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Landtagswahlen Baden-Württemberg „Eisenmann fehlte schlichtweg ein Zukunftskonzept“ – So reagiert die Wirtschaft im Ländle

Mit dem grünen Ministerpräsidenten in Baden-Württemberg hat sich die Wirtschaft längst arrangiert. Doch die Unternehmer verlangen von „Winfried Kretschmann 3.0“ mehr Elan.
15.03.2021 Update: 15.03.2021 - 12:13 Uhr 1 Kommentar
Die CDU-Spitzenkandidatin in Baden-Württemberg kommt bei der Wirtschaft nicht gut weg. Quelle: Reuters
Susanne Eisenmann

Die CDU-Spitzenkandidatin in Baden-Württemberg kommt bei der Wirtschaft nicht gut weg.

(Foto: Reuters)

Stuttgart Nahezu jeder dritte Wähler in Baden-Württemberg hat „grün“ angekreuzt. Winfried Kretschmann ist seit zehn Jahren Ministerpräsident im Ländle – und wird es nach der Landtagswahl wohl auch bleiben. Die traditionell eher konservativen Unternehmer im Südwesten lieben Kretschmann nicht, aber sie haben sich mangels Alternativen in der CDU längst mit ihm arrangiert.

„Ich wünsche Herrn Kretschmann eine gute Hand für die Regierungsbildung“, sagt die Chefin des Maschinenbaukonzerns Trumpf, Nicola Leibinger-Kammüller, dem Handelsblatt. „Ich habe mir ein höheres Wahlergebnis für die CDU und Frau Eisenmann gewünscht“, gibt die wertkonservative Unternehmerin unumwunden zu. Doch auch dieses Ergebnis biete die Möglichkeit zur Fortsetzung der bisherigen Regierungskoalition.

Gerade das Wirtschaftsministerium habe mit Nicole Hoffmeister-Kraut gute Impulse gesetzt. Die Ministerin stammt selbst aus einer Unternehmerfamilie, und bei ihr fühlen sich die schwäbischen Unternehmer verstanden.

Kretschmann hat immer genau auf die Ideen und Impulse der Wirtschaftsministerin bei Themen wie Transformation, Künstliche Intelligenz oder Batterieförderung geschaut und bei Bedarf ihre Wirtschaftsthemen kurzerhand zur Chefsache gemacht.

Entsprechend gering würde das Verständnis für eine nach dem Wahlausgang mögliche Ampelkoalition ausfallen. „Die Möglichkeit einer Ampel ist natürlich eine Option. Aber muss man sich das antun?“, fragt Ulrich Dietz, Gründer des Softwaredienstleisters GFT. Kretschmann habe dann einen Diskussionsverein im Kabinett, in dem sich jeder profilieren wolle.

„Ich denke, dass die Wirtschaft mit einem grün-schwarzen Bündnis leben kann“, sagt Dietz, der auch Vizepräsident des Digitalverbands Bitkom ist. Die bisherige Koalition habe in der zu Ende gehenden Regierungsperiode gute Arbeit geleistet, müsse aber einen Zahn zulegen. „Kretschmann 3.0 muss in der neuen Koalition zeigen, dass er willens ist, der Prozess-Bräsigkeit in der deutschen Politik Herr zu werden und seine Zukunftskonzepte umzusetzen.“

Wahlgewinner Winfried Kretschmann (Grüne) und Wahlverliererin Susanne Eisenmann (Spitzenkandidatin der CDU) werden von SWR-Moderator Fritz Frey befragt. Quelle: dpa
Wahlanalyse im TV-Studio

Wahlgewinner Winfried Kretschmann (Grüne) und Wahlverliererin Susanne Eisenmann (Spitzenkandidatin der CDU) werden von SWR-Moderator Fritz Frey befragt.

(Foto: dpa)

Dietz macht vor allem Merkels CDU für diese von ihm diagnostizierte Prozess-Bräsigkeit verantwortlich. Baden-Württemberg habe als Vorreiter beim weltweiten Wachstumsmarkt für grüne Technologien gute Chancen, wenn pragmatisch angepackt werde. Es gehe darum, das Ländle und die Menschen mitzureißen in diese spannende Zukunft.

„Eine Koalition mit zwei Parteien ist sicher deutlich stabiler als ein Bündnis aus drei Parteien“, sagt auch Baden-Württembergs bestens vernetzter Sparkassenpräsident Peter Schneider, der bis 2016 für die CDU selbst im Landtag saß. „Unabhängig von der Frage, wer mit den Grünen koaliert, muss die neue Landesregierung daher einen möglichst guten Ausgleich finden, indem sie den notwendigen Klimaschutz politisch verankert, ohne die starke Wirtschaft zu schwächen.“

Für Nikolas Stihl, Beiratschef des gleichnamigen Motorsägenherstellers, steht schon fest, dass Kretschmann mit der CDU weitermachen wird: „Von der neuen Landesregierung erwarte ich zum einen, dass Entscheidungen und Beschlüsse auch endlich wieder umgesetzt werden. Ministerpräsident Kretschmann mahnt zu Recht wichtige Entscheidungen für die nächsten Jahre an.“

Als Bundesland müsse Baden-Württemberg wieder lernen, politische Vorhaben zügig und effektiv umzusetzen. Zum anderen fordert Stihl eine intelligente Verknüpfung von Klima- und Wirtschaftspolitik – mit der Förderung alternativer Antriebe und klimafreundlicher Technologien im Bereich eFuels und Wasserstoff. „Baden-Württemberg hat die Kraft und Ressourcen, darin Vorreiter in Deutschland und Europa zu werden“, betont Stihl.

Wirtschaft hadert mit CDU-Kandidatin Eisenmann

Mit der CDU-Spitzenkandidatin Susanne Eisenmann und dem historisch schlechtesten Wahlergebnis der Partei hadern die Unternehmer „Obwohl ihre Kandidatur fast eine Mission impossible war, hat sie nicht gekniffen“, nimmt Unternehmer Andreas Lapp, Chef des gleichnamigen Kabelherstellers mit 1,2 Milliarden Euro Umsatz und 4600 Beschäftigten, die Spitzenkandidatin in Schutz. Die negativen Einflüsse durch Corona und die Berliner Politik seien ihr nicht anzulasten.

Unternehmer Dietz ist da weniger wohlwollend: „Das Ergebnis ist für die CDU ein Desaster. Sie hat sich von Anfang an mit ihrer Kandidatin bei der Akzeptanz der Bürger schwergetan. Susanne Eisenmann konnte die Wähler nicht emotional ansprechen und demzufolge nicht für die CDU mobilisieren. Gegen Kretschmann hatte sie nicht nur wegen Corona keine Chance. Es fehlte ihr schlichtweg ein glaubwürdiges Zukunftskonzept.“

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Selbst die Gewerkschaftsspitzen haben sich mit der grün-schwarzen Realität abgefunden. „Von einer künftigen Landesregierung erwarte ich neben der Bearbeitung so wichtiger Themen wie Bildung und Wohnungsbau, dass vor allem der sozial-ökologische Umbau der Industrie ausreichend unterstützt wird“, sagt Roman Zitzelsberger, Bezirksleiter der IG Metall Baden-Württemberg.

„Die bisherigen Formate, wie etwa der Strategiedialog Automobilwirtschaft mit Beteiligung auch der Interessensvertreter der Beschäftigten, bieten dafür einen guten Ansatzpunkt.“ Über die SPD verliert der einflussreiche Gewerkschaftsführer, der auch im Aufsichtsrat von Daimler sitzt, kein Wort.

Trumpf-Chefin Leibinger-Kammüller fordert von der kommenden Landesregierung: „Digitalisierung und Bildung müssen einen herausgehobenen Stellenwert bekommen. Zudem brauchen wir mehr Flexibilität im Bereich der Arbeitszeiten. Starre Arbeitszeitmodelle passen nicht zu einer agilen Produktionswelt.“

„Ob Laschet der Richtige ist, bleibt abzuwarten“

Die Unternehmer in Baden-Württemberg wollen möglichst bald wissen, woran sie sind. Der Präsident der baden-württembergischen Arbeitgeberverbände, Rainer Dulger, sagt am Sonntag in Stuttgart: „In dem von Corona-Pandemie und schwerer Wirtschaftskrise geprägten Umfeld brauchen wir schnell eine stabile und verlässliche Regierung.“ Die Devise müsse jetzt lauten: „Raus aus dem Wahlkampfmodus, rein in den Gestaltungsmodus.“

Infografik: So hat Baden-Württemberg bislang gewählt | Statista

Gefordert sei eine Politik, die den enormen Herausforderungen gerecht werde. „Denn neben der Coronakrise müssen die Unternehmen im Zeichen von Digitalisierung, Dekarbonisierung und Energiewende derzeit einen massiven Strukturwandel bewältigen“, machte Dulger deutlich. Deshalb gelte es jetzt, die Wachstumsagenda für Baden-Württemberg mit Hochdruck weiterzuentwickeln.

Unternehmer Dietz spannt den Bogen zur Bundestagswahl in sechs Monaten: „Ob Digitalisierung der Verwaltung, digitales Bildungs- und Gesundheitswesen, überall hinken wir hinterher. Wir sind einfach zu kompliziert, zu verliebt in Prozesse geworden.“

Die CDU benötige ein Update und das schon vor der Bundestagswahl. Angela Merkel, bemüht und an allen Fronten kämpfend, sei keine Hilfe mehr. „Will Armin Laschet im Herbst Bundeskanzler werden, dann muss heute mit dem Programm CDU 2.0 begonnen werden. Ob Laschet dafür der Richtige ist, bleibt abzuwarten.“

Auch wenn Martin Herrenknecht den Namen Laschet nicht in den Mund nimmt, ist die Verzweiflung beim Tunnelbauer kaum zu steigern: „Als Unternehmer und CDU-Mitglied kann ich nicht mehr zuschauen. Die Bundes-Grünen surfen fröhlich auf einer geschmeidigen Zeitgeistwelle, während die CDU kontur- wie planlos abschmiert.“ In Baden-Württemberg schaffe es die CDU gerade mal zum mitlaufenden Juniorpartner oder sitzt brav auf der Oppositionsbank. „Wann beendet die CDU endlich diese erbärmliche Selbstaufgabe?“, fragt sich der 78jährige Patriarch aus Südbaden und macht sich große Sorgen um die Union im Bund. „Ohne eine klar ausgerichtete Zukunftsagenda und substanziellen Führungsanspruch für Deutschland droht ansonsten die Kernschmelze einer ehemals kraftvollen Volkspartei.“ Und Herrenknecht blickt mit Wehmut in die Vergangenheit. „Ich vermisse in jeder Hinsicht die innovative, zukunftsgewandte und agile Politik wie sie die Lothar-Späth-Ära verkörperte.“

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1 Kommentar zu "Landtagswahlen Baden-Württemberg : „Eisenmann fehlte schlichtweg ein Zukunftskonzept“ – So reagiert die Wirtschaft im Ländle"

Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.

  • Frau Eisenmann verwechselte wohl ein Zukunftskonzept mi einer "großen Klappe".
    Es ist schief gegangen. Sie hätte sich ein Beispiel an Fr. Nahles nehmen können. Auch hier ist alles schief gelaufen.
    Der Wähler hat`s gemerkt. Wenn auch nicht alle.

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