1. Startseite
  2. Arts und Style
  3. Kunstmarkt
  4. Porzellanraub in Köln: Einladung für Diebe?

KunstkriminalitätKölner Porzellanraub: Einladung für Diebe?

Im Museum für Ostasiatische Kunst wurden Porzellan-Objekte von Millionenwert gestohlen. Nach zwei vergeblichen Anläufen hatten die Räuber es offenbar zu leicht.Regine Müller 21.09.2023 - 08:48 Uhr Artikel anhören

Die aus dem Museum für Ostasiatische Kunst in Köln geraubte Schale ist 6 cm hoch und hat einen Durchmesser von 11 cm.

Foto: Rheinisches Bildarchiv/MOK

Köln. Beim nächtlichen Einbruch vor zehn Tagen wurden neun Vasen, Teller und Schalen aus dem 16. bis 19. Jahrhundert entwendet. Unter den wertvollen Exponaten ist unter anderem ein seltener gelber Teller aus der Ming-Dynastie aus dem frühen 16. Jahrhundert. Außerdem eine rare Wand-Vase, sowie eine Deckelvase, von der immerhin der Deckel in der Eile im Museum zurückblieb. Die laut Polizeisprecher Carsten Rust „auf Hochtouren“ laufenden Untersuchungen haben bislang zu keinem Fahndungsergebnis geführt.

Der folgenschwere Einbruch kam nicht aus heiterem Himmel, sondern hatte eine Vorgeschichte, die aufhorchen lässt: Bereits im Januar waren Unbekannte über den Innenhof in das Kölner Museum eingebrochen, hatten begehrte Exponate aussortiert und zurechtgelegt, bevor sie offensichtlich gestört wurden und unverrichteter Dinge die Flucht ergriffen. Doch damit nicht genug: In einem zweiten Anlauf im Juni wurde im Museum eine Scheibe eingeschlagen, entwendet wurde wiederum nichts, wahrscheinlich wurden die Diebe erneut gestört.

Auch dieser zweite Versuch konnte das Kölner Museum jedoch offenbar nicht aus der Ruhe bringen. Statt davon alarmiert die Sicherheitsvorkehrungen aufzurüsten, wurde die eingeschlagene Scheibe lediglich notdürftig mit einer Pressholzplatte ersetzt. Erst in den nächsten Tagen sollte eine neue Scheibe eingesetzt werden. Das dilettantische Holz-Flickwerk stellte für die Diebe kein nennenswertes Hindernis dar.

Zwar ist noch nicht erwiesen, ob es sich bei allen drei Anläufen um ein identisches Team handelt. Immerhin beobachtete der einzige Zeuge, ein Wachmann beim letzten, erfolgreichen Einbruch ein Duo aus einem jüngeren Mann mit Basecap und schulterlangem Haar und einem Älteren, der mit einem kastenförmigen Rucksack ausgerüstet war, wie ihn Lieferdienste verwenden.

Die Unterseite der emaillierten Porzellanschale aus Jingdezhen zeigt eine Daoguang-Marke.

Foto: Rheinisches Bildarchiv/MOK

„Wir ermitteln in alle Richtungen“, so Polizeisprecher Rust. Die gerade erst vor zwei Monaten neu installierte Museumsdirektorin Dr. Shao-Lan Hertel resümiert den Verlust: „Fast alle der gestohlenen Exponate zählten zum Gründungsbestand des Museums.“
Laut Stefan Charles, Kölner Kulturdezernent, ist die Rede von mindestens einer Million Euro Wert. Genaue Zahlen gebe es noch nicht. Denn „der Schaden ist nicht so einfach zu beziffern.“

Christoph Bouillon, Kunstberater mit eigenem Sachverständigenbüro in Köln, als Leiter der Asien- und Kunstgewerbeabteilung beim Auktionshaus Van Ham beschäftigt, öffentlich vereidigter Versteigerer für Kunst und Antiquitäten, und heute unter anderen für das Stuttgarter Auktionshaus Nagel tätig, sieht es im Gespräch mit dem Handelsblatt differenzierter: „Da sind schon sehr schöne Sachen dabei, wenngleich auch keine Objekte, die derart unverwechselbare Unikate darstellen, dass sie gänzlich unverkäuflich sind“, meint Bouillon.

Unerwünschter Besuch in noch mehr Museen

Die meisten der gestohlenen Objekte habe die Stifterfamilie Fischer 1905 in China erworben und sie später dem Museum geschenkt, ergänzt Auktionator Bouillon. Auf einer legalen Auktion würden sie als „marktfrisch“, also als besonders attraktiv gelten. Auf einer solch legalen Auktion dürften die Objekte wegen der veröffentlichten Fotos nun aber kaum auftauchen.

Allerdings könne man von den Fotos nicht sicher auf den tatsächlichen Zustand der Objekte schließen. „Immerhin mussten sie zwei Weltkriege überstehen, möglicherweise gibt es feine Risse oder Sprünge, die wertmindernd wären“, so Bouillon. Dennoch schätzt der Experte das gesamte Konvolut auf einen „siebenstelligen“ Wert ein. An einen Zufalls- oder Junkie-Einbruch glaubt Bouillon nicht: „Wer raubt Porzellan? Das ist enorm umständlich.“ Eher glaubt er an einen größer dimensionierten Plan, zumal in den letzten Jahren einige Museen bereits unerwünschten „Besuch“ hatten.

Auf der Unterseite des Jingdezhen-Porzellans erkennt man die Zhengde-Marke aus der Periode 1506 bis 1521.

Foto: Rheinisches Bildarchiv/MOK

Der Sicherheitsexperte des Deutschen Museumsbund, Remigius Plath verweist in einem Interview mit dem WDR auf eine Serie von Museumseinbrüchen mit dem Ziel asiatischer Kunst in den vergangenen zwei Jahrzehnten, unter anderem Einbrüche in Schweden, Norwegen, den Niederlanden und Deutschland. Möglich sei, so Plath, dass hinter den Raubzügen private Auftraggeber dahinter steckten.

Verwandte Themen Deutschland

Auf die Frage nach der Sicherheitslage des Museums wird der Kunst-Experte Christoph Bouillon überraschend deutlich: „Man darf sich fragen, ob der Versicherer das nicht als grob fahrlässig einschätzt. Nach zwei Einbruchsversuchen ist das Fenster nur mit einem Brett vernagelt?“

Nach wie vor gibt es keine Spur vom Diebesgut. Man darf wohl davon ausgehen, dass es sich längst außer Landes befindet auf dem Weg zu seiner potenziellen Kundschaft. Die dürfte in Asien auf die Lieferung warten, vermutet Bouillon: „Wenn ich denke, wer solches Porzellan bei den Auktionen kauft? Das sind zu 98 Prozent chinesische Sammler.“

Mehr: Das Asiatika-Geschäft im deutschsprachigen Raum

Mehr zum Thema
Unsere Partner
Anzeige
remind.me
Jetziges Strom-/Gaspreistief nutzen, bevor die Preise wieder steigen
Anzeige
Homeday
Immobilienbewertung von Homeday - kostenlos, unverbindlich & schnell
Anzeige
IT Boltwise
Fachmagazin in Deutschland mit Fokus auf Künstliche Intelligenz und Robotik
Anzeige
Presseportal
Direkt hier lesen!
Anzeige
STELLENMARKT
Mit unserem Karriere-Portal den Traumjob finden
Anzeige
Expertentesten.de
Produktvergleich - schnell zum besten Produkt