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Bergungsversuch

Bei den Befreiungsversuchen mit zehn Schleppern gab es am Samstag nur einen kleinen Fortschritt.

(Foto: VIA REUTERS)

Suezkanal-Blockade Weiterer Anlauf zum Freischleppen der „Ever Given“ am Montagmorgen geplant

Zusätzliche Schlepper und ein Spezialbagger seien unterwegs. Wenn der Frachter bis Montagabend nicht wieder flott ist, sollen Container abgeladen werden.
28.03.2021 Update: 29.03.2021 - 04:37 Uhr Kommentieren

Suez Die Hilfs- und Bergungsteams am Suezkanal wollen am Montagmorgen mit zusätzlichen Schleppern einen weiteren Anlauf zum Freischleppen des Containerschiffs „Ever Given“ unternehmen. Diesen Entschluss traf die zuständige Kanalbehörde nach Medienberichten in der Nacht. Zuvor sollen Bagger weiterhin Erdreich unter dem Schiffsbug abtragen. Zudem sei ein weiterer Spezialbagger unterwegs, um die Arbeiten zu unterstützen. Sollte der Frachter nicht bis Montagabend freigeschleppt werden, soll auf Anweisung des ägyptischen Präsidenten Abdel Fattah al-Sisi damit begonnen werden, Container von dem Schiff abzuladen.

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Die Bergungsexperten haben gehofft, die „Ever Given“ ohne den zeitraubenden Schritt wieder flott zu bekommen. Allerdings gestalten sich die Arbeiten an dem Containerschiff sehr zäh. Der Ozeanrise blockiert seit Dienstag eine der wichtigsten Wasserstraßen der Welt.

Einen Zeitplan für die Befreiung der wichtigsten Wasserstraße nannte die ägyptische Suezkanal-Behörde bislang allerdings nicht. An den beiden Enden und auf dem Kanal warteten inzwischen weit mehr als 300 Schiffe auf eine Durchfahrt. Reedereien gingen verstärkt dazu über, ihre Schiffe um Afrika herum fahren zu lassen. Auch die deutsche Wirtschaft wird von dem Vorfall getroffen, die acht bis neun Prozent ihrer Im- und Exporte durch den Kanal befördert.

Sand und Schlamm unter dem Schiff werden abgesaugt. Quelle: VIA REUTERS
Spezialschiffe im Einsatz

Sand und Schlamm unter dem Schiff werden abgesaugt.

(Foto: VIA REUTERS)

Die knapp 400 Meter lange und 59 Meter breite „Ever Given“ war am Dienstag rund sechs Kilometer von der südlichen Zufahrt zum Kanal entfernt auf Grund gelaufen und hat sich zwischen den Ufern verkeilt. Bei den Befreiungsversuchen mit zehn Schleppern gab es am Samstag nur einen kleinen Fortschritt. Unter anderem wurden 9000 Tonnen Ballastwasser aus dem havarierten Frachter gepumpt, um das Schiff leichter zu machen. Insgesamt wiegt es allerdings 220.000 Tonnen. Die mit der Bergung beauftragte Firma Smit Salvage, eine Tochter des niederländischen Börsenunternehmens Boskalis, ist mit 14 Schleppern dabei, den Frachter freizubekommen. Zudem werde Boden ausgebaggert, berichtete Boskalis-CEO Peter Berdowski.

Spezialisten seien ein wenig damit vorangekommen, das Heck der „Ever Given“ freizubekommen, teilte der Kanaldienstleister Leth Agencies mit. Heute sollte es bei Flut zwei weitere Versuche geben. Außerdem sollten weiter Sand und Schlamm unter dem Schiff abgesaugt werden.

Osama Rabie räumte am Samstag ein, er könne nicht sagen, wann die „Ever Given“ wieder flott sei. „Ich kann es nicht sagen, weil ich es nicht weiß“ sagte er. Die Situation sei schwierig.

„Der Sonntag ist ganz entscheidend“, sagte ein Kanallotse der Nachrichtenagentur AP. Er werde zeigen, wie es weitergehe. „Der nächste Schritt umfasst höchstwahrscheinlich die zumindest teilweise Entladung des Schiffes“, sagte der Mann, der nicht genannt werden wollte.

Der Chef der niederländischen Bergungsfirma Boskalis, Peter Berdowski, erläuterte, Spezialisten setzten auf eine Kombination aus schweren Schleppern, Saugbaggern und der Springflut, die wegen des bevorstehenden Vollmonds bis zu 50 Zentimeter höher sein werde als normal. Der Bug der „Ever Given“ habe sich fest in den lehmigen Ufersand gebohrt, am Heck sei es weniger schlimm. Dort könne man ansetzen.

Der Bug des Ozenariesen hat sich fest in den lehmigen Ufersand gebohrt. Quelle: VIA REUTERS
„Ever Given“

Der Bug des Ozenariesen hat sich fest in den lehmigen Ufersand gebohrt.

(Foto: VIA REUTERS)

„Wir hoffen, dass die Kombination aus den Schleppern, die wir dort haben werden, mehr weggebaggertem Grund und der Flut ausreichen wird, um das Schiff irgendwann Anfang nächster Woche freizubekommen“, sagte Berdowski. Falls das nicht reiche, müssten Hunderte Container abgeladen werden. Ein Kran dafür sei bereits unterwegs. Die Vorbereitungen haben nun begonnen.

Die USA boten ihre Hilfe an. „Wir haben Ausrüstung und Kapazitäten, die die meisten Länder nicht haben. Wir werden schauen, wie wir hier behilflich sein können“, sagte US-Präsident Joe Biden vor Reportern am Freitag. Die Suez Canal Authority (SCA), die Eigentümerin und Betreiberin des Kanals ist, begrüßte das Angebot der USA und erklärte, die Türkei wolle ebenfalls Hilfe schicken.

Der Suezkanal verkürzt die Fahrstrecke für Handelsschiffe zwischen Asien und Europa um mehrere Tausend Kilometer. Durch die künstliche Wasserstraße zwischen Mittelmeer und Rotem Meer laufen zehn Prozent des Welthandels. An den Kanalzufahrten stauten sich nach der Havarie Hunderte Schiffe. Durch die künstliche Wasserstraße zwischen Mittelmeer und Rotem Meer laufen zehn Prozent des Welthandels.

Weil das Ende der Havarie nicht absehbar war, begannen Reedereien, ihre Frachter um das Kap der Guten Hoffnung an der Südspitze Afrikas herum fahren zu lassen. Das größte Schifffahrtsunternehmen der Welt, die dänische Reederei Moller-Maersk kündigte an, wegen der längeren Routen würden sich Lieferungen um drei bis sechs Tage verzögern.

Für Importeure wie den Intertrading-Chef Oliver Guttmann, der Discounter wie Aldi und Lidl mit Aktionsware aus Fernost beliefert, kommen die damit verbundenen Lieferverzögerungen einer Katastrophe gleich. „Ein Frachter, der am 13. April aus China mit unseren Containern abfahren sollte, steht immer noch mit Fahrtrichtung China an der nördlichen Einfahrt zum Suezkanal“, berichtet der Einfuhrspezialist für Bilderrahmen, Dekorationsartikel und Malereibedarf. „Schon jetzt wissen wir, dass unsere Artikel keinesfalls pünktlich im Bestimmungshafen sein werden.“

Mit Lücken in den Einzelhandelsregalen rechnet Guttmann ab Mitte April – und zwar in allen Handelsfirmen, die auf Importware angewiesen sind. Auch Willem van der Schalk, Vorsitzender des Komitees Deutscher Hafenspediteure, erwartet Sortimentslücken in vier Wochen. „Zu Ostern müssen wir uns keine Sorgen machen“, sagt der Geschäftsführer der Hamburger Spedition A. Hartrodt, „weil viele Händler noch auf Lagervorräten sitzen.“

Früher noch als den Einzelhandel dürfte der versperrte Kanal wichtige Teile der Industrie treffen, denn insbesondere Autohersteller betreiben ihre Lieferketten traditionell just in time. Zulieferer wie der japanische Elektrofahrzeug-Zulieferer Envision AESC bestätigten, dass man bei Importen von Elektroden auf den Suezkanal angewiesen sei.

Einen Plan B gibt es für die meisten nicht. „Die Eisenbahn zwischen China und Nordeuropa ist voll“, berichtet van der Schalk. Zudem gebe es viele Produkte, die sich für die Luftfracht nicht eignen. So warnte der US-Baumaschinenhersteller Caterpillar, die Belieferung Europas aus Asien werde sich um mehr als eine Woche verzögern.

Die deutschen Hafenspediteure fürchten, dass es angesichts der Staus auf den Weltmeeren noch schwieriger wird, überhaupt an leere Container zu gelangen. Sobald die Passage wieder möglich ist, rechnet ihr Verbandsvorsitzender zudem in den Häfen mit dem gefürchteten „Ketchup-Effekt“: „Erst geht nach dem Öffnen gar nichts“, weiß van der Schalk, „dann aber kommt alles auf einmal.“

Die Unglücksursache war noch nicht geklärt. Starker Wind sei nicht er einzige Grund, sagte Rabei. Technische oder menschliche Fehler könnten nicht ausgeschlossen werden.

Das für die Technik an Bord verantwortliche Unternehmen Bernhard Schulte Shipmanagement erklärte, nach ersten Ergebnissen könnten mechanische Fehler oder Probleme mit dem Antrieb ausgeschlossen werden. Allerdings war in einer der ersten Schadensmeldungen davon die Rede, dass es auf der „Ever Given“ zum Zeitpunkt des Unglücks einen Stromausfall gegeben habe.

Mehr: Riesiger Frachter blockiert Suezkanal – das Nadelöhr der Weltwirtschaft ist dicht.

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