Homeoffice bei Banken Banken versuchen, ihre Mitarbeiter ins Büro zurückzuholen

Händler an der Wall Street werden dazu angehalten, sich die Hände zu desinfizieren, wenn sie wieder auf dem Trading Floor arbeiten.
Frankfurt Wo sonst im Großraumbüro gearbeitet wird, herrscht vielerorts noch immer gähnende Leere. Das gilt auch für die großen Finanzstandorte der Welt, in Deutschland allein arbeiten viele Tausende Banker schon seit Monaten aus dem Homeoffice.
Doch mittlerweile versuchen viele Banken, ihre Mitarbeiter wieder ins Büro zurückzuholen. Bei der Deutschen Bank sind beispielsweise rund 800 der 2500 Angestellten an den Hauptsitz in Frankfurt zurückgekehrt, bei der Commerzbank arbeitet etwa die Hälfte der weltweit 49.000 Mitarbeiter wieder im Büro. Erst nach der Urlaubsphase wolle man dort entscheiden, ob und wann die Banker wieder dauerhaft an ihren gewohnten Arbeitsplatz zurücksollen.
Bei der BayernLB arbeiten derzeit noch fast 80 Prozent der Belegschaft von zu Hause, dort plane man aber langfristig bereits mit einer dauerhaften Homeoffice-Quote von 25 bis 30 Prozent.
Anderswo sieht es ähnlich aus. Laut Thomas Gottstein, Vorstandschef der Credit Suisse, sind weltweit nur rund 20 Prozent der Belegschaft in den Büros. Bill Winters von der britischen Großbank Standard Chartered sagte, dass die Büros in den USA und Großbritannien zu weniger als zehn Prozent gefüllt seien. Rund drei Viertel der Mitarbeiter von Barclays arbeiten derzeit im Homeoffice. Insgesamt arbeiteten bei den sechs größten europäischen Banken während der letzten Monate rund 335.000 Mitarbeiter von zu Hause aus.
Wer zuerst zurück ins Büro darf, wird nicht dem Zufall überlassen. Ram Nayak, Verantwortlicher für den Anleihe- und Währungshandel bei der Deutschen Bank, will vor allem neue Kollegen einbinden: „Der Aufbau von Kontakten und Wissen ist speziell für neue Mitarbeiter wichtig, und das geht nur im Büro.“
Einfallstor für Hacker
Der DZ Bank geht es in erster Linie darum, die Händler schnell zurück in die Bank zu holen, denn der Informationsaustausch leide im Homeoffice häufig, und die Händler, die besonders schnell kommunizieren und entscheiden müssten, säßen schließlich nicht ohne Grund normalerweise im Großraumbüro.
Doch hinter der Rückholaktion für die Banker steckt nicht nur die bessere Kommunikation: Auch Compliance und Regulierung der Banken funktionieren aus dem Homeoffice nicht so reibungslos wie im Büro.
Ein wichtiger Grund: Wer sich aus dem Homeoffice in ein firmeneigenes IT-Netzwerk einloggt, kreiert eine Schnittstelle, die zum Einfallstor für Hacker werden kann. Zudem berichteten Insider der Nachrichtenagentur Reuters, dass die Compliance-Bereiche größerer Banken zunehmend Sorgen hätten, die Abschlüsse der Händler zu überblicken.
In Großbritannien warnte die Aufsichtsbehörde FICC, dass im Homeoffice zunehmend Wertpapierorders versehentlich falsch gebucht werden könnten. Solche Zwischenfälle werden in der Branche „Fat Finger Trades“ genannt, denn eine Null zu viel, etwa verursacht durch ungeschicktes Tippen am Laptop, kann einen Handelsauftrag gravierend verändern und die Banken im Zweifel sehr viel Geld kosten. Neben Fehlern beim Trading warnt die Behörde aber auch vor Risiken wie verstärktem Alkohol- oder Drogenkonsum.
Mit Freibier zurück ins Büro
Auch am Finanzstandort Hongkong sorgen sich die Behörden um die Sicherheit der Banken. Schon vor Wochen warnte Ashley Alder, höchster Regulierer der Finanzmetropole, vor einem Anstieg der operationellen Risiken im Homeoffice.
Dennoch sind in Deutschland die Vorstandschefs der großen Banken mit groß angelegten Rückholplänen noch vorsichtig – vielleicht auch, weil sie Möglichkeiten zur Kostensenkung wittern. So sagte Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing Ende Mai bei der Hauptversammlung, die Krise habe „zusätzliche Impulse gegeben, wo wir noch sparen können“. Man müsse sich fragen, ob man den Mitarbeitern nicht grundsätzlich mehr Flexibilität gebe, um von zu Hause aus zu arbeiten – und ob die Deutsche Bank dann noch so viel Büroraum in teuren Metropolen brauche.
In der City of London hingegen dürften sich die Banker derweil freuen: Ihre Arbeitgeber locken sie mit kostenlosen Sandwiches und Freibier zurück in die Büros.
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