Auktionsvorbericht: Kunst des großen Schamanen für jedermann
Düsseldorf. Jörg Schellmann hat Kunstgeschichte geschrieben. Der heute 80-Jährige eröffnete 1969 seine erste Galerie in München mit dem zeittypisch lässigen Namen Kunstladen. In den wilden sechziger Jahren ging es darum, die Kunst vom Sockel zu holen und vielen Menschen zugänglich zu machen.
Das ging nur bei niedrigen Preisen für zeitgenössische Kunst. Grafik oder Multiples waren die beiden Medien, die damals aufblühten. Joseph Beuys liebte die Pose des Schamanen, der mit Übersinnlichem in Verbindung stand. Das floss ein in Installationen und Vitrinen, aber auch in Auflagen-Kunst. Der Düsseldorfer Professor hatte einen starken Missionsdrang. Deshalb engagierte sich früh für limitierte und unlimitierte Auflagen von Objekten.
So wurde Jörg Schellmann schnell zum Verleger von preisgünstigeren Editionen. Noch heute liest sich das Künstlerverzeichnis von Schellmann Art München New York (ehemals Edition Schellmann) wie ein Who is Who der Kunst. Zentralgestirne sind Joseph Beuys und Andy Warhol, aber auch Georg Baselitz, Gilbert & George, Gerhard Richter und Thomas Ruff.
„Der Einfluss der Kunst auf unser Denken und Sehen war für mich immer sehr interessant, und Beuys und Warhol hatten, obwohl sie sehr gegensätzlich waren, einen direkten Kontakt zu den Menschen,“ berichtet Schellmann in einem Katalog.
Mitte Oktober will Sotheby’s in Paris rund 30 Werke von Joseph Beuys aus der persönlichen Sammlung von Jörg Schellmann versteigern. Der Kunstvermittler hat stets eng mit Beuys zusammengearbeitet. Er hat auch das Werkverzeichnis von dessen Multiples verlegt, heute in der 8. Auflage.
Der Beuys-Markt ist nahezu ausgetrocknet, da der Künstler zu Lebzeiten darauf achtete, seine großen Installationen an Museen zu verkaufen. Um so mehr Beachtung werden die zum Aufruf kommenden Vitrinen, Skulpturen, Fotografien, Zeichnungen sowie einige Multiples erfahren. Sotheby’s legt deren Schätzwerte zwischen 10.000 und 200.000 Euro fest.
Das Werk mit der höchsten Taxe von 250.000 bis 300.000 Euro ist die „Badewanne für eine Heldin“, die Beuys bereits 1950 und 1961 konzipiert hatte. Verlegt wurde sie in einer Siebener-Auflage 1984, zwei Jahre vor dem Tod von Beuys. Man darf sich hier aber keine echte Badewanne vorstellen, wie sie Beuys auch für sein Werk benutzte. Hier handelt es sich um zwei rostüberzogenen Fundstücke, die mit dem Thema Heizen in Zusammenhang stehen.


Wesentlich tiefer angesetzt sind „Drei Honiggefäße mit Kupferklammer“ aus Bronze und Kupfer. Sie sollen für einen Preis zwischen 80.000 und 120.000 Euro in neue Hände übergehen. Bald vierzig Jahre nach dem Tod von Beuys setzt sich eine neue Generation von Sammlerinnen und Kunstwissenschaftlern mit Beuys‘ Naturverständnis und seinen Bildfindungen auseinander, die auf den Aspekt Schönheit bewusst verzichten.






