgen des Brexits geredet.
Gerade in dem Moment, in dem Paris im Aufschwung ist und die Art Basel Paris im Glanz des Grand Palais in einer Woche eröffnet, fühlt sich London nicht mehr so an, als sei es das Zentrum der jungen zeitgenössischen Kunst.
Hilflose Reaktion auf die Abwanderung
Wie reagieren die vom amerikanischen Entertainmentkonzern Endeavour betriebenen Frieze-Messen darauf? Sie erneuern ihren Messeplan. Die Eingangssituation wird verändert, und die Galerien wurden durchmischt. Die jungen Galerien in der Fokus-Sektion rücken näher ins Zentrum und vor allem direkt vor die VIP-Bereiche, darunter auch den der Deutschen Bank, des Hauptsponsors der Frieze.
Die großen Galerien wie David Zwirner, Hauser & Wirth und Gagosian hingegen rücken ans Ende der Messe. Der neue Plan sieht übersichtlich aus; es scheint mehr Platz zu geben. Wie die Platzhirsche auf die neue Situation reagieren, bleibt abzuwarten.
Mit dem neuen Plan sollen Solopräsentationen und die Nahsicht auf die Künstler gefördert werden. Lisson Gallery zeigt eine Einzelschau von Leiko Ikemura, die neu von der Galerie vertreten wird. Kate MacGarry vertritt eine aus Singapur stammende Künstlerin, die abstrakt malende Dawn Ng. 47 Canal aus New York ist mit neuen Arbeiten der Britin Danielle Dean vertreten und Gagosian mit Arbeiten von Carol Bove.
Blick auf Künstlerinnen
Insgesamt liegt der Fokus auf Künstlerinnen, wie auch in der Fokus-Sektion. Hier werden 34 Aussteller Einzelpräsentationen zeigen. Dieses Jahr kommen viele aus London, darunter Rose Easton, Soft Opening und Hot Wheels. Die erstmals 2023 eingeführte neue Sektion „Artist-to-Artist“ zeigt wieder Einzelpositionen junger Künstler, die von etablierten Künstlern ausgewählt wurden.
„Smoke“ ist eine neue Themensektion für Künstler, die in Keramik arbeiten und aus einem indigenen oder Diaspora-Kontext stammen. Sie sind allerdings am Ende des letzten Zeltes versteckt, und man kann nur hoffen, dass es Besucherinnen und Besucher dorthin schaffen.
Insgesamt aber scheinen Soloschauen die Ausnahme zu sein. Die meisten Galerien mailen im Vorfeld Previews, die vor allem ein gemischtes Programm ankündigen. Vermutlich soll nach dem Gießkannenprinzip alles angeboten werden, was Verkaufschancen hat, in der Hoffnung, irgendeinen Käufer anzusprechen. Die allgemeine Laune ist trübe, da kann auch ein neuer Messeplan wenig ändern.

Bei Frieze Masters im Zelt nebenan drängt die Kunst des 20. Jahrhunderts die Alte Kunst mit Malerei und Kunstgewerbe an den Rand. Auch die Design-Aussteller sind weniger dieses Jahr. Die neue „Frieze Seoul“ bringt einen Schwung koreanischer Galerien, darunter Hakgojae, Johyun, PKM, Gana und Arario. Sie konzentrieren sich aber zum Großteil auf koreanische Moderne.
Daneben gibt es bei der Frieze Masters wie immer eine große Anzahl von sogenannten Neuentdeckungen. Die würden sich allerdings auch auf der Frieze gut machen, da in der „Smoke“-Sektion ebenfalls ältere Arbeiten aus dem 20. Jahrhundert gezeigt werden.
Die Aufteilung in zwei Parallelmessen scheint immer weniger Sinn zu machen, je mehr sich die Programme einander annähern. Bei einem schwächelnden Markt wird sich zeigen, wie lange sich die beiden Zelte im Londoner Regent’s Park noch halten können.



Frieze Art Fair und Frieze Masters: The Regent’s Park, London, 9. bis 13. Oktober 2024
Erstpublikation des Artikels: 8.10.2024, 15:24 Uhr.





