Kommentar Halbherzig gewinnt man keinen Wettbewerb mit Tesla

Volkswagen geht in die Elektro-Offensive.
Es kommt einem bei den Vorhaben von Volkswagen alles irgendwie bekannt vor. Sei es der Name der Veranstaltung „Power Day“, der an den „Battery Day“ von Tesla erinnert, oder die geplanten „Gigafabriken“, von denen Elon Musk schon vor Jahren sprach.
Musk wird das dem Wolfsburger Konzern kaum übel nehmen. Schon der chinesische Philosoph Konfuzius wusste: „Wer große Meister kopiert, erweist ihnen Ehre.“ Und der Tesla-Chef will ja den Klimawandel bekämpfen und freut sich über jeden Mitstreiter. Aber auch für VW wird sich der Kraftakt bezahlt machen. Die Wolfsburger beweisen damit den besseren Riecher als die Konkurrenz aus München und Stuttgart.
Zur Belohnung sprang der Aktienkurs von Volkswagen um mehr als zwei Prozent nach oben, ein Zugewinn von mehr als zwei Milliarden Euro. Die Aktionäre feierten die Ausweitung der Batteriezellpläne des weltweit zweitgrößten Autokonzerns. Es sollen sechs Werke entstehen, damit Volkswagen über genügend Batterien für seine Elektrofahrzeuge verfügt. Die Ankündigung von Fabriken in einem bislang fremden Technikfeld ist nicht unbedingt eine Sache, die Investoren begeistern muss. Neue Fabriken kosten viel Geld, es kann viel schiefgehen.
Dass die Aktie trotzdem steigt, zeigt, wie wichtig die Batterie und Batteriezelle für die Autoindustrie geworden sind. Es ist eine Schlüsseltechnologie im Elektromobilitätszeitalter, deren Beherrschung künftige Marktanteile und Gewinne sichert.
Das sehen BMW und Daimler anders. Sie verlassen sich auf Lieferanten aus China, Südkorea oder Schweden. Mit ihrer Zurückhaltung befinden sie sich in guter Gesellschaft; Bosch und Continental winkten ebenfalls ab, als es darum ging, sich der Batteriezellentwicklung näher zu widmen. Zu teuer, zu unsicher. Eine falsche Entscheidung! BMW und Daimler geben eine Kernkompetenz aus der Hand.
Entscheidend für Elektromobilität
Die Batterie ist das mit Abstand teuerste und schwerste Teil eines Elektroautos. Dabei auf eigene Expertise zu verzichten grenzt an Fahrlässigkeit.
Sicherlich werden Caitl, LG Chem oder Northvolt gute Batteriezellen liefern. Aber werden die bei Effizienz und Energieleistung mit Tesla mithalten können? Wenn nicht, dann drohen Konsequenzen.
Die Angst des Neukäufers ist groß, mit dem Elektroauto irgendwo auf der Strecke stehen zu bleiben. Die „range anxiety“ ist ausgeprägt, besonders am Beginn einer disruptiven Technik. Die Reichweitenangst wird sich eines Tages legen, so wie heutzutage kaum jemand noch mit einem Benzinkanister durch die Gegend fährt.
Solange aber in Deutschland und Europa kein dichtes Netz von Ladestationen steht, an dem Elektroautos schnell und sicher aufgetankt werden können – so lange zählt jeder Kilometer an Reichweite.
Der Chipmangel legte vor Kurzem die Autobauer-Branche zeitweise lahm. Gleiches könnte eines Tages mit Batteriezellen passieren. Daimler, BMW und andere Hersteller machen sich zu stark von den Lieferanten abhängig. Die Vorhersagen schwanken stark, wie sehr und wie schnell sich Elektroautos durchsetzen. Geht der Boom aber so weiter wie in den vergangenen Monaten, dann könnte es knapp werden.
Die bisherige Haltung von BMW und Co. in der Frage der Batteriefertigung drückt ein Misstrauen gegenüber der Elektromobilität aus. Die vorsichtige Einstellung mag derzeit kaufmännisch richtig sein, wird sich aber angesichts des Absatzbooms der Elektrofahrzeuge bitter rächen.
BMW und Daimler setzen stattdessen auf Plug-in-Hybride. Die verkaufen sich in der Tat derzeit gut, sind aber nur auf beschränkte Zeit eine Lösung. Die scharfen CO2-Vorgaben der EU und anderer Länder zeigen in eine einzige Richtung: reine Elektrofahrzeuge.
Sicherlich könnten Brennstoffzellen-Fahrzeuge eines Tages auf der Straße fahren und damit Investitionen in Batteriefabriken überflüssig machen. Allerdings eignet sich die Technologie absehbar eher für schwere Fahrzeuge wie Lastwagen. Mit falschen Prognosen und Aussichten lässt sich die Investition in Batterietechnik nicht aus der Welt reden.

Es ist schon interessant, dass sich bei Daimler ausgerechnet der Betriebsrat für eine eigene Batteriezellproduktion einsetzt. Die Motivation dahinter mag aus Sicht der Gewerkschaft naheliegend sein: Die IG Metall will Arbeitsplätze in Deutschland sichern. Aber die Logik übertrumpft die der Manager.
Die Begeisterung der Aktionäre für Elektromobilität ist derzeit sicherlich eine übertriebene, aber keine wirklichkeitsfremde. Die Anleger belohnen die hundertprozentige Ausrichtung eines Unternehmens, weil es nur so die gewaltigen Anforderungen und Anstrengungen der Transformation meistern kann. Halbherzig gewinnt man keinen Wettbewerb mit Tesla.
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Geopolitisch spielt die Energieversorgung eine weitaus wichtigere Rolle. Obwohl D auch sehr anfällig für Verbote im Automobilsektor wäre. Hat man ja gut unter Trump verfolgen können, wie die Kanzlerin ins Rotieren kam, als Strafzölle angedroht wurden.
Warum die USA aber eAutos in der EU verbieten sollte, erschließt sich mir nicht. Tesla ist (noch) führend in diesem Sektor. Weitere Hersteller, egal ob gesamte Fahrzeuge oder Batterietechnik, sind auch dort ansässig.
Spannend waren jedoch die verschiedenen Anläufe zum Verbot von Handyherstellern bzw. chinesischer Mobilfunktechnik, siehe Huawei.
@Herr Kamil F.
Den Einwand mit China stimme ich zu. Warum begibt sich aber auch USA in die Abhängigkeit von seltenen Erden? Warum fordert USA nicht, dass die EU auf eAutos verzichtet, um nicht in die Abhängigkeit von China zu geraten - wie sie es bei Nord Stream 2 tun?
eine wichtige Sache sollte man noch beachten. Die Bemühungen eigene Batteriefabriken zu errichten und den Versuch zu starten die Konkurrenz aufzuholen sind richtig. Dazu bedarf es jedoch Rohstoffe (z.T. seltene Erden), die überwiegend nicht in D verfügbar sind.
Da hat China die Nase vorn, da frühzeitig Lieferverträge mit afrikanischen und südamerikanischen Minenbetreibern abgeschlossen wurden. Somit kontrolliert China weitestgehend diesen Markt. Wenns hart auf hart kommt, dreht man an der richtigen (Daumen-)Schraube.