Gesundheitstechnik Siemens Healthineers erhöht nach Umsatzsprung erneut Prognose

Die Geschäfte laufen bei der Siemens-Tochter derzeit gut.
München Siemens-Healthineers hat die Prognose für dieses Geschäftsjahr nach einem starken Quartal erneut angehoben. „Mit einem signifikanten Wachstum bei Umsatz, Ergebnis und Cashflow hat sich die starke Geschäftsdynamik der Vorquartale fortgesetzt“, sagte CEO Bernd Montag.
Dabei profitiert das Unternehmen von der hohen Nachfrage nach Corona-Tests. Im Gesamtjahr will Healthineers allein mit Antigenschnelltests eine Milliarde Euro umsetzen. Zudem wurden nach der 16-Milliarden-Dollar-Übernahme von Varian erstmals die Zahlen des US-Krebstherapie-Spezialisten mit einbezogen.
Doch auch auf vergleichbarer Basis stiegen die Healthineers-Umsätze im dritten Quartal 2020/21 (30. September) um 38,9 Prozent auf fünf Milliarden Euro. Im Vorjahreszeitraum waren die Erlöse allerdings, auch wenn das Unternehmen mittlerweile von der Pandemie profitiert, durch Corona beeinträchtigt.
Das bereinigte operative Ergebnis (Ebit) verdoppelte sich im dritten Quartal auf 945 Millionen Euro. Dies entsprach einer Marge von 18,8 Prozent. Der Gewinn nach Steuern legte um knapp die Hälfte auf 395 Millionen Euro zu.
Damit übertraf Healthineers die Analystenerwartungen teilweise. Als Konsequenz hob das Unternehmen die Prognose nochmals an. Das Unternehmen erwartet nun ein vergleichbares Umsatzwachstum von 17 bis 19 Prozent und ein bereinigtes, unverwässertes Ergebnis von 1,95 bis 2,05 Euro je Aktie. In der bereits einmal angehobenen Prognose war CEO Montag von 14 bis 17 Prozent Umsatzwachstum und 1,90 bis 2,05 Euro Gewinn je Aktie ausgegangen.
Healthineers-Aktie gibt nach
Der Kurs der Healthineers-Aktie sank am Freitagvormittag nach Vorlage der Zahlen um 2,6 Prozent. Der Kurs war allerdings in den vergangenen Wochen angesichts der guten Branchenlage bereits deutlich gestiegen.
Die Siemens-Medizintechnik stehe derzeit sehr gut da, sagte Harald Smolak, Ex-Siemens-Manager und jetzt Partner bei der Managementberatung Atreus, dem Handelsblatt. „Die kontinuierliche Weiterentwicklung der Produktstrategie beschleunigt das Wachstum des Unternehmens.“ Der Konzern decke mittlerweile im Klinikbereich und auf dem Gebiet der radiologischen Praxen die gesamte Bandbreite ab.
Healthineers verbesserte die Erlöse in der Tat auf breiter Front. So legten die Umsätze in der Bildgebungssparte mit den Röntgen- und MRT-Geräten um vergleichbar 17 Prozent auf 2,4 Milliarden Euro zu. Allerdings verschlechterte sich das operative Ergebnis unter anderem wegen eines ungünstigeren Produktmixes in der Sparte leicht auf 430 Millionen Euro.
Auch die Advanced Therapies konnten prozentual zweistellig zulegen. Varian, das erst im Laufe des Quartals dazukam, steuerte anteilig 591 Millionen Euro Umsatz bei und kam auf eine bereinigte Ebit-Marge von 16,6 Prozent.
Am besten lief es in der Diagnostiksparte. Healthineers machte hier allein 600 Millionen Euro Umsatz mit Corona-Tests. Auch das Geschäft mit den Routineuntersuchungen erholte sich. Insgesamt stiegen die Erlöse um vergleichbar 103 Prozent auf 1,7 Milliarden Euro. Die operative Marge betrug 21 Prozent nach einem kleinen Verlust im Vorjahreszeitraum.
Allerdings erwartet das Healthineers-Management für das laufende vierte Quartal des Geschäftsjahres eine deutlich geringere Nachfrage nach Covid-19-Tests. Zum einen gibt es weniger Aufträge von der öffentlichen Hand, zudem wird in den Schulen in der Ferienzeit nicht getestet. Außerdem bauen günstige Antigen-Schnelltests aus Asien ihre Position im Markt aus. In den ersten drei Monaten des Geschäftsjahres hatte Healthineers rund 920 Millionen Euro Umsatz mit seinen Covid-19-Tests erzielt.
Die Konkurrenz hatte in den vergangenen Monaten ebenfalls von der guten Branchenkonjunktur profitiert. So steigerte Marktführer Roche den Umsatz in der Diagnostiksparte im ersten Halbjahr um 51 Prozent auf neun Milliarden Franken.
Die Schweizer erzielten allein mit verschiedenen Covid-Tests Erlöse von rund 2,5 Milliarden Franken. Das Unternehmen liefert neben den Tests auch die Hardware, sogenannte Cobas-Maschinen, mit denen Labore PCR-Tests voll automatisiert auswerten können.
Hoffnung auf Dax-Aufstieg
Darüber hinaus setzte Roche rund 600 Millionen Franken mit einem Antikörper-Cocktail um – einer Therapie für schwer an Corona erkrankte Patienten, den die Schweizer zusammen mit dem US-Biotechunternehmen Regeneron entwickelt haben.
„Das Virus wird bleiben, und es wird neue Varianten geben“, sagte Roche-CEO Severin Schwan. Daher werde es auf absehbare Zeit einen Bedarf für Covid-Tests und -Medikamente geben.
Philips steigerte den Umsatz im zweiten Kalenderquartal um vergleichbar neun Prozent auf 4,2 Milliarden Euro. Im Diagnostikgeschäft legten die Erlöse dabei um vergleichbar 16 Prozent auf 2,1 Milliarden Euro zu. Das operative Ergebnis (Ebita) verbesserte sich im Konzern um mehr als ein Dritter auf 532 Millionen Euro.
Allerdings mussten die Niederländer weitere 250 Millionen Euro für defekte Beatmungsgeräte zurückstellen. Unter dem Strich sank der Nettogewinn daher um mehr als ein Viertel auf 153 Millionen Euro.
Healthineers kann auf eine Aufnahme in den Dax hoffen. Wichtigstes Projekt ist derzeit die Integration von Varian. Bei der bislang größten Übernahme in der Siemens-Konzerngeschichte zahlte Healthineers 16 Milliarden Dollar für den US-Krebstherapiespezialisten.
Healthcare werde weltweit ein Wachstumsmarkt bleiben, sagte Atreus-Experte Smolak. „Deshalb sind weitere Investitionen ratsam und auch zu erwarten.“ Gerade das Geschäft mit digitalen Applikationen und Plattformdiensten müsse vorangetrieben werden.
Mehr: Die andere Pandemie – Gastkommentar von Healthineers-CEO Bernd Montag.
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