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Morning BriefingSehnsucht nach dem Sommermärchen – München stimmt für Olympia

Christian Rickens 27.10.2025 - 06:21 Uhr Artikel anhören
Handelsblatt Morning Briefing

Verstimmung: Krach zwischen Berlin und Peking

27.10.2025
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Guten Morgen liebe Leserinnen und Leser,

findet Deutschland mitten in der Dauerkrise seine Lust an stimmungsaufhellenden Großveranstaltungen wieder? Rund zwei Drittel der Teilnehmer des Bürgerentscheids in München haben sich für eine Olympia-Bewerbung der bayerischen Landeshauptstadt ausgesprochen. Mehr als 460.000 Münchnerinnen und Münchner gaben ihre Stimme ab. Das notwendige Quorum von zehn Prozent wurde damit klar übertroffen. München will sich – ebenso wie Berlin und die Region Rhein-Ruhr – für die Olympischen Spiele 2036, 2040 oder 2044 bewerben. Die Hamburgerinnen und Hamburger werden am 31. Mai 2026 über eine Bewerbung abstimmen.

In Hamburg war 2015 ein Plebiszit über eine Olympia-Bewerbung für die Sommerspiele 2024 gescheitert, ebenso wie 2013 in Bayern eine Volksabstimmung über die Winterspiele 2022. So gesehen markiert das gestrige Münchner Referendum eine Trendwende – und womöglich die Sehnsucht nach einem neuen „Sommermärchen“: Vor knapp 20 Jahren vermittelte die Fußball-Weltmeisterschaft im eigenen Land ein neues, gut gelauntes Selbstbild der Deutschen.

Eklat um China-Reise

Am Freitag erreichten die deutsch-chinesischen Beziehungen ihren bisherigen Tiefpunkt: Bundesaußenminister Johann Wadephul (CDU) sah sich gezwungen, eine für gestern geplante Reise nach China kurzfristig abzusagen. Der Grund: China hatte kurz vor Abreise fast alle Termine gestrichen. Ein Affront, den die Bundesregierung sich nicht gefallen lassen wollte. Wie das Handelsblatt aus europäischen Diplomatenkreisen erfuhr, kam hinzu, dass China weitere Termine an eine Bedingung knüpfte: Wadephul sollte Aussagen zu Chinas Auftreten im Südchinesischen Meer relativieren.

Außenminister Johann Wadephul wollte in den kommenden Tagen China besuchen. Daraus wird nun vorerst nichts. (Archivbild) Foto: Michael Kappeler/dpa

Der Außenminister hatte China zuletzt Mitte Oktober kritisiert. Wadephul sagte beim 40-jährigen Jubiläum des Japanisch-Deutschen Zentrums in Berlin:

Tatsächlich ignoriert China das Seevölkerrecht im Südchinesischen Meer. Und China unterstützt die russische Aggression gegen die Ukraine – auch um eigene hegemoniale Bestrebungen zu rechtfertigen.

Immerhin, es wird weiter gesprochen zwischen Berlin und Peking: Heute soll es ein Telefongespräch zwischen dem chinesischen Außenminister Wang Yi und Wadephul geben.

Dass der deutsche Außenminister nicht nach Peking reist, ist auch ein Problem für die deutsche Wirtschaft. Denn China liefert seit Monaten kaum noch seltene Erden oder deren Verarbeitungsprodukte an europäische Unternehmen. Bei einigen Firmen kam es deswegen schon zum Produktionsstillstand, andere stehen kurz davor. In Peking wollte Wadephul eigentlich die Zuständigen für Chinas Handelspolitik treffen.

Chipkrise könnte zu Rezession führen

Eine dritte Arena des deutsch-chinesischen Konflikts könnte Deutschland sogar das dritte Rezessionsjahr in Folge bescheren. Je nachdem, wie lange die Auto- und Zulieferindustrie keine Halbleiter mehr vom chinesischen Hersteller Nexperia bekommt, droht das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um bis zu knapp 0,5 Prozentpunkte geringer auszufallen. Das zeigen Berechnungen des Verbands Forschender Arzneimittelhersteller (VFA).

Die Bundesregierung rechnet für 2025 ohnehin nur mit einem Miniwachstum von 0,2 Prozent. Bei längeren Produktionsausfällen zum Jahresende droht damit im Gesamtjahr erneut eine Rezession. Die VFA-Analyse ist Bestandteil der Herbstprognose des Verbands, die heute veröffentlicht wird und unserem Reporter Frank Specht vorab vorliegt.

Die Halbleiter von Nexperia werden für die Motorsteuerung, Fensterheber, LED-Systeme und andere elektronische Fahrzeugteile benötigt, kommen aber auch in Smartphones, Laptops, in der Photovoltaik, im Maschinenbau und der Robotik zum Einsatz. Das Unternehmen in den Niederlanden gehört dem chinesischen Wingtech-Konzern. Im September hatte die niederländische Regierung aus Gründen der nationalen Sicherheit Wingtech enteignet. Daraufhin stellte der Konzern auf Weisung der Regierung in Peking den Export von Halbleitern auch aus den chinesischen Werken weitgehend ein.

Vor allem die Autoindustrie trifft der Chipmangel hart. Konzerne wie VW bemühen sich um neue Lieferanten, die Bundesregierung um eine Lösung des Konflikts. Sollte das eine oder das andere gelingen, könnte die Chipkrise auch noch glimpflich ausgehen. In einem Positiv-Szenario gehen die VFA-Ökonomen davon aus, dass lediglich ein Fünftel der deutschen Pkw-Produktion für zwei Wochen ausfällt. Das würde die Wirtschaftsleistung kaum dämpfen.

Nato-Staaten als Ziel russischer Hacker

Russland nimmt neben der Ukraine immer stärker auch Nato-Länder ins Visier seiner digitalen Attacken. Laut dem Digital Defense Report von Microsoft ist die Zahl der Cyberangriffe auf die Mitglieder des Verteidigungsbündnisses in den vergangenen zwölf Monaten um 25 Prozent gestiegen. Besonders im Fokus: die USA, Großbritannien – und Deutschland. Grundlage der Statistik sind weltweit erhobene Daten aus Microsoft-Systemen. „Für die russischen Akteure ist Deutschland ein vorrangiges Ziel, gerade weil es einer der wichtigsten militärischen und finanziellen Unterstützer der Ukraine ist“, sagt Helmut Reisinger, Europachef von Palo Alto Networks. „Es handelt sich um gezielte, staatlich geförderte Informationsbeschaffung, die direkt durch den Krieg motiviert ist.“

Die Angriffe fokussieren sich nach Einschätzung von Experten auf alle Organisationen, die in irgendeiner Form an der Unterstützung der Ukraine beteiligt sind. Die Grenze zwischen staatlich gelenkten und kriminellen Hacker-Gruppen verschwimme dabei zunehmend.

Newsom erwägt Kandidatur – Harris auch

Der kalifornische Gouverneur Gavin Newsom wird nach den US-Zwischenwahlen im kommenden Jahr ernsthaft über eine Kandidatur für die Präsidentschaftswahl 2028 nachdenken. „Ja“, antwortete der 58-Jährige auf eine entsprechende Frage im US-Sender CBS News, „sonst würde ich einfach lügen und das kann ich nicht“.

Gavin Newsom erwägt eine Kandidtur bei den kommenden Präsidentschaftswahlen. Foto: Getty Images via AFP

Newsom, der sich seit Monaten lautstark als Widersacher von Donald Trump präsentiert, regiert für die Demokraten seit 2019 den bevölkerungsreichsten und wirtschaftsstärksten Bundesstaat der USA.

Und auch die glücklose demokratische Vize-Kandidatin von 2024, Kamala Harris, zieht eine erneute Präsidentschaftskandidatur in Betracht. In einem Interview mit der BBC antwortete Harris auf die Frage, ob sie sich im Weißen Haus sehen würde, mit „möglicherweise“. Sie habe bisher keine finale Entscheidung getroffen, sehe sich aber weiterhin in der Politik. Harris:

Ich bin noch nicht fertig.

Otterly Surprised

Vor einer Woche habe ich an dieser Stelle über die US-Sängerin Taylor Swift geschrieben. Die trug bei einem Event ein T-Shirt des Monterey Bay Aquarium mit einem Ottermotiv – und bescherte dem Aquarium Einnahmen von 2,3 Millionen Dollar, weil so viele „Swifties“ plötzlich auch ein Ottershirt wollten. Nur halb im Ernst hatte ich daraufhin geschrieben, dass ich gerne bereit wäre, dem Otterzentrum Hankensbüttel einen ähnlichen Dienst zu erweisen.

Morning-Briefing-Autor Christian Rickens im Otter-Shirt aus Hankensbüttel Foto: Christian Rickens

Umso größer die Freude, als am Freitag tatsächlich ein Päckchen aus Hankensbüttel mit zauberhaftem Otter-Merch eintraf – darunter das oben abgebildete T-Shirt.

Verwandte Themen China Kamala Harris Deutschland Ukraine Nexperia Microsoft

Also: Falls die Otter von Hankensbüttel demnächst mit Gucci-Bauchtäschchen und Kaschmir-Wämschen von Jil Sander herumschwimmen, dann habe ich dort offenbar eine ähnliche monetäre Wirkung erzielt wie Taylor Swift in Monterey. Es liegt an Ihnen, liebe Leserinnen und Leser!

Ich wünsche Ihnen einen possierlichen Wochenauftakt.

Herzliche Grüße,
Ihr
Christian Rickens
Textchef Handelsblatt

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