Felix Loch: „Bei Tempo 130 im Eiskanal ist keine Zeit, sich über Fehler zu ärgern“

Bayerisch Gmain. Rennrodeln als Sport lässt keine Zeit, sich zu ärgern. Wenn ich in Kurve zwei einen Fehler mache und mich bei bis zu 130 Kilometern pro Stunde darüber ärgere, dann mache ich in den Kurven fünf oder sechs gleich die nächsten Fehler und verliere noch mehr Zeit. Als Rennrodler ist es wichtig, einen Fehler sofort abzuhaken.
Und die perfekte Fahrt gibt es nicht. Es gibt keine Fahrt, in der nicht irgendetwas passiert, das ich nicht verbessern wollen würde, auch wenn es für Außenstehende nicht zu erkennen ist. Dieser Perfektionismus, dieser Wunsch, jedes Detail zu verbessern, ist tief in mir drin.
Und er ist auch nötig, denn unser Sport spielt sich in Bruchteilen von Sekunden ab. Es sind die winzigen Kleinigkeiten, in denen die Verbesserungen erfolgen müssen, um die Tausendstelsekunden herauszufahren, die in meinem Sport oftmals zwischen zwei Plätzen liegen.
Fehleranalyse vertiefen und systematisieren
Es gab einige Jahre in meiner Laufbahn, in denen ich nicht so erfolgreich war wie zuvor. Und es ist mir zusammen mit meinem Team aus Trainer und Techniker gelungen, einen Weg zu finden, dass die Erfolge sich wieder einstellten.

Heute legen wir extremen Wert darauf, die Fehler, die in einer Trainingsfahrt passieren, sehr genau zu analysieren. Die Fehler haben wir in den ersten Jahren meiner Karriere auch besprochen, aber nicht so systematisch und tiefgehend.
Wir haben erkannt, dass es nötig ist herauszufinden, woran selbst der minimalste Zeitverlust im Eiskanal gelegen hat, um dann daran zu arbeiten und daraus die richtigen Schlüsse zu ziehen.
Der Rodel als Messgerät
Dabei gehen wir so vor, dass der Trainer die Fahrt beobachtet und wir im Anschluss besprechen, wie er sie gesehen hat. Über Funk tauschen wir uns aus, und ich schildere meine Eindrücke.

Ich fahre seit mehr als zwanzig Jahren, aber dennoch gibt es winzige Dinge, die ich während der Fahrt selber nicht wahrnehme. Da hilft uns bei der Analyse der Schlitten, der mit verschiedenen Sensoren ausgestattet ist.
So können wir im Training noch genau die Ursachen für auch die geringsten Querstellungen ermitteln, die den Schlitten immer bremsen. Das haben wir in dieser Tiefe früher nicht getan.
Kein System vollständig tauschen und nur an Details feilen
Dafür haben wir nach einer leidvollen Saison eine Sache nie wieder gemacht: im Sommer den Schlitten vollständig neu aufzubauen. Wir hatten uns etwas überlegt und das Sportgerät neu konstruiert. Das haben wir in einem Jahr umgesetzt, und ich war die ersten Wochen auch hochzufrieden mit dem Schlitten. Er fühlte sich gut an und war schnell. Dann aber fuhr ich den Schlitten in den USA bei kälteren Bedingungen, und dort funktionierte der Schlitten gar nicht.
Daraus haben wir die Lehre gezogen, dass wir grundsätzlich nur an Details arbeiten und nicht vor der Saison das Ganze neu planen.
Im Sommer gibt es auch andere Ursachen für schlechte Ergebnisse als im Winter, die wir inzwischen ebenfalls erkannt haben und entsprechend das Training planen. Ich mag es eigentlich, im Sommer mein Fitness- und Krafttraining immer wieder zu verändern, weil ich die Abwechslung schätze.

In einem Jahr allerdings habe ich durch die Idee, im Sommer grundsätzlich etwas anders zu machen, eine Trainingsphase zu lange ausgedehnt, sodass ich Monate später im Winter, als sich die negativen Folgen zeigten, auch nichts mehr ändern konnte und die Konsequenzen tragen musste.
Einen Fehler habe ich allerdings nie gemacht: Wenn ich im Winter mit meinen Söhnen Schlitten fahre, dort zu versuchen, der Schnellste zu sein. Das käme beim Bundestrainer nicht gut an, wenn ich mich wegen eines Spaßes im Schnee verletzen würde.
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