Kommentar: Zum großen Zapfenstreich: Was von Merkel bleibt
Es gibt Jugendliche und junge Erwachsene, die haben bewusst noch nie eine andere Kanzlerin als Angela Merkel erlebt. 16 Jahre prägte die CDU-Politikerin die Republik. Doch was wird nach dem Großen Zapfenstreich der Bundeswehr von ihr bleiben?
Sicherlich ihr Satz in der Flüchtlingskrise: „Wir schaffen das“, der ihre eigene Partei und Teile der Bevölkerung in eine Krise stürzte. Dabei war Polarisierung nie Merkels Sache.
Die Kanzlerin orientierte sich eigentlich immer an der politischen Mitte. Wie all ihre Vorgänger regierte sie das Land gemäßigt sozialdemokratisch.
Denn so wollen es die Deutschen. Sie lieben die Soziale Marktwirtschaft und sind gegen einen Turbo-Kapitalismus. Sie wollen etwas erreichen, aber es muss auch fair zugehen. Und das soziale Netz muss gespannt sein.
Nachdem Merkel zunächst die deutsche Maggie Thatcher gab und fast scheiterte, zog sie ihre Lehren und moderierte nur noch. Ihre Kanzlerschaft war geprägt von Krisen.
Da war die Lehman-Krise, wo sie die Sparguthaben der Deutschen garantierte. Danach folgte fast die Griechenland-Krise, die bei ihr in dem Satz mündete: „Scheitert der Euro, scheitert Europa.“ Auf der Weltbühne reißt sie eine Lücke: Merkel schaffte es, zwischen internationalen Alphamännern zu vermitteln, und führte durch Moderieren.

„Unsere Demokratie lebt auch davon, dass überall da, wo Hass und Gewalt als legitimes Mittel zur Durchsetzung eigener Interessen erachtet werden, unsere Toleranz als Demokratinnen und Demokraten ihre Grenze finden muss.“
Zum Schluss ihrer Amtszeit kam die größte Krise, die Coronapandemie, die sie ihrem Nachfolger Olaf Scholz hinterlässt. Vor der Verabschiedung durch die Bundeswehr leitete sie noch ein letztes Mal die Ministerpräsidentenkonferenz und verkündete neue Einschränkungen. Auch das gehört zu Merkel. Arbeit bis zum Schluss.
Merkel trennte Privates und Berufliches strikt
Dazu passt auch die Liedauswahl beim Großen Zapfenstreich. Da gab es den ostdeutschen Gassenhauer „Du hast den Farbfilm vergessen“, von Nina Hagen gesungen, sowie den Klassiker von Hildegard Knef „Für mich soll’s rote Rosen regnen“. Ihr christliches Weltbild unterstrich das Lied: „Großer Gott, wir loben dich“. Bis auf „Großer Gott, wir loben dich“ überraschte die Auswahl.





So richtig konnte niemand den Menschen Merkel erschließen, auch wenn es in vielen Porträts versucht wurde. Sie trennt Privates und Berufliches strikt. Nur wenn die Christdemokratin mehr als 30 Jahre nach der Wiedervereinigung noch als „Ostdeutsche“ bezeichnet wurde, zeigte sie richtige Emotionen.
Es wird nicht lange dauern, dann wird eine Angela Merkel gewidmete Erinnerungskultur einsetzen. Schon allein wegen der Länge der Amtsdauer. Das war auch bei Helmut Kohl so. Irgendwann in großer zeitlicher Ferne werden Straßen und Plätze nach ihr benannt. Wert wird Merkel wohl nicht darauf legen.
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