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Kolumne Homo oeconomicusHolger Schmieding: Ein harter Brexit würde vor allem die Briten treffen

Unsere Unternehmen hatten Zeit, sich vorzubereiten. Die britische Wirtschaft würden Zollschranken zum großen Markt jenseits des Kanals schwer treffen.Holger Schmieding 21.10.2020 - 07:33 Uhr Artikel anhören

Holger Schmieding ist Chefvolkswirt der Berenberg Bank.

Foto: Berenberg-Bank

Der Brexit ist und bleibt ein Desaster für alle Beteiligten. Der Austritt der traditionell weltoffenen und weltgewandten Briten schwächt das politische Gewicht Europas rund um den Globus.

In Großbritannien leidet die Wirtschaft bereits heute. Vom Brexit-Referendum 2016 bis Ende 2019 sind dort die Investitionen bereits um mehr als 15 Prozent hinter dem Trend der Vorjahre zurückgeblieben.

Jetzt droht uns zu allem Übel auch noch das Ausscheiden der Briten aus dem gemeinsamen Markt ohne Anschlussabkommen zum 31. Dezember. Politisch wäre das für London und in geringerem Maße auch für die Europäische Union eine neue Blamage. Aus wirtschaftlicher Sicht fällt das Urteil differenzierter aus.

Mit dem harten Brexit verlieren beide den bevorzugten Zugang zum Markt der jeweils anderen Seite. Für die Briten, deren Ausfuhr an Gütern und Leistungen in die EU etwa 14 Prozent ihrer Wirtschaftsleistung ausmacht, wäre das ein herber Schlag.

Der entsprechende Wert für die größere EU liegt nur bei drei Prozent. Ein harter Brexit könnte das britische Trendwachstum von vorher etwa zwei Prozent auf nur noch 1,5 Prozent pro Jahr drücken.

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Allerdings beruht die Hälfte dieses Effekts auf der Annahme, dass London die bisher freie Zuwanderung von Fachkräften aus der EU einschränken würde. Durch eine liberale Einwanderungspolitik könnten die Briten einen Teil dieses Verlustes vermeiden. Allerdings zeichnet sich dies derzeit nicht ab.

Für die EU erwarte ich keinen messbaren Effekt auf das Trendwachstum. Dem Verlust durch den eingeschränkten Zugang zum britischen Markt stünde eine Umlenkung von Handel, Investitionen und qualifizierten Zuwanderern von der britischen Insel in die EU gegenüber.

Viele Unternehmen haben vorgesorgt

Jenseits der langfristigen Folgen könnte ein abrupter Übergang von den Regeln des Binnenmarktes zu denen der Welthandelsorganisation beiden Seiten kurzfristig schaden. Aber auch hier dürften sich die Kosten zumindest für die EU in Grenzen halten. Im Vorgriff auf den Brexit ist der britische Anteil an der deutschen Warenausfuhr seit Anfang 2016 bereits von 7,5 Prozent auf nur noch 5,6 Prozent gefallen.

Seit dem Herbst 2019 wird so häufig über das Risiko eines harten britischen Austritts diskutiert, dass viele Unternehmen vorgesorgt haben. Schocks, die man hat kommen sehen, treffen Wirtschaft und Märkte weit weniger hart als Schläge aus heiterem Himmel.

Zudem können beide Seiten durch einseitige Schritte und gemeinsame Ad-hoc-Absprachen für Finanzprodukte, Medikamente sowie den Lkw- und Flugverkehr den Schock zeitweilig abfedern. Dann würde ein harter Brexit das Wachstum der EU Anfang 2021 wohl nur um etwa 0,1 Prozentpunkte dämpfen.

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Im Interesse einer langfristigen gedeihlichen Zusammenarbeit zwischen engen Nachbarn bleibt zu hoffen, dass beide Seiten sich doch noch auf ein Abkommen einigen. Wenn die EU bei Fischereirechten und die Briten bei den weit wichtigeren Wettbewerbs- und Kontrollregeln hinreichend einlenken, ist dies immer noch möglich.

Mehr: Warum die Bundeskanzlerin weiter auf EU-Verhandlungen mit Großbritannien setzt

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